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Angela Merkel - was wohl kommen wird

Bettina Röhl Publizistin

Merkel 2013 heißt die Realität ausblenden und eine schöne neue potemkinsche Welt vorgaukeln. Aber alles wird gut.

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Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel wird wohl auch in Zukunft ihr Amt begleiten. Quelle: dpa

Angela Merkel, die neue Kanzlerin in statu nascendi, ist wie die überwiegende Mehrheit der Deutschen eine erzkonservative Person. Das jedenfalls ist eine der Tücken des Problems Merkel. Mit ihrem Konservativismus in einer als konservativ geltenden Doppelpartei lockte Merkel am 22. September zuletzt 41,5 Prozent der Deutschen in ihre Falle.

Die zweite Tücke besteht darin, dass Merkel die Lektion der damaligen DDR verinnerlicht und wohl auch verstanden hatte: Anpassung an die Verhältnisse ist alles. Und nochmal: Anpassung an die Verhältnisse ist alles. Der erfolgreichste Anpasser ist in der Bundesrepublik jemand, der in die größte deutsche Volkspartei, sprich die Union, eintritt, dort reüssiert und der gleichzeitig voll auf der Welle des linken die Gesellschaft beherrschenden Mainstreams mitschwimmt.

Hemmungslose Anpassung an den linken Mainstream

Merkel treibt diese doppelte Populismus-Strategie in ebenso genialische wie gefährliche Höhen. Gemeinhin gilt konservativ tendenziell als populistisch.

Seit dem Zweiten Weltkrieg ist allerdings Links die wesentliche populistische Kraft in Deutschland, auch im Westen allgemein. Links hat die Meinungsführerschaft und wer das Monopol hat am geistigen Kompass zu drehen, der entscheidet über das Kleingedruckte in den Wahlprogrammen und über die tatsächliche Politik aller Parteien wesentlich mit. CDU und CSU blöken noch ein bisschen konservativ, um die Wähler, die sich noch trauen in der mutmaßlich noch nicht Kamera- oder NSA-überwachten Wahlkabine ihr Kreuzchen bei einer konservativen Partei zu machen, bei der Stange zu halten. Aber substanziell ist die Politik der Unionsparteien auf eine hemmungslose Anpassung an den linken Mainstream ausgerichtet.

Die meisten Vertreter der schwarzen Nomen Klatura knicken entweder lautlos ein oder biedern sich bei ihren Kontrahenten vom linken Parteienspektrum auf eine manchmal geradezu hündische Art und Weise an. Zuletzt zu besichtigen bei den grün-schwarzen Sondierungsgesprächen nach der Wahl vom 22. September oder jetzt im Rahmen der rot-schwarzen Koalitionsverhandlungen. Um konservative Eckpfeiler geht es bei den aktuellen Koalitionsverhandlungen zwischen dem Merkel-Lager und der SPD nicht. Die Union ist längst keine konservative Partei mehr und dies so wenig, dass sich der dümmste Spruch zu der fatalen Volksweisheit verdichtet hat: Links und rechts? Hahaha, das gibt es doch schon lange nicht mehr. Und wer noch in diesen Kategorien denkt, wäre entweder von gestern oder hätte die schöne neue Welt nicht verstanden. Bei den Konservativen wird bei dieser Nivellierung eines Unterschiedes zwischen linker und konservativer Politik die klassische konservative Drückeberger-Mentalität sichtbar: Konservativ leben, aber sich politisch am liebsten verstecken. Bei den Linken, die mit diesem Spruch herum dröhnen, liegen die Dinge etwas anders. Sie wissen, dass sie die öffentliche Denkhoheit in diesem Land haben und die wollen sie durch das Aufblättern des Antagonismus zwischen links und konservativ nicht gefährden.

Ein bombastischer Schachzug der SPD

Doch der Haltung der Nachgeborenen, die das Jahr 1968 und die 68er für die Vergangenheit halten und die von links und rechtsvon links und konservativ die Nase voll haben, muss man letztlich entgegenhalten, dass egal, wie man den Antagonismus nennt, es natürlich weiterhin den Konflikt zwischen Kapital und Arbeit gibt. Wenn auch in qualitativ neuer Form. Natürlich gibt es den Konflikt zwischen arm und reich, zwischen gebildet und ungebildet und auch den zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Gesellschaften. Und natürlich gibt es auch die unterschiedlichsten Lösungsansätze für Probleme der Zeit, für die Probleme jedes einzelnen Tages.

Die SPD hat Merkel unter das Damoklesschwert der Zustimmung der SPD-Mitglieder als Bedingung für das Zustandekommen einer Koalitionsvereinbarung gestellt. Die zukünftige Regierungspolitik wird also in den Auszählungsbüros der SPD-Zentrale entschieden - quasi eine parteiische Volksbefragung. Das SPD-Verhandlungspersonal sonnt sich in seiner eigenen Bedeutung und muss gleichzeitig nicht viel tun. Das Zauberargument, dies und das und jenes kriegen wir bei unserer Basis so nicht durch, reicht für die großen und die kleinen Weichenstellungen. Und das SPD-Verhandlungspersonal verhandelt auf einem doppelten Boden; man weiß, entweder man wird Vizekanzler unter rot-schwarzer Fahne oder man wird Kanzler unter grün-rot-roter Fahne.

Die Genossen, die in früheren Zeiten glaubten, dass ihre SPD-Bäume in den Himmel wachsen würden, haben sich heute ziemlich satt auf der 25-Prozent-Marke eingerichtet und das reicht ja im Moment auch. Schließlich wissen sie, dass Grün-Rot oben schwimmt und dass ihre Regierungsbeteiligung diesmal für die CDU alternativlos ist.

Die geistige Wendehälsin Merkel, der kein Manöver Kopfschmerzen macht und deren Stolz auch dann nicht tangiert wird, wenn sie ihre Überzeugungen in den Mülleimer der Geschichte wirft und die jede rote Linie ungerührt zu überschreiten bereit ist, scheint das alles nicht anzufechten. Solange sie Kanzlerin bleibt, solange sie persönlich oben schwimmt. Merkel lacht sich häufig heimlich ins Fäustchen, wenn sie an ihr verschaukeltes Wahlvolk denkt, das sich so willig und geradezu freudig und in jedem Falle vorauseilend unterwirft und sich einer Art Selbstverleugnung anheim gibt. Merkels Macht beruht auf der Schizophrenie der konservativen Wähler, die gegen ihre eigenen Überzeugungen und Interessen wählen und handeln und sie basiert aktuell auch auf der Kleinmut der SPD-Basis, die am Ende abnicken wird, was die Parteibonzen vorgeben. Dass die SPD-Basis in Wahrheit viel schwächer ist, als ein paar kritische Stimmen zur großen Koalition vermuten lassen, ist dann doch Merkels Vorteil.

Problem: doppelte Staatsbürgerschaft

Berufliche Perspektiven für Ex-Abgeordnete
Die Fünfzig gerade überschritten und noch nie in einem Unternehmen gearbeitet: Wäre Dirk Niebel in den Neunzigerjahren jemand mit einem solchen Lebenslauf untergekommen, er hätte ihn vermutlich eher früher als später in die Kartei "Arbeitnehmer mit Vermittlungshemmnissen" einsortiert. Heute steht der ehemalige Jobvermittler und Noch-Entwicklungshilfeminister selbst vor diesem Problem: Er braucht einen Job - mit eben diesem Profil. Als Minister und Abgeordneter hat er ausgedient, aber bis zum offiziellen Rentenalter noch mehr als anderthalb Jahrzehnte vor sich. "Ein B-Kandidat", sagt der Frankfurter Personalvermittler Heiner Fischer. "Für Niebel sind die fetten Jahre vorbei." Der 45-Jährige ist Partner der auf Top-Managementpositionen spezialisierten Personalvermittlung Herbold Fischer Associates und hat für die WirtschaftsWoche die Lebensläufe der rund 200 Abgeordneten durchforstet, die nicht mehr im neuen Bundestag vertreten sein werden: Welche Ausbildung haben sie durchlaufen? Wie viel berufliche Praxis haben sie gesammelt, bevor sie zum Berufspolitiker mutierten? Wo könnten sie unterkommen? Und wie viel könnten sie verdienen? "Am schwersten wird es bei denen, die fast ihr ganzes Leben als Politiker gearbeitet haben", sagt Personalberater Fischer. "Die haben ja nie was Solides gelernt." Quelle: dapd
Dirk Niebel Quelle: dpa
Philipp Rösler Quelle: REUTERS
Guido Westerwelle Quelle: AP
Astrid Klug Quelle: Deutscher Bundestag Photothek Thomas Trutschel
Anton Schaaf Quelle: Deutscher Bundestag/Lichtblick/Achim Melde
Gabriele Groneberg Quelle: Deutscher Bundestag/Lichtblick/Achim Melde

Obwohl gerade die kleinen Leute, die Einkommensschwächeren, die größte Gruppe der SPD-Wähler und der Linkspartei stellen und diese Gruppe mit Abstand am härtesten von der schief laufenden Integrationspolitik betroffen ist, sind es gerade diese beiden Parteien, die die von den grün-roten Vordenkern konzipierte Politik der Entdeutschung Deutschlands Vorschub leisten. Nach den oben beschriebenen Mechanismen wird die neue große Koalition die außer Rand und Band geratenen Konzepte der SPD (und der Grünen) zur Integration übernehmen, sichtbar zum Beispiel an der beschlossenen Einführung des berühmt-berüchtigten Doppelpasses für hier geborene deutsche Staatsbürger mit migrantischer Herkunft, die gegen alle Integrationsbemühungen in die Heimat ihrer Eltern zurück nationalisiert werden sollen. Nicht der Doppelpass ist das Problem, sondern die Motivlage  für die Einführung des Doppelpasses ist die Katastrophe, die das linke Parteienspektrum aus der Gemengelage einer sehr alten ideologischen Verblendung noch aus den Tagen der Staatszerstörungsphantasien und schlichter Ignoranz forciert.

Ähnlich verhält es sich mit dem EU-Beitritt einer Türkei, die sich unter Erdoğan von Europa mehr entfernt statt sich auf Europa zu zubewegen. Die Politik der Regierung Erdoğan, das bisher an der Universität, im Parlament oder im Bereich der Justiz verbotene Kopftuch wieder zu "erlauben", wird von den westlich orientierten und den linken türkischen Oppositionsparteien entschieden abgelehnt. Und trotzdem wird die große Koalition jetzt auf den Beitritt der Türkei zur EU umschalten. Selbst die Polizeiexzesse in diesem Jahr anlässlich friedlicher Demonstrationen sind bereits wieder vergessen. 

Kleine Bonbons der türkischen Regierung an die EU wie zum Beispiel die Herabsetzung der Zehn-Prozent-Hürde für Parteien, die in der Türkei ins Parlament wollen, sind dagegen an Europa adressierte bloße Augenwischerei. Natürlich weiß Erdogan, dass in der semi-laizistischen Türkei die kulturell-religiösen Kräfte im Zweifel stärker wirken als die Staatsgewalt es vermag. Er weiß also, dass er mit der Durchsetzung des Kopftuches einen Kulturwandel in Richtung der Islamisierung der Türkei einläutet, was ja auch sein erklärtes Ziel ist. Also stellt sich die Frage des Türkeibeitritts objektiv im neuen Lichte dar, auch für die große Koalition, die allerdings nicht den Eindruck erweckt sich mit der Realität auseinandersetzen zu wollen.

Merkel, die Religion aus persönlichen Gründen vermutlich eher als Opium fürs Volk einordnet, hatte den Trick erfunden,  der sich selbst nicht für europatauglich haltenden Türkei eine privilegierte Partnerschaft im Gegensatz zu einer Mitgliedschaft anzubieten. Das galt bis gestern. Heute gilt SPD-Politik und die SPD-Führung lebt nun in dem Wahn, dass ihre Zukunft im Wesentlichen davon abhinge, zu einer Partei der Migranten und der Menschen mit Migrationshintergrund zu werden - je rascher desto besser. Siehe beispielsweise die Zensurmaßnahme der SPD gegen einen Beitrag des Magazins "FAKT" (MDR) zum Thema der Gülenbewegung und der SPD, die allerdings die CDU und alle anderen politischen Parteien, die sonst selbst dann Zensur schreien, wenn Zensur gar nicht zu erkennen ist, wohlwollend übergehen. Ein echter presserechtlicher SPD-Skandal mitten in den Koalitionsverhandlungen. Und auch der MDR schweigt.

