
Es gibt einen Termin in der Hauptstadt, der längst sehr viele Menschen beschäftigt, den aber noch niemand vonseiten der Regierung offiziell bestätigen will. Was umso erstaunlicher ist, als die Einladungen das Bundeskanzleramt längst verlassen haben. Um genau zu sein: bereits Ende Juli. „Im Namen der Bundeskanzlerin“ bittet darin Amtschef Peter Altmaier ausgewählte Dax-Bosse und Konzernlenker um persönliches Erscheinen. Am Mittwoch, dem 14. September, ab 19.30 Uhr soll Deutschlands Wirtschaftselite im „Internationalen Konferenzsaal“ mit der Bundeskanzlerin auf gemeinsame Spurensuche gehen: Was tun, damit endlich mehr Flüchtlinge in Deutschland Arbeit finden?
Seitdem wird über den Jobgipfel im Kanzleramt eine Menge geraunt. Altmaier formuliert es in seinem Schreiben zwar ausgesucht höflich als Bitte zum „Gedankenaustausch“. Aber in den Unternehmenszentralen ist selbstverständlich höchst aufmerksam registriert worden, dass Merkel vor einigen Tagen ihre CDU-Parteivize Julia Klöckner in Marsch setzte, um das bisherige Engagement der Wirtschaft als „beschämend“ zu geißeln. Das war schon deutlich weniger höflich. Und es hat die Vorfreude nicht gerade beflügelt.
Dabei ist ohnehin fraglich, ob Merkel sich die richtige Gäste für ihren Arbeitsmarkt-Abend ausgesucht hat. Denn geladen sind nur die Mitglieder der Initiative „Wir zusammen“ – ein Zusammenschluss von mehr als 30 Firmen, die der umtriebige Internetunternehmer Ralph Dommermuth Anfang des Jahres mit viel Werbetamtam ins Leben gerufen hat. Darunter so klangvolle Namen wie Adidas und Henkel, Lufthansa und Telekom, Sixt, Evonik, Haniel.





Aber: Das Gros besteht eben aus Dax-Konzernen und anderen prominenten Großunternehmen – und die haben sich in den vergangenen zwölf Monaten trotz mancher Vorzeigeprojekte nicht gerade mit Einstellungen am Fließband hervorgetan: Weniger als 500 Flüchtlinge waren es bisher insgesamt. Die deutschen Industrie-Ikonen spüren bislang nun einmal kaum die Nöte des Fachkräftemangels, und ihr Bedarf an motivierten, aber ungelernten Syrern oder Afghanen hält sich gerade in den Hightechsektoren in überschaubaren Grenzen. Von einem neuen „Wirtschaftswunder“ (so Daimler-Boss Dieter Zetsche noch im Herbst 2015) ist jedenfalls noch nicht viel zu sehen.
Umso unverständlicher, dass diejenigen, die aus nächster Nähe und der Praxis des Mittelstands von all den Hürden und Problemen des Alltags berichten könnten, im September fehlen werden. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer zum Beispiel? Nicht eingeladen. Oder der Vorsitzende des Familienunternehmer-Verbandes Lutz Goebel? Ebenfalls nicht dabei.
Bestenfalls, heißt es aus Konzernkreisen, bringe die Tafelrunde bei der Kanzlerin am Ende respektvolle Willensbekundungen von allen Seiten – und echte Erfolgsmeldungen dann vielleicht ein Jahr später. Das sei, fügt einer noch hinzu, eben der Unterschied zwischen Angela Merkel und ihrem Vorgänger Gerhard Schröder: Letzterer hätte nach einem Versprechen wie „Wir schaffen das“ kein ganzes Jahr gebraucht, um überhaupt auf die Idee zu kommen, einen Gipfel der Bosse einzuberufen.