Die Wahlerfolge in den nicht mehr ganz neuen Bundesländern können nicht eins zu eins auf die gesamte Bundesrepublik hochgerechnet werden. Aber sie sind ein Indikator dafür, dass einer großen Zahl von Bundesbürgern das etablierte Parteiensystem zu eng und erstickend geworden ist. Sie sind bereit, neue Wege auszuprobieren.
Die wichtigsten Köpfe in der AfD
Professor, Gründer des Plenums der Ökonomen
Der 51-Jährige wurde bei Gründung der AfD ihr Sprecher. Der Vater von fünf Kindern lehrt Makroökonomie an der Universität Hamburg. Über 300 Wissenschaftler schlossen sich seinem „Plenum der Ökonomen“ an, das als Netzplattform Wirtschaft erklärt. Nach 33 Jahren trat Lucke Ende 2011 aus der CDU aus. Er trat als Spitzendkandidat der AfD für die Europawahlen an und wechselte im Sommer 2014 nach Brüssel.
Anwältin, Gründerin der Zivilen Koalition
Die Juristin, die zunächst 2012 Mitglied der FDP war, ist seit 2013 Mitglied der AfD. Sie wird dem rechtskonservativen Flügel der Partei zugerechnet. Sie engagiert sich neben der Euro-Rettung vor allem für eine christlich-konservative Familienpolitik. Am 25. Januar 2014 wurde von Storch vom Bundesparteitag der AfD in Aschaffenburg mit 142 von 282 Stimmen auf Platz vier der Liste zur Europawahl gewählt - und zog anschließend ins Europaparlament ein.
Emeritierter Professor für Volkswirtschaft
Im Kampf gegen den Euro hat er die größte Erfahrung: 1998 klagte er gegen dessen Einführung vor dem Bundesverfassungsgericht, 2011 gegen die Rettungsmaßnahmen. Der 72-Jährige, einst Assistent von Alfred Müller-Armack, führt den wissenschaftlichen Beirat der AfD – so etwas hat keine andere Partei.
Promovierte Chemikerin und Unternehmerin
Nach dem Studium gründete die Mutter von vier Kindern 2007 ihr eigenes Chemieunternehmen Purinvent in Leipzig – mit dem Patent auf ein umweltfreundliches Dichtmittel für Reifen. Sie fürchtet, ihre demokratischen Ideale würden „auf einem ideologisierten EU-Altar geopfert“. Seit 2013 ist sie eine von drei Parteisprechern und Vorsitzende der AfD Sachsen
Journalist, Publizist, Altsprachler und Historiker
Bei den bürgerlichen Blättern – 21 Jahre im Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen“, sieben Jahre als politischer Chefkorrespondent der „Welt“ – erwarb er sich den Ruf als konservativer Vordenker. Sozial-, Bildungs- und Wissenschaftspolitik sind auch im Sprecheramt der AfD seine Schwerpunkte.
Beamter, Politiker, Herausgeber, Publizist
Der promovierte Jurist leitete die hessische Staatskanzlei unter CDU-Ministerpräsident Walter Wallmann. Dann Geschäftsführer und Herausgeber der „Märkischen Allgemeinen“ in Potsdam. Führte die brandenburgische AfD bei den Landtagswahlen zu einem überraschend starken Ergebnis und führt nun die Fraktion im Landtag an.
Die AfD ist personell und ideell eine viel zu inhomogene Partei - oder positiv ausgedrückt: eine viel zu vielfältige Partei -, als dass es sinnvoll wäre, sie politisch in irgendeinen Topf zu pressen. Noch ist die SPD amtierende Regierungspartei in Deutschland. Und sie hat sich aus allzu opportunistischen Gründen eine über alle Grenzen hinweg aggressiv auftretende Generalsekretärin zugelegt, die die AfD und ihre Wähler als "braune Suppe" bezeichnet. Da ist dann die Frage, wo das braune Moment tatsächlich liegt, durchaus angebracht.
Nicht die einzige Protestpartei
Und was soll das Gesülze von der Populisten- oder von der Protestpartei? Die Grünen sind seit Ende der Siebzigerjahre eine einzige Protestpartei. In der man gelernt hat, dass man mit Tabubruch, Ideologie, populistischen Rechtsbrüchen und notfalls mit Unterstützung von Gewalt Karriere und Kohle machen kann und nebenbei auch noch berühmt und medial omnipräsent wird.
Und die permanent für gewendet und gewandelt erklärte Linkspartei ist keine Populisten- Phantasten- und Extremistenpartei? Natürlich gibt es auch bei den Linken und bei den Grünen besonnene Leute. Aber die gibt es auch bei der AfD.
Selbstbewusste AfD zwingt CDU zu neuen Strategien
Die Merkel-Doktrin, die AfD auszusitzen, zu ignorieren oder totzuschweigen, ist gescheitert. Nach den Ergebnissen der letzten drei Landtagswahlen darf die Prognose gewagt werden, dass die AfD in den nächsten Jahren zu einer normalen Parlamentspartei werden kann - und das sollte in den Strategien der anderen Parteien berücksichtigt werden.
Das Gerede, wonach die AfD vor allem der CDU Stimmen und die Macht kosten könnte, sind offenbar ein fiktives, hausgemachtes Problem der Union.