Bettina Röhl direkt

Wie die AfD die Politik verändert

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Rettungsschirme und Direktzahlungen

Gegner der Euro-Kritiker werfen der „Alternative für Deutschland“ weiter rechtes Gedankengut vor und attackieren deren Wahlkämpfer. Was ist dran an den Vorwürfen? Eine Online-Studie gibt Aufschluss.
von Tim Rahmann

Es begann die Zeit der Rettungsschirme und der Direktzahlungen. Als Kredit bezeichnete Schenkungen, zum Beispiel an Griechenland, kamen in Mode. Immer neue Hilfsgelder gegen oft wertlose Reformversprechen, gleichsam als Hilfe zur Selbsthilfe, flossen in die schwächelnden Euro-Länder. Hektik und Aktionismus beherrschten das Krisenmanagement und es entstand eine völlig neue artifizielle Erstaunenskultur bei den verantwortlichen Politiker, die manchmal im Stundentakt mit überraschten Gesichtern verkündeten, dass sie das gerade neu entdeckte Milliardenloch eben noch nicht gekannt hätten.

Eine Euro-Bilanz, eine Finanzstatus der Euro-Krise, was was gekostet hat und wo die offenen Risiken liegen, gibt es bis heute nicht. Und das liegt nicht daran, dass die Politiker ihre Bringschuld gegenüber dem Bürger nicht erbringen wollen, sondern erschütternderweise daran, dass sie sie nicht erbringen können. Niemand hat den wirklichen, tatsächlichen Durchblick und kennt die eigentlich wichtigen Eckdaten. Was soll's ? Die Gewöhnung an die Krise und daran, dass diese Krise von den globalen Liquiditätsproduzenten wie etwa den Chinesen schon immer weiter finanziert werden würde, verleitet immer mehr Leute zu der Behauptung, dass die Euro-Krise schon vorbei und der Zenit schon lange überschritten wäre.


Handwerkliches Unvermögen und Orientierungslosigkeit
Handwerkliches Unvermögen und Orientierungslosigkeit hatte die politische Klasse dazu veranlasst jede Kritik an ihrer Euro-Politik eisenhart zu ersticken und zu diskreditieren. Wer etwa über den Austritt beispielsweise Griechenlands aus dem Euro öffentlich nachdachte, wurde dahin beschieden, dass er keine Ahnung von Wirtschafts-und Finanzpolitik hätte, weil nämlich ein Scheitern Griechenlands ein Scheitern Europas und der ganzen Welt nach sich zöge. Damit war der Euro-Wahn endgültig globalisiert.

Die Instrumente zur Euro-Rettung

Der Überbau der Euro-Fanatiker wuchs ins Unendliche. Plötzlich war der Euro gar keine Währung mehr, sondern nur noch ein unantastbares Friedensprojekt, eine Kriegsverhinderungsgarantie, ein Zähmungsinstrument teutonischen Übermachtstrebens und der Meilenstein für ein glückliches Europas, dessen Entwicklung der Euro bisher allerdings realiter beschädigt hat. Es kam die Zeit, dass die Euro-Debatte endgültig die interessierten und informierten Fachkreise verließ und die Feuilletons in den Medien und die Stammtische auf den Straßen eroberte. Es war nur noch ein Steinwurf hin, bis die Meute das Argument instrumentalisierte, dass Euro-Kritik Ausdruck von Nationalismus oder gar Rechtsradikalität wäre.

Man muss einer amtierenden Regierung den Vorwurf machen, dass sie der Verirrsinnigung der Debatte nicht mit sachlichen Argumenten entgegen trat, sondern im Gegenteil die Verirrsinnigung als faktische Unterstützung für ihre eigene irrlichtende Politik nutzte. Noch vor Monaten war jede Änderung, jedes Gedankenspiel den Euro in Gänze wieder abzuschaffen oder einzelnen Mitgliedsländern einen finanzierten Ausstieg zu ermöglichen, ein Sakrileg, halbwegs ein politischer Selbstmord.

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