Vor den Reichen und Erfolgreichen ziehen die meisten Amerikaner unwillkürlich den Hut. Deren Aufstieg weckt im Land der vermeintlich unbegrenzten Möglichkeiten keinen Neid, sondern dient dem Ansporn. Multimilliardäre per se sind also eher Vorbilder denn Hassfiguren.
Das erklärt, warum ein Polit-Clown wie der Immobilienmogul Donald Trump im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur führt – und auch, weshalb sich kaum wer über dessen Vorstellungen von Steuerpolitik echauffiert: „Ich passe höllisch auf, dass ich so wenig Steuern wie möglich zahle“, sagte Trump kürzlich im Fernsehen. Er hasse es, wie der Staat Trillionen um Trillionen an Dollar in den Müll kippe.
Zwar erklärt der Multimilliardär, wie viel Steuern er überhaupt an den US-Fiskus abführt. Aber allzu viel wird es nicht sein. Die meisten Steuern sind in Amerika eine Sache der Bundesstaaten – und die stehen damit untereinander im Wettbewerb um Unternehmen und Superreiche, die mit ihren Unternehmen dort ansässig werden. Das allein setzte fast überall in den vergangenen Jahren eine Spirale honoriger Steuersenkungen in Gang. Zumal gerade Republikaner im Wahlkampf dem Mantra folgen: Nur wenn Staaten die Steuern für Wohlhabende und Unternehmen senken, können sie den Standort attraktiv halten und so Jobs anziehen. Das Job-Argument zieht in den USA immer, wogegen das komplexe Steuerwesen im Wahlkampf eher ein Liebestöter ist.
Wer viel verdient, zahlt wenige Steuern
Besonders aktiv bei Steuersenkungen war der Bundesstaat Illinois. Fabrikschließungen beutelten die Gegend um die Metropolregion Chicago mit ihren fast acht Millionen Einwohnern in den letzten Jahren schwer; die Stilllegung eines riesigen Stahlwerks im südlichen Vorort Gary ist einer der Gründe für ein rapides Anschwellen der Kriminalitätsraten. Illinois hat sich darum für ein regressives Steuersystem entschieden: Wer viel verdient, zahlt wenige Steuern. Laut dem Institute for Taxation and Economic Policy (ITEP) in Washington zahlen Familien mit einem Jahreseinkommen über 498.000 Dollar effektiv nur 4,6 Prozent Steuern, wogegen jene mit Einkommen unter 19.000 Dollar 13,2 Prozent zahlen.
Gebracht hat es Illinois wenig: Zwar boomt die Stadt Chicago, doch der Staat leidet weiterhin an einer hohen Arbeitslosigkeit und Armut. Jobs sind wegen der Niedrigsteuern nicht entstanden. Stattdessen steht der Staat wie übrigens auch die Stadt Chicago am Rande des Bankrotts. Es fehlen Milliarden für Straßen und Justiz, die Stadt muss bei Schulen und Polizei knappsen.
Gleichwohl kommt langsam eine Debatte über die soziale Ungleichheit in Gang. Gerade Bernie Sanders, der parteilose Anwärter auf die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten, setzt das Thema auf die Agenda. Umfragen zufolge unterstützt eine Mehrheit der Amerikaner auch eine höhere Reichensteuer – bloß packen dies die Spitzenpolitiker nicht an. Im Gegenteil: Donald Trump spricht sich für die Abschaffung von Gewinn- und Grundsteuern für Unternehmen aus.