Bis zu 7000 Euro Kosten Agentur verkauft Termine von SPD-Spitzenpolitikern

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Keine Gegenleistung erwartet

Nach Recherchen von Frontal21 nahm Justizminister Heiko Maas an zwei  „vorwärts-Gesprächen“ teil, zuletzt am 12. Oktober 2016. Sponsor dieses Treffens zum Thema „Datenschutz in der digitalen Welt“ war die niederländische Bank Ing-Diba. Er habe von einem Sponsoring nichts gewusst, sagte Maas gegenüber mit Frontal21: „Die Frage, wie solch eine Veranstaltung zustande kommt, wer teilnimmt, wer sie organisiert und wer sie finanziert, ist jetzt nicht das Thema für mich.“ Zweck des Treffens sei ein Kennenlernen gewesen, teilt die Ing-Diba auf Nachfrage mit. Eine Gegenleistung des Ministers erwarte die Bank nicht.

Die Staats- und Verwaltungsrechtlerin Sophie Schönberger bewertet diese Sponsoringpraxis als rechtswidrig. „Das verstößt zum einen gegen die Transparenzpflichten des Grundgesetzes.“ Die Parteien müssten ihre Finanzen offenlegen und transparent machen. „Das tun sie nicht, wenn alles, was in den GmbHs passiert, letztlich geheim ist und auch vom Bundespräsidenten nicht geprüft wird.“ Schönberger sagte, die Chancengleichheit unter den Parteien sei nicht mehr gegeben, „wenn auf diese Art und Weise die Minister aus ihrer Amtsstellung heraus den Parteien finanzielle Vorteile verschaffen können.“

Die SPD-Agentur NWMD bietet nach Frontal21-Recherchen auch einen sogenannten „parlamentarischen Abend“ gegen Geld an. Bei diesen Treffen sollