




Theodor Adorno und die kritische Theorie sind in Frankfurt am Main nationale Heiligtümer und damit wuchert die Stadt. Alle drei Jahre vergibt die Stadt der Bankenzentralen, der Konzernsitze, der vielen kommerziellen Messen und ureigentlich des Kapitalismus den Theodor W. Adorno-Preis an "queer" genug erscheinende Geister aus Kunst und Wissenschaft, die das Preiskomitee in der Tradition der Frankfurter Schule wähnt.
Butler, Professorin für Rhetorik und vergleichende Literaturwissenschaften, die schon mit millionenschweren Preisen beglückt wurde, wird die 13. Preisträgerin des seit 1977 vergebenen Adorno-Preises sein. Zu den bisherigen Preisträgern gehören - volle 68er-Dröhnung - Alexander Kluge und Jürgen Habermas, Jean-Luc Godard oder Günter Anders.
Zur Erinnerung: Die angestaubte Frankfurter Schule, die sich selbst über Jahrzehnte für den Nabel des deutschen Geisteslebens hielt, stand in den sechziger und siebziger Jahren Pate - und dies trotz wechselseitiger Distanzierungen der Protagonisten - bei der Entstehung der APO (Außerparlamentarischer Opposition) und speziell auch bei den militanten Auswüchsen der außerordentlich gewalttätigen Sponti-Szene um Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit, den damals anführenden Hausbesetzer-Oligarchen und Verfechtern des revolutionären Kampfes bis hin zum Terrorismus. Stichwort: Stadtguerilla, Systemumsturz.
Vom Terrorsympatisanten zum Bankenfreund
Der einstige Wahl-Frankfurter Joschka Fischer tönte damals nach dem Mord an dem Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer, dass ihm angesichts der Ermordung der "drei hohen Herren" (Jürgen Ponto, Siegfried Buback, Hanns-Martin Schleyer) "keine Tränen" kommen mögen. Heute ist er befreundet mit dem höchsten Aufseher der deutschen Bank, Paul Achleitner. Und die Deutsche Bank hat das berühmt-berüchtigte von Fischer und seinen Buddys besetzte Haus in der Siesmeyerstraße längst käuflich erworben.
Derlei ist symptomatisch für die neuere Stadtgeschichte der Main-Metropole. Allerdings im Kulturbereich, um es zu wiederholen, hat, wie dies für die Republik insgesamt gilt, das sich ursprünglich links nennende Lager gesiegt, weshalb es geradezu extrem komisch ist, wenn Vertreter der sich laufend neu erfindenden 68er-Sekte, die längst über die randvollen Kulturtöpfe herrscht, sich immer noch eifrig gegenseitig mutige Impulsgeber nennen und sich gegenseitig mit Preisen überschütten. Gern auch von vorauseilenden oder nachlaufenden CDU-Politikern sanktioniert. Nichts ist so Mainstream wie die Hinterlassenschaften der 68er-Bewegung, die ihre Ikonen, die es nach oben geschafft haben, hegt und pflegt.