
Für die Ausbildung einer Schülerin oder eines Schülers an öffentlichen Schulen gaben die öffentlichen Haushalte im Jahr 2014 durchschnittlich 300 Euro mehr aus als im Jahr 2013. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, betrugen die Ausgaben je Schülerin beziehungsweise Schüler im Jahr 2014 durchschnittlich 6700 Euro. Aktuellere Zahlen liegen bislang offenbar nicht vor.
Die Ausgaben variierten zwischen den einzelnen öffentlichen Schularten. An allgemeinbildenden Schulen wurden durchschnittlich 7400 Euro ausgegeben und an beruflichen Schulen 4600 Euro. Die Ausgaben je Schülerin beziehungsweise Schüler an Grundschulen betrugen 5900 Euro und an Gymnasien 7800 Euro. Bei den Berufsschulen im dualen System lagen sie bedingt durch den Teilzeitunterricht nur bei 2900 Euro.
Der größte Teil der Ausgaben für öffentliche Schulen wurde für das Personal aufgewendet. Hierauf entfielen im Bundesdurchschnitt 5500 Euro je Schülerin und Schüler. Für die Unterhaltung der Schulgebäude, Lehrmittel und dergleichen wurden durchschnittlich 900 Euro und für Baumaßnahmen sowie andere Sachinvestitionen wurden durchschnittlich 400 Euro je Schülerin beziehungsweise je Schüler ausgegeben.
Wie steht es um das Modell Ganztagsschule in Deutschland?
Bis in die 90er Jahre hinein gab es Gegenwind - besonders von konservativer Seite. Kritiker befürchteten, durch die lange Lernzeit würden Familien auseinandergerissen. Der Wunsch nach mehr Berufstätigkeit von Frauen, vor 15 Jahren dann das miserable Abschneiden deutscher Schüler beim PISA-Vergleichstest brachten die Wende - und ein vier Milliarden Euro teures Ausbauprogramm. Inzwischen verkünden Politiker stolz, dass Ganztagsschulen fest verankert seien. In Zahlen: An sechs von zehn Schulen gibt es solche Angebote, genutzt von 2,7 Millionen der elf Millionen Schüler in Deutschland (2014). Unterschieden wird zwischen offenen Formen, die sich lediglich als Angebot verstehen (zwei Drittel), und gebundenen Formen - hier müssen Schüler am Nachmittagsprogramm teilnehmen.
Fachleute knüpfen hohe Erwartungen an den längeren gemeinsamen Unterricht. „Die Ganztagsschule hat das Potenzial, Nachteile, die Kinder im Elternhaus haben, abzufedern und so die Chancengleichheit zu verbessern“, sagt etwa der renommierte Bildungsforscher Klaus Klemm, der am Bertelsmann-Report federführend mitarbeitete. Er favorisiert gebundene Angebote, um den Unterricht zu entzerren. Studien haben gezeigt, dass dann auch zunehmend kostenlose Nachhilfeangebote zur Verfügung stehen.
Wer bis zum späten Nachmittag an der Schule ist, wird nicht unbedingt klüger - aber womöglich ein freundlicherer, ausgeglichenerer Mensch: So lässt sich die Mitte April veröffentlichte „Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen“ (StEG) für das Bundesbildungsministerium zusammenfassen. Die vierjährige Forschungsarbeit an 140 Grundschulen und Schulen der Sekundarstufe fand positive Wirkungen auf soziale Kompetenz, Motivation und Selbstbild der Schüler - wohlgemerkt: bei guten Ganztagsangeboten. Weiter heißt es: „Unmittelbare Effekte auf die Entwicklung ihrer fachlichen Kompetenzen zeigten sich jedoch nicht.“ Die Studie fordert, Schulen sollten stärker auf die Qualität ihrer Ganztagsangebote achten - eine schnöde Hausaufgabenbetreuung durch Ehrenamtliche reiche nicht. Denn wichtig sei die Verzahnung mit den Unterrichtsthemen. Doch daran hapert es oft.
Die Bandbreite ist riesig, wie der aktuelle Ländervergleich für gebundene Ganztagsschulen zeigt. Bei Zusatz-Lernzeiten und -Personal sei Deutschland „ein Flickenteppich“, bilanziert die Stiftung. Ein Beispiel für das Auseinanderklaffen der Angebote: Während Ganztagsschule für hessische Schüler bis zu 22 Extra-Wochenstunden bedeutet, sind es in vielen ostdeutschen Ländern ganze vier. Das von den Ländern für zusätzliches Fachpersonal bereitgestellte Geld schwankt ebenfalls dramatisch. Hinzu kommt: Zusätzliche Lernzeit und Personalausstattung sind in vielen Bundesländern nicht aufeinander abgestimmt. Eine gute Relation „bieten in allen Stufen gebundener Ganztagsschulen lediglich Berlin und das Saarland“, heißt es.
Wenn nur wenig Extra-Zeit und kaum zusätzliches Fachpersonal zur Verfügung stehen, wird das nicht viel mit der Ganztagsschule, kritisieren Bildungsforscher. „Das ist dann nah an reiner Betreuung. Es hilft berufstätigen Eltern - aber dass dort etwas pädagogisch Förderliches geschieht, ist nicht zu erwarten“, sagt Studien-Autor Klemm. Auch Bildungsökonom Ludger Wößmann vom ifo Institut meint, das bisherige Ganztagsschulsystem sei oft kaum mehr als eine „Verwahrung der Kinder nach dem Mittagessen“. Entzerrte Bildungsangebote und viel Zeit für individuelles Lernen seien weiterhin eine Ausnahme - und das, obwohl bei Elternumfragen Ganztags-Befürworter mittlerweile deutlich in der Mehrheit seien.
Es wird nicht gleich Geld für Ganztagsschulen regnen in den Ländern, aber die Forschungsergebnisse sprechen doch eine deutliche Sprache: Mehr Zusatz-Personal und mehr Unterrichtsqualität sind flächendeckend nötig. Die Bildungsgewerkschaften werden nicht locker lassen: „Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass die Bildungschancen eines Kindes noch immer stark abhängig sind von dem Bundesland, in dem es zur Schule geht“, sagt Udo Beckmann vom Verband Bildung und Erziehung (VBE). Er fordert „verbindliche Standards“. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im eigentlich gut benoteten Berlin verlangt für Ganztagsschulen einen Qualitätsschub: „Da müssen wir Geld in die Hand nehmen“, sagt GEW-Landeschefin Doreen Siebernik.
Die höchsten Ausgaben je Schülerin und Schüler wurden für die Stadtstaaten Berlin und Hamburg (jeweils 8500 Euro) ermittelt, die niedrigsten für Schleswig-Holstein (5800 Euro) und Nordrhein-Westfalen (5900 Euro). Bei einem Ausgabenvergleich zwischen den Bundesländern ist zu beachten, dass sich die Schulstruktur und das Unterrichtsangebot in den einzelnen Ländern unterscheiden, zum Beispiel in der Ganztagsbetreuung, den Schüler-Lehrer-Relationen, der Besoldungsstruktur oder im Gebäudemanagement.