Bettina Röhl direkt

Politik mit "brauner Suppe"

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Unmenschliches und teuflisches Spiel

Die Nazis haben aus rassistischen Gründen Menschen ermordet. Das ist die Messlatte für die "braune Suppe" einer Fahimi. Wer seine Religionsfreiheit und seine Meinungsfreiheit ausnutzt und sagt, ich bin gegen den Islam, ich bin für einen anderen oder gar keinen Gott, mag alles Mögliche sein, nur ein Nazi ist er dieserhalb nicht. Wer die Zuwanderung steuern will, was in Wahrheit alle im Bundestag vertretenen Parteien wollen, mag alles Mögliche sein, nur ein Nazi ist er nicht. Das Thema Zuwanderung, für oder gegen die man sein könnte, gab es bei dem historischen Vorbild der "braunen Suppe" nicht. Wer Migrantenkriminalität thematisiert, ganz unabhängig von der Tatsache, wie hoch diese Kriminalität zu beziffern ist und wie sie sich relativ zum Gesamtgeschehen darstellt, mag alles Mögliche sein, nur ein Nazi ist er dieserhalb nicht. Übrigens auch Migrantenkriminalität gab es beim historischen Vorbild nicht.

Die artifiziellen Vernazifizierungen, die fatalerweise in Mode geraten sind und die Hochrechnungen von einem Wort oder einem Satz oder einer FB-Bekanntschaft oder einem zufälligen Vorbeiradeln hier oder dort auf den Menschen als Ganzes, sind ein unmenschliches und teuflisches Spiel.  Diejenigen, die solcherlei, auf die Vernichtung meist wahllos ausgesuchter Menschen zielende Qualifikationen benutzen, praktizieren genau das, was sie zu bekämpfen vorgeben, nämlich Ausgrenzung und vom Spielfeld jagen.

Aktuelle Aussagen von Frauke Petry

Das ist ein Massenphänomen im Internet und speziell in den sozialen Netzwerken geworden. Es gibt eben den Denunziantentypus, der alles und jeden anschwärzt, ohne Grund, ohne Beweis, ohne Anlass.  Wer einen anderen oder andere "braune Suppe" nennt, ist dann selber "braune Suppe", wenn er die Berechtigung, die Legitimation zu einem solchen Ellerbeker Rundschlag nicht vorweisen kann. Oder mit dem Bundesverfassungsgericht formuliert, "braune Suppe" verstößt dann gegen Recht und Gesetz, wenn der faktische Vorwurf der Naziähnlichkeit, der in dem unspezifischen gequirlten Begriff der "braunen Suppe" eineindeutig formuliert ist, faktisch nicht zutrifft. Natürlich ist es auch nicht legitim andere mit dem Vorwurf, sie seien "braune Suppe" in eine Selbstverteidigung hinein zu zwingen.

Frau Fahimi spricht ex kathedra der großen uralten Volkspartei SPD im Namen von Partei, Parteimitgliedern, Parteiführung und deren Wählern. Und: Fahimi, die selber bisher kaum ein Profil hat, spricht mit der Wucht ihres Amtes. Sie wird von den Medien befragt und verbreitet mit ihrer Stimme das, was die SPD zu der Wahl in Thüringen und Brandenburg sagen will.

"Braune Suppe" ist ein deskriptives Symptom für eine Ungeist der Zeit

"Braune Suppe" ist kein Lapsus. Es gab auch keine Hitze des Gefechtes einer Diskussion. Fahimi hatte sich auf Medieninterviews nach den Landtagswahlen Brandenburg und Thüringen vorbereitet und abgelassen, was sie zu sagen hatte und das war zu wenig für eine SPD-Generalsekretärin und das Wenige war von bräunlicher Machart, weil auf bloße Denunziation abzielend.

Ja, es ist ja eine öffentliche Gaudi die AfD, die in der jüngsten Sonntagsfrage mit acht Prozent an die Grünen und die Linkspartei heranrückt, für den neuen Teufel zu erklären und die Wähler der AfD ins Bodenlose herunter zu qualifizieren. Schlimmer ist dann bestenfalls noch die katholische Kirche oder, und das ist dann, scherzhaft ausgedrückt, das Schärfste, die CDU. Ja, die CDU, denn in Wahrheit ist es immer noch so, dass all die Scharfmacher, die mit "brauner Suppe" um sich gießen und das für Politik halten, vor ganz kurzer Zeit auch die Unionsparteien noch zu ewig gestrigen, verkappt bräunliche Veranstaltungen erklärt haben. Und in anderen politischen Konstellationen müssen die Unionsparteien auch in Zukunft wieder damit rechnen von ihren klassischen Gegnern aus dem grün-rot-linken Lager in die entsprechenden Ecken gedrängt zu werden.

Man muss sich nur die Wahlkämpfe der letzten zwölf Jahre anschauen und sehen, was an den sogenannten linken Rändern bei den Grünen und der SPD zu den Unionsparteien gesagt wurde und dort auch heute noch hinter verschlossenen Türen gedacht wird: "Braune Suppe". Es geht hier eben nicht um ein Wort, um eine Entgleisung. Es geht hier um ein deskriptives Symptom für einen Ungeist der Zeit. Der politische Brunnen ist linksvergiftet. Da nützen ein paar sonnige Farbanstriche und ein paar bürgerliche Mienen und Gesichter bei SPD, Grünen und Linken nichts. Fahimi hat bisher ihren durchschlagenden Erfolg nicht erreichen können und haut jetzt eben auf die Pauke. Mit ihrer "braunen Suppe"-Politik haut sie allerdings voll daneben.

AfD ist eine Partei in statu nascendi, programmatisch und personell noch vergleichsweise inhomogen aufgestellt. Sie sucht, wie die politische Konkurrenz gern feststellt, noch ihre Linie und damit sagt die politische Konkurrenz auch bereits selber, dass es ausgeschlossen ist der AfD eine "braune" Nazilinie anzudichten. Und genau darum geht es. Es geht viel weniger um die AfD als um das politische System insgesamt, das Schaden genommen hat dadurch, dass auf der Seite, die sich links nennt und die die politische Korrektheit diktiert, der große Richter und Ankläger in einer Person sitzt und auf der anderen Seite, die rechts genannt wird, der Gerichtete.

 

 

 

 

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