Eine chaotische Energiewende, deren Kosten für die deutsche Wirtschaft und deren Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft durchaus erheblich sein wird, ist bei realistischer Betrachtungsweise kein Glanzstück grüner Politik oder grüner Diskurshoheit. Die Bürger sind weichgespült und akzeptieren die Mehrkosten der Energiewende. Noch. Warum, fragt man sich, schweigen die Protagonisten des konservativen Lagers. Warum sitzen sie nur aus? Warum greifen sie politisch nicht an? Warum erklären sie den Bürgern ihre Politik nicht? Warum lassen sie sich politisch immer in die Defensive drängen? Und warum fahren sie keine Kampagnen grünen Unsinn zu dekuvrieren.
Die Energiewende und der Sand im Getriebe
Der Netzausbau ist weit hinter dem Plan zurück. Die Betreiber der teuren Offshore-Windsparks in Nord- und Ostsee sind verärgert, dass es immer neue Verzögerungen gibt, beim Energiesparen gibt es kaum Fortschritte, die Debatte über die Ökostromförderung entwickelt sich zum Dauerbrenner - die Liste ließe sich fortsetzen. Die Regierung muss an zahlreichen Stellschrauben drehen, ein abgestimmtes Konzept ist in vielen Bereichen aber noch nicht erkennbar.
Der Ausbau der erneuerbaren Energie liegt nicht nur im Plan, er übertrifft sogar die Erwartungen. Im ersten Halbjahr 2012 machte Ökostrom erstmals mehr als 25 Prozent am deutschen Strommix aus, insgesamt wurden knapp 68 Milliarden Kilowattstunden ins Stromnetz eingespeist. Die Windkraft hat mit 9,2 Prozent den größten Anteil, vor der Bioenergie mit 5,7 Prozent. Der Anteil der Solarenergie hat sich binnen Jahresfrist fast verdoppelt und liegt nun mit 5,3 Prozent auf dem dritten Platz, vor der Wasserkraft mit vier Prozent.
Der Anstieg der erneuerbaren Energien kann für die Stromkunden teuer werden. Wenn mehr Ökostrom produziert wird, steigt auch die Umlage zur Förderung der Energie aus Sonne, Wind oder Wasserkraft, die über den Strompreis gezahlt wird. Diese ist im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegt und liegt aktuell bei 3,59 Cent pro Kilowattstunde. Das bedeutet für einen Durchschnittshaushalt rund 125 Euro Zusatzkosten pro Jahr. Der Aufschlag dürfte sich nun deutlich erhöhen. Spekuliert wird bereits über einen Anstieg auf 5,3 Cent zum Jahreswechsel, was die Kosten für einen Durchschnittshaushalt auf 185 Euro hochtreiben würde.
Das ist noch offen. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) warnt immer wieder, dass hohe Strompreise die Wettbewerbsfähigkeit gefährden könnten. Er fordert deshalb eine Reform der Förderung. Die Regierung hat jedoch erst 2011 eine Reform des EEG auf den Weg gebracht, die Anfang 2012 in Kraft trat und bei der Solarförderung nochmals verändert wurde. Außerdem ist der Strompreis viel stärker gestiegen als die Ökoenergieförderung. Umweltschützer halten mangelhaftes Energiesparen und pauschale Befreiungen für die stromintensive Industrie für die eigentlichen Preistreiber.
Neben dem Ausbau der Windkraftanlagen an Land gilt der Ausbau der Offshore-Windenergie, also der Windkraftanlagen im Meer, als wichtiger Pfeiler der Energiewende. Bis zum Jahr 2020 sollen vor den Küsten Windenergieanlagen mit einer Kapazität von 10 000 Megawatt zur deutschen Stromerzeugung beitragen. Das sind ungefähr 2000 Windkraftwerke. Gegenwärtig arbeiten in der Nordsee aber erst 28 Anlagen mit 140 Megawatt Leistung. Dazu kommen noch 21 kleinere Windkraftwerke in der Ostsee - macht zusammen gerade einmal 180 bis 190 Megawatt.
Das größte Problem ist nach wie vor die Anbindung der Anlagen in Nord- und Ostsee an das Festlands-Stromnetz. Zudem reichen die Leitungen an Land nicht für den Weitertransport des Windstroms in den Süden Deutschlands. Die Stromerzeuger sehen wegen der Verzögerungen beim Netzanschluss inzwischen die ganze Energiewende in Gefahr. Sie verlangen dringend Klarheit, wer dafür haftet, wenn die Windparks stehen, aber nicht ans Netz gehen können. Wirtschaftsminister Rösler und Umweltminister Peter Altmaier (CDU) haben vorgeschlagen, dass die Verbraucher die Kosten für Verzögerungen über den Strompreis mittragen sollen. Rösler hofft auf eine endgültige Regelung noch im Sommer.
Für die Energiewende werden laut Bundesregierung 3800 Kilometer an neuen Stromautobahnen benötigt. Weitere 4400 Kilometer des bestehenden Netzes sollen fit gemacht werden für die schwankende Einspeisung von Wind- und Sonnenenergie. Die Netzbetreiber haben einen Entwurf für einen Netzentwicklungsplan vorgelegt, bis Mitte August soll eine zweite Version fertig sein. Die Bundesnetzagentur verlangt nun, der Ausbau müsse viel schneller gehen. Rösler fordert deshalb bereits, vorübergehend Umweltstandards außer Kraft zu setzen, so dass zum Beispiel bei Klagen gegen den Bau von Leitungen eine Gerichtsinstanz ausreicht.
Hier soll nicht verschwiegen werden, dass es bei den Grünen einen Umbruch gibt; ein junger kapitalistisch orientierter smarter karriereristischer Bürgertypus, der die grünen Wurzeln kaum noch kennt und sich noch weniger für sie interessiert, nutzt die grüne Plattform für seine eigenen Interessen. Für diesen Typus ist grün vor allem Attitüde, Stallgeruch und Schick. Aber die Schwerkraft der grünen Partei und der Druck der altgrünen Erblasser auf die Jüngeren ihr Werk fortzuführen, sollte man nicht unterschätzen. Noch ist grün ein Lebensgefühl, das zieht. Das anzieht und dem alle anderen Parteien nichts entgegensetzen.
Konservative Stammwähler nicht vergraulen?
Es heißt, man sollte die konservativen Stammwähler nicht vergraulen. Doch die rot-grünen Attacken der letzten Jahrzehnte haben einen Zustimmungsverlust der konservativen Parteien verursacht, der mit einem Vergraulen durch die eigene Partei gar nichts zu tun hat. Die Frage, warum sollte man konservativ sein, wird von den konservativen Parteien gemieden, wie der Teufel das Weihwasser meidet und eine Antwort haben sie erst recht nicht parat. Es gibt keine ideelle Bindungswirkung. Eine solche Bindungswirkung haben die Grünen allerdings in ihren eigenen Reihen mit den irrsinnigsten Ideen und den abwegigsten Taten in den letzten Jahren anschwellend und im Überfluss generieren und aufbauen können.
Tatsächlich sind die Grünen intern schwächer denn je und sie verfügen weniger als früher über charismatisch wirkende Leitwölfe. Die altvorderen Altgrünen schwelgen heute unter sich und oft auch provokant öffentlich, wie viele Fehler und wie viele Verrücktheiten sie gleichwohl erfolgreich produziert hätten. Die Konservativen nehmen all dies staunend zur Kenntnis und sagen, dass sie das alles schon immer gewusst hätten, aber sie machen nichts draus.