BIP in der Euro-Zone Konjunktur in Europa nimmt Fahrt auf

Die Euro-Zone hat ihr Wachstumstempo im ersten Quartal überraschend verdoppelt. Das ist der stärkste Zuwachs seit einem Jahr. Ist das Grund zum Jubel? Oder ist Skepsis angesagt? Wie Ökonomen die Daten bewerten.

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Das Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone hat sich im ersten Quartal verdoppelt. Quelle: dpa

Brüssel Die Wirtschaft der Euro-Zone hat ihr Wachstumstempo zu Jahresbeginn überraschend verdoppelt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg in den ersten drei Monaten um 0,6 Prozent zum Vorquartal, ergab die am Freitag erstmals veröffentliche Schnellschätzung des Statistikamts Eurostat. Das ist der kräftigste Zuwachs seit einem Jahr.

Von Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Plus von 0,4 Prozent gerechnet, nachdem es in den beiden Vorquartalen jeweils nur 0,3 Prozent waren. Die Konjunkturerholung drückt die Arbeitslosigkeit auf den tiefsten Stand seit fast fünf Jahren: Im März hatten rund 16,4 Millionen Frauen und Männer keinen Job - 226.000 weniger als im Februar und fast 1,5 Millionen weniger als ein Jahr zuvor.

Die Währungsunion schlug sich zum Jahresauftakt weit besser als die weltgrößte Volkswirtschaft USA: Diese kam nur auf ein BIP-Plus von rund 0,1 Prozent, da sie unter dem starken Dollar und der schwachen Weltkonjunktur leidet. „Die Wirtschaft im Euro-Raum hat einen fulminanten Start ins Jahr 2016 hingelegt“, unterstrich Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. „Das ist überraschend viel und deutlich über dem Trend“, ergänzte der Europa-Chefvolkswirt der Nordea Bank, Holger Sandte. „Zudem hat sich das Wachstum - anders als in den USA und Großbritannien - zu Jahresbeginn beschleunigt.“

Was dazu geführt hat, will Eurostat erst am 13. Mai erläutern. Erste Daten aus den Euro-Ländern deuten darauf hin, dass kauffreudige Verbraucher die Konjunktur angeschoben haben. „Nicht zuletzt die niedrige Inflation stützt den privaten Verbrauch“, führte Sandte aus. Im April fielen die Verbraucherpreise in der Euro-Zone um 0,2 Prozent. Die französische Wirtschaft wuchs im ersten Quartal um 0,5 Prozent, weil die Ausgaben der Haushalte so stark zulegten wie seit 2004 nicht mehr. Spanien schaffte sogar ein Plus von 0,8 Prozent. Daten aus Deutschland werden erst für den 13. Mai erwartet.

Experten halten Euphorie allerdings für übertrieben. „Vor Jubelstürmen sei gewarnt“, sagte Commerzbank-Ökonom Weil. „Das starke Plus ist teilweise auf Sonderfaktoren wie Kalendereffekte und den milden Winter zurückzuführen. Zudem muss sich die Verlässlichkeit dieser erstmals veröffentlichten Schätzung erst noch erweisen.“

Bislang hat Eurostat erst 45 Tage nach Quartalsende eine erste Wachstumszahl genannt, die endgültigen Daten folgten dann weitere 20 Tage später. Die Schnellschätzung soll nun schon rund 30 Tage nach Quartalsende veröffentlicht werden, kann aber später noch Revisionen nach sich ziehen. So wird es auch in den USA gehandhabt.

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