Wer, wie zum Beispiel Uli Hoeneß, nur wegen der nicht verjährten, hinterzogenen Steuern angeklagt werden kann, muss gleichwohl bei der Strafzumessung gegenwärtigen, dass die vor Eintritt der Verjährung hinterzogenen Steuern bei der Bewertung des Gesamtschadens mitgerechnet werden. "Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist es zulässig, auch verjährte Steuerstraftaten strafschärfend zu berücksichtigen." sagt der Strafverteidiger Gero von Pelchrzim aus Frankfurt, der sich mit vielen Fällen von Selbstanzeigen beschäftigt. Sieh da, alte, sprich verjährte Steuerhinterziehungen können plötzlich ganz gegenwärtig rechtsrelevant werden. So mausetot und legal, wie Schwarzer es vermutet, ist die Sache also nicht. Dass der Gewinn, den Schwarzer aus verjährten Steuerhinterziehungen behält, moralisch bemakelt ist, steht außer Frage. Aber es kann auch Sanktionen gegen den Steuersünder geben und dies trotz Verjährung und wirksamer Selbstanzeige:
"Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte, Richter oder Soldaten und Sanktionen gegen Angehörige der freien Berufe (z.B. Rechtsanwälte Steuerberater) sind nach herrschender Auffassung trotz wirksamer Selbstanzeige möglich. Die Erheblichkeitsschwelle für eine Mitteilung an den Dienstherren wird in Verwaltung und Rechtsprechung durchweg sehr niedrig angesetzt. Wird ein Disziplinarverfahren durchgeführt, stellt eine Selbstanzeige einen anerkannten Milderungsgrund dar, der nach der Rechtsprechung aber auch die Verhängung des Höchstmaßes wie die Entfernung aus dem Dienst oder die Aberkennung des Ruhegehalts zulässt", erläutert Anwalt Pelchrzim die Rechtslage mit Berufung auf den Münchner Kommentar zu den einschlägigen Vorschriften der Abgabenordnung.
Schwarzers Vermutung, dass die Straffreiheit nach Selbstanzeige ein heiliges, absolutes Recht wäre, ist demnach unzutreffend. Ein Beamter, der wegen einer Steuerhinterziehung nicht bestraft werden kann, kann offenbar wegen derselben Steuerhinterziehung nämlich sehr wohl, untechnisch gesprochen, bestraft werden. Er kann zum Beispiel seinen Job, seinen Beamtenstatus und sogar seine Pension verlieren und dies schon bei relativ kleinen Hinterziehungsbeträgen.
Keine Analogien zu Lasten eines Delinquenten im Strafrecht, das versteht sich von selbst. Und Schwarzer ist ja auch nicht Beamtin (oder freiberufliche Rechtsanwältin oder Steuerberaterin), auch wenn sie in erheblichem Umfang eine ausufernde Subventionierung genoss, die freilich nicht ihr persönlich galt, sondern aufgrund ihres übermächtigen Heiligenscheins der FrauenMediaTurm-Stiftung gewährt wurde.
Aber: Auch das Steuergeheimnis der Beamten ist keineswegs so absolut, wie das Steuergeheimnis von Alice Schwarzer derzeit propagiert wird. Immerhin, ein Disziplinarverfahren gegen einen Beamten nach dessen Selbstanzeige, kann überhaupt nur eingeleitet werden, wenn der Dienstherr von der Sache erfährt und zwar von Amts wegen.