Bettina Röhl direkt

Winfried Kretschmann und der Bildungsplan 2015

Bettina Röhl Publizistin

In Baden-Württemberg sorgt ein Bildungsplan für Aufregung, der sexuelle Orientierung, sexuelle Vielfalt und Gender fächerübergreifend auf den Unterrichtsplan setzt. Nach Revolution und dem langen Marsch durch die Institutionen kommt nun die Erziehung der Bevölkerung von oben. Die angeblich zahnlos gewordenen 68er sind alles andere als tot.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Schulunterricht Quelle: dpa

Bisher hat die rot-grüne Landesregierung zwar nur einen Entwurf seines Bildungsplans 2015 für Baden-Württemberg vorgelegt. Dort ist unter anderem eine intensivierte Gender-Sexualaufklärung in allen Fächern vorgesehen. Überraschenderweise hagelt es Kritik. Und zwar nicht nur von den Kirchen, wie vielleicht erwartet, sondern auch von dem baden-württembergischen Realschullehrer Gabriel Stängle, der sich den Bildungsplan 2015 gründlich angesehen und mit einer Petition gegen die rot-grüne Bildungsoffensive namens "Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens" mit 192.283 Unterzeichnern (Stand: 28.01.2014, 13:45) in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt hat.

Die Sturmattacken gegen die Petition, an der sich die Fans der rot-grünen Landesregierung in Baden Württemberg, aber auch rot-grüne Anhänger aus dem Bundesgebiet und Medien wie der Spiegel aktiv beteiligen, haben aus der Sache einen bildungspolitischen Stellvertreterkampf werden lassen. Auch eine Gegenpetition ist mit inzwischen 86.023 Befürwortern (Stand: 28.01.2014, 13:45) auf Stimmenfang.

Vereinzelte interessierte, dem konservativen Lager zuzurechnende Bürger wie eben dieser Lehrer Stängle proben also den Aufstand. Und das rot-grüne Lager schlägt, dezentral aber konzertiert, mit altbekannten Kampfmitteln zu. Ihr Einsatz: die argumentative Schubumkehr. Bedeutet: Die Wirklichkeit auf den Kopf stellen, sich ausschließlich auf den Angriff des Gegners konzentrieren und die Gegner psychologisieren, stigmatisieren und persönlich kaputt machen. So ist Stängle inzwischen nicht mehr Referatsleiter (zuständig für die Themen Bildung, Schulpolitik) im Realschullehrerverband, sondern er ist, wie es heißt, "freiwillig" zurück getreten.

Das Beispiel belegt einen allgemeinen Trend: Das konservative Lager dämmert politisch in einer Art Wachkoma, gewinnt sogar die Wahlen, aber überlässt das Feld in der Sache dem politischen Gegner oder, anders ausgedrückt, denjenigen, die im linken Lager die Meinungsführerschaft haben. Und die linke Meinungsführerschaft gestaltet die politische Grundausrichtung der Republik.

Der Bildungsplan ist ein peinliches aufgeblasenes Gewäsch

Das, was bis jetzt als Bildungsplan in Baden-Württemberg vorgelegt wurde, ist für sich gesehen ein peinliches Gewäsch aus unwahrscheinlich vielen Spruchblasen und halb zu Ende gedachten Halbwahrheiten und Halbweisheiten. Wer den Bildungsplan unvoreingenommen liest, erkennt, dass es sich bestenfalls um einen bildungsfreien wirren Erziehungsplan handelt, in dem viele Themen angerissen werden, die eigentlich eher in das Privatleben oder in die 'Schule des Lebens' gehören, aber nicht ins Klassenzimmer und nicht in Staatshand.

Dieser Bildungsplan, der vervollständigt und 2015 Realität an baden-württembergischen Schulen werden soll, sollte zur Pflichtlektüre aller Bundesbürger werden. Das wäre der einfachste Weg, diesem gequirlten und extrem aufgeblasen daher kommenden intellektualisierenden und gleichzeitig mies formulierten Quatsch nachhaltig zu entlarven. Als das, was er ist, nämlich eine bildungsfeindliche Indoktrinierungsplattform gegen Kinder und junge Menschen.

Wer denkt, dass Schule mindestens auch dem Zweck dient, junge Menschen fit für den Weltmarkt zu machen, wer denkt, dass Schule mindestens auch dem Zweck dient, die Fähigkeiten zu erwerben, die zukünftig in der Hightech-Wirtschaft gefragt sein werden, der muss erkennen, dass ideologisch "gleichgeschaltete" (ein Lieblingsausdruck des 68er-Halbgott Marcuse), durchgegenderte, durchpsychologisierte und durchnormierte, Klugscheißerlis heran gezogen werden sollen. Hier soll der stromlinienförmige grüne Bessermensch der Zukunft zusammen gebacken werden, der eigeninitiativ alle Individualisten in der Zukunft genauso aggressiv platt macht, wie die Bildungsideologen es jetzt voraus planen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%