Der gesellschaftliche Grundkonsens wird weiter zerstört werden

Die Streitpunkte zwischen CDU und SPD
Familien: Das gerade erst eingeführte Betreuungsgeld wollen die Sozialdemokraten abschaffen. Die CSU verteidigt es vehement, aber auch in der CDU wird die Familienleistung teilweise kritisch gesehen. Die Kinderbetreuung wollen alle ausbauen, die SPD will Kitagebühren schrittweise sogar ganz abschaffen. Das Ehegattensplitting will die SPD abschmelzen. Die Union plant einen Umbau zu einem Familiensplitting. Quelle: dpa
Mieten: Gegen drastische Mieterhöhungen schlagen Union und SPD Preisbremsen vor. Die SPD will bundesweit eine Erhöhungs-Obergrenze bei Wiedervermietungen von zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete und Maklerkosten künftig dem Vermieter aufbürden. Die Union will den Ländern für Gebiete mit angespanntem Markt die Möglichkeit zu einem Limit geben. Quelle: dpa
Arbeit: Beim Mindestlohn scheinen die Gräben überwindbar. Im Wahlkampf warb SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gemeinsam mit Katrin Göring-Eckhardt von den Grünen für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro. CDU und CSU setzen dagegen auf branchenbezogene Lohnuntergrenzen in erster Linie für Arbeitnehmer ohne Tarifbindung. Kompromisse wären aber vorstellbar, denn auch der CDU-Arbeitnehmerflügel will Dumpinglöhne stärker bekämpfen. Weiterer Streitpunkt ist die SPD-Forderung nach einer Frauenquote für Aufsichtsräte. Uneinigkeit besteht ebenso in der Bewertung von Leih- und Zeitarbeit sowie bei Werkverträgen. Quelle: dpa
Verkehr: Es ist ein brisantes Thema, das die CSU zur Bedingung einer Koalition erklärt hat: eine Pkw-Maut für Ausländer auf deutschen Autobahnen. Die Union ist selbst uneins darüber. Die SPD lehnt eine Pkw-Maut strikt ab. Quelle: dpa
Steuern: Die Union hat Steuererhöhungen am Wochenende kategorisch ausgeschlossen und will die Bürger bei der kalten Progression entlasten. Auch bei der von der SPD geforderten Vermögensteuer dürften CDU/CSU nicht mitziehen. Zumindest der Wirtschaftsflügel der Union fordert zudem Entlastungen beim Solidaritätszuschlag. Die SPD kritisiert solche Vorfestlegungen als „unseriös“. Sie will große Einkommen und Vermögen stärker belasten, um Schuldenabbau, Bildung und Infrastrukturausbau zu finanzieren. Dazu soll der Spitzensteuersatz auf 49 Prozent steigen, auch eine höhere Abgeltungsteuer für Kapitaleinkünfte ist geplant. Quelle: dpa
Rente: Im Ziel sind sich Union wie SPD einig: Wer Zeit seines Lebens gearbeitet, aber nur wenig verdient hat, soll im Rentenalter mindestens 850 Euro monatlich zum Leben haben und nicht zum Sozialamt gehen müssen. Einigen müssen sie sich über den Weg dahin. Für langjährig Versicherte fordern die Sozialdemokraten eine Solidarrente von mindestens 850 Euro. Die CDU diskutiert eine Lebensleistungsrente, die allerdings niedriger und regional unterschiedlich ausfallen dürfte. Außerdem will die Union Renten für ältere Mütter verbessern. Die Rente mit 67 hatten Union und SPD noch 2006 gemeinsam eingeführt. Inzwischen fordert die SPD deren Aussetzung, sollte der Anteil älterer Erwerbstätiger nicht deutlich steigen. Quelle: dpa
Energie: Offiziell bekennen sich Union und SPD zum Ausbau erneuerbarer Energien und zur Verminderung von Treibhausgasen. Allerdings setzte sich in der Union häufig der Wirtschaftsflügel durch, um Auflagen für die Industrie zu verhindern – aktuell beispielsweise bei EU-Abgasnormen für neue Autos. Die Förderung von Ökostrom will die Union zugunsten niedrigerer Strompreise stärker einschränken. Dem könnte auch die Kohlelobby in der SPD zustimmen. Quelle: dpa

Die Führungsriege der SPD ist vorläufig noch teutonisch und deswegen handeln Gabriel, Steinbrück, Nahles und Co. ja auch nach dem Motto: "Wir genießen die Partei, solange wir können. Der gesellschaftliche Grundkonsens wird von der neuen großen Koalition mit großen Schritten weiter zerstört werden. Deutschland wird am Ende der wahrscheinlich vierjährigen Regierungszeit der neuen großen Koalition nahezu auf jedem politischen Feld schlechter dastehen als heute.

Merkel hat vor der Wahl versprochen keine Steuererhöhungen vorzunehmen. Die SPD wollte in einer ziemlich lauwarmen Mixtur aus sogenannter Sach- und Umverteilungspolitik Steuererhöhungen vor allem für die Reichen durchsetzen. Die große Koalition wird sich jetzt erst einmal in Steuerverzicht, präsentieren. Sicher aber ist, dass die Euro-Krise, die Krise der Staatsschulden, der Banken und vor allem die allergrößte Krise der schwachen Ökonomien in Südeuropa sehr bald zu einer Umverteilung privaten Reichtums auf überschuldete öffentliche oder quasi öffentliche Schuldner zwingen wird. Staatsarmut und Privatreichtum sind der historische Fall schlechthin, in dem sich die Staaten irgendwann bei den Privaten bedient haben.

Europa ist vom schönsten Traum und schönsten Ziel zu einem Fetisch linksideologischer Politik geworden, besser, verkommen. Oder vielleicht wäre es noch richtiger zu sagen, dass die Fürsten linker Parteien, die auch ihre eigenen Wähler an der Nase herum führen, den Krisen-Status-Quo Europas unter allen Umständen aufrecht erhalten wollen statt mit systemischen Verbesserungen der Krise zu Leibe zu rücken.

Steuererhöhungen zu Gunsten eines imaginären Europa

Jeder weiß, dass der Süden Europas zu viel verbraucht sprich über seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hinaus lebt. Jeder weiß, dass dieses relative Luxusleben nachhaltig schuldenfinanziert war. Die Löcher des Euro-Systems lassen sich auch mit einer Enteignung der deutschen Sparer, wie es jetzt vom IWF schon mal etwas förmlicher ins Spiel gebracht wird, nicht nachhaltig stopfen. 

Da die Sparer von ihren Banken mit einem Zinsniveau auf Inflationsniveau abgespeist werden, wäre jede Besteuerung der Zinseinkünfte deutscher Sparer nur nominal eine Ertragssteuer, substanziell aber eine Bestandsbesteuerung, sprich auch formaljuristisch eine Enteignung. Eine Enteignung zu Gunsten eines imaginären Europas.  

Steuererhöhungen über die Grenze der Enteignung hinaus, wird es von Merkel 2013 in der einen oder anderen Form mit Sicherheit geben. Sozusagen als Soli für eine ideologisierte vollkommen verfehlte Euro-Staaten- und Bankenrettungspolitik. Nur die Steuererhöhungen sind dann eben anders begründet als die jetzt von der CDU/CSU abgelehnten Steuererhöhungen. Merkel 2013, das ist kein Grund zum Feiern, aber die Mehrheit der deutschen Wahlbürger geht davon aus, dass es ihnen gut geht und dass es ihnen auch in Zukunft gut gehen wird. Man ist in Weihnachtskauflaune, obwohl man weiß, dass selbst Weihnachten überall im Westen kurz davor steht, abgeschafft zu werden. 

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