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Bildung Die Katastrophe mit den Kitas

Die Nachfrage von Eltern nach Kinderbetreuung ist gewaltig, aber der Ausbau kommt nicht hinterher. Schuld sind verfehlte Planungen und bürokratische Verwirrung.

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In Deutschland fehlen Betreuungsplätze besonders für unter Dreijährige. Zwar geht der Ausbau voran, aber nur schleppend. Quelle: dpa

Hellsehen gehört nicht zu Ramona Hartenbachs Kernkompetenzen, aber was im nächsten Jahr passieren wird, das weiß sie trotzdem. Sie wird die Warteliste anschauen, alle Anfragen der Eltern durchgehen und dann wird sie zahlreiche Hoffnungen zerstören müssen.

Hartenbach leitet eine Kindertagesstätte in Berlin-Friedrichshain – in der Fredersdorfer Straße. Die Kinder haben sich das Wort „Fredermäuse“ in ausgeschnittenen Buchstaben in die Fenster gehängt.

Die Kita ist ein „Haus der kleinen Forscher“: Pionierin eines Stiftungsprojektes, das die Kleinen spielerisch an Naturwissenschaften heranführt.

Es hat sich bei jungen Müttern und Vätern schnell herumgesprochen, dass die Grundschullehrer in der Umgebung besonders angetan sind von den Fredermäusen. Und so notiert Hartenbach für jeden ihrer Plätze, die sie vergeben kann, mindestens zwei Bewerber.

„Eltern machen Werbung für uns. Das macht uns stolz“, sagt die Leiterin. „Aber wir sind ausgelastet.“ Mehr als 210 Kinder dürfen nicht über den Abenteuerspielplatz und durch die Forscherecken voller gefärbter Zuckerwürfel, Taschenlampen und Kinderpipetten jagen, so wollen es Gesetz und Kita-Aufsicht.

Vor Kurzem hat Hartenbach in der Zeitung gelesen, dass allein in ihrem Bezirk 2012 rund 1500 Plätze für Betreuung fehlen werden. Wo, hat sie sich gefragt, sollten wir die noch hernehmen?

Zuwachs hat sich verlangsamt

Vergangene Woche präsentierte das Statistische Bundesamt die jüngsten Daten für ganz Deutschland. Gemessen an den Ansprüchen der Politiker, sehen sie schlecht aus. Gemessen an denen der Eltern, katastrophal.

So stieg zwar die Zahl der Plätze für unter Dreijährige bundesweit um 45 000 auf 517 000. Doch der Zuwachs hat sich merklich verlangsamt. Und es sind ohnehin viel zu wenige, um den Ansprüchen von Eltern gerecht zu werden, die arbeiten wollen – und meistens auch müssen.

Ab dem 1. August 2013 benötigen Bund, Länder und Kommunen mindestens 750 000 Plätze. So haben sie es 2007 versprochen, und nur so lässt sich der dann gültige Rechtsanspruch auf ein ausreichendes Angebot ansatzweise halten.

Zwölf Milliarden Euro sollte das kosten, vier wollte der Bund zahlen, vier die Länder, vier die Kommunen. Doch Familienministerin Kristina Schröder (CDU) und ihre Kollegen sind weit davon entfernt.

Wer nach den Gründen dafür sucht, findet zunächst keine Antworten, aber viele Schuldige.

Schröder verweist darauf, dass Mittel des Bundes bereitstünden, jedoch nicht abgerufen würden. Die Länder wiederum beklagen, das Geld reiche nicht, schließlich seien die Bedarfsprognosen zu gering.

Die Kommunen beschweren sich, finanziell für etwas in die Pflicht genommen zu werden, das sie nicht mit beschlossen haben.

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