Jürgen Markus' Songtitel 'Auf dem Karussell fahren alle gleich schnell' ist längst zur perfiden Vision aller Kartelle mutiert - gegen uns Konsumenten, die Aktionäre, unsere Gesellschaft und unser aller Zukunft.
Kartelle sind geronnene gestrige Erfolge. Betoniertes Denken und Handeln. Kartelle sind die Waffe des Establishments gegen die Jugend und das Anderssein, die Innovation und Revolution, die Vielfalt und den Fortschritt. Kartelle sind Spaßbremsen. Der Verrat an der freien Marktwirtschaft.
Warum sind sie in Managerkreisen trotzdem so überaus beliebt? Nun, sie erleichtern das Leben ungemein. Sie gaukeln Politik, Konsumenten, Aktionären schlicht Leistung, Wachstum und bonuswerte Strategie vor. Vor allem, wenn Manager ansonsten auf ganzer Linie versagen. Einfacher kann man Erfolg nicht vortäuschen. Einfacher kann man sein Geld nicht verdienen - ob als ganzes Unternehmen oder einzelner Manager.
Wobei 'verdienen' mehr als ein Euphemismus ist, denn das Gegenteil ist der Fall. Kartelle zerstören Unternehmen. Zerstören Unternehmenskulturen. Zerstören individuelle Motivation und Engagement. Zerstören die freie Wirtschaft. Rauben die Luft zum kreativen Atmen und den Verstand für relevante Investitionen.
1. Das Kartell der Gier
Das langweiligste und am wenigsten ambitionierte Kartell ist das der materiellen Gier. Preisabsprachen sind hier das Mittel der Wahl, um Umsätze zu halten, Marktanteile zu zementieren, kreatives Denken und Innovation zu ersetzen.
Die Wiwo hat ganze Bilderstrecken solch gescheiterter Existenzen, die wohl noch stolz auf ihr unternehmerisches Versagen sind: Bier, Tapeten, Autoersatzteile, Aufzüge, Beton, etc.
2. Das Kartell der Macht
Aus Gier wird Machtgier. Macht hilft ungemein, die kumulierte Gier mit noch weniger Aufwand zu befriedigen. Klingt fast wie ein ökonomischer Grundsatz!
Das Kartell der Macht ist nah am Monopol. Das Kartell der Macht wird forciert von Leuten, die zu schwach, zu feige, zu inkompetent für ein wirklich cooles Monopol basierend auf herausragend distinktiver Leistung sind.
Kartelle der Macht sind 'artifizielle Monopole'. Monopole, die durch Gesetze geschaffen werden, die nicht auf der Leistung des Anbieters beruhen, sondern auf seinen Beziehungen. Um diese zu identifizieren müsst Ihr einfach der Spur des Lobbyisten folgen.
Die Deutsche Bahn bildet, neben Deutscher Telekom und Deutscher Post, ein artifizielles Monopol. Berlin schöpft Gewinne ab, um Löcher anderswo zu stopfen, statt beispielsweise die Bahn - und ihr Management - von Grund auf zu restaurieren bzw. den Nahverkehr durch kostenlose Nutzung zu revolutionieren.
Von Berlin geschützte Kartelle
Berlin nimmt den Ärmsten, denen, die auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen sind, und gibt den Reichsten, zB Elbphilharmonie, den Inkompetentesten, zB Flughafen Berlin, den eigenen Komplizen, zB Stuttgart 21. Eine gigantische Umverteilung, die die Ungleichheit Deutschlands weiter forciert.
So sind auch unsere Banken Kartelle, die niemand bremst, artifizielle Monopole, die ungestraft einen himmelschreienden Zynismus zu ihrem Geschäftsmodell machen: 'Hohe Überziehungszinsen sollen die Menschen vor Überschuldung schützen'.
Da wird normal empfindenden Menschen schlecht, allein die Vorstandsmillionäre lachen sich beim Geldzählen kaputt. Die Banken haben sich inzwischen meilenweit von ihrem wahren Sinn entfernt und sich längst einen neuen Un-Sinn gegeben. Kartelle der Macht. Geschützt von Berlin.
Hierhin gehören auch unsere deutschen Automobilkonzerne, die sich ihre Abgasnormen und Spritverbrauchsmessungen via Berlin und Brüssel selbst auf den Leib schneidern.
Noch stärker allerdings sind sie definiert durch die folgende Dimension:
3. Das Kartell der Dummheit & Einfalt
An der Schnittstelle von Macht und Einfalt liegt das Meinungskartell. Parteien sind hier Vorreiter, weshalb meine vorige Kolumne 'Das Ende der Parteien' betitelt war.
Das Kartell der Einfalt beruht einerseits auf der alleinigen Konzentration auf erfolgreiche Prozesse der Vergangenheit. Prozesse aus einer nicht mehr aktuellen, nicht mehr zielführenden Zeit.
Im Zweifel haben diese damals erfolgreichen Prozesse erst unsere aktuellen Probleme geschaffen. Denkt da mal drüber nach!
Andererseits beruht das Kartell der Einfalt auf dem Ausblenden anderer Meinungen, des kritischen Denkens und der Vielfalt. "Wo alle gleich denken, denkt keiner wirklich", formulierte dies ein bekannter Journalist, dessen Name mir entfallen ist.
Dies trifft sehr schön für unsere Autokartelle der Einfalt zu, die zu allem Überfluss sich gegenseitig die gleichgeschalteten Top-Manager abspenstig machen, um ewig gleiches jetzt an anderer Stelle zu denken. Wow.
Da holt man sich also einen Top-Manager, der den anderen Konzernen ebensowenig zum Durchbruch verhelfen konnte, ins eigene Unternehmen, um hier auch keinen Durchbruch zu erleben. Wie traurig.
Übrigens: Wer dieses Vorgehen nicht für absolut abstrus hält, der stelle sich bitte vor, Steve Jobs hätte das iPhone damals mit Managern von Telekom, Vodafone und Nokia entwickeln wollen. Oder das iPad mit Managern von Microsoft und HP oder gar Siemens. Versteht Ihr jetzt, was ich meine? Kartelle der Einfalt.
Sportliches Leistungsdenken könnte helfen
„Der gegenseitige Wettbewerb ist sehr gesund“
Da passt gut ins Bild, dass der BMW-Chef auch noch behauptet, "der gegenseitige Wettbewerb ist sehr gesund".
Im Kartell drehen sich alle gleich schnell. Und das finden auch noch alle gut. Das kann man mal 125 Jahre ohne wirkliche Innovation aushalten.
Was ist also zu tun?
Ein wenig Bildung könnte nicht schaden. Ein wenig sportliches Leistungsdenken. Den Markt als sportlichen 'Gegner' sehen, mit dem man sich misst, dem man voraus sein möchte, an dem man über sich selbst hinauswachsen kann. Nicht als Feind, den man austricksen muss.
So, wie wir alle zwei Gehirnhälften besitzen und idealerweise beide nutzen, und damit innovativ, gar disruptiv sein können, so benötigen Unternehmen zwei Hirne, zwei Herzen, zwei Seelen, die idealerweise eins sind. Benötigen dringend Reibung, Austausch, Luftveränderung.
Keine Scheu vor Vielfalt
Unternehmen und Manager müssen in einem ersten Schritt dringend auf ihre Renegaten hören, wie dieser Wiwo-Artikel sie so treffend tituliert.
Bei Qoros treffen sich nicht die Ja-Sager der Industrie, die ausgelaugten Bequemlichkeits-Kartell- und Monopol-Manager, sondern die Jungs, die noch was bewegen wollen. Ein guter Start.
Den Markt aufmischen werden sie natürlich nicht, denn auch sie haben nur das durchschnittlichste aller möglichen Automobile entwickelt. Wie sollten sie auch etwas anderes wagen als das Bestehende zu perfektionieren, statt es disruptiv komplett infrage zu stellen, so einfalts-domestiziert wie sie sind!?
Aber hier könnte die zweite Hirnhälfte aktiviert werden. Hier besteht keine Scheu vor Vielfalt und kritischem Denken. Hier besteht ein offener Geist, der Neues wagt.
Über das Produkt, den Markt, das geliebte Kartell hinausdenken, Monopole des Nutzens, der Leistung schaffen, statt Kartelle der profanen Gier, Macht oder Einfalt, das ist das Gebot der Stunde. Inspirierend vorangehen, statt ignorant und fast trotzig den dringend notwendigen Fortschritt auszubremsen. Sich selbst übertreffen, wenn es schon sonst keiner tut. Allüberall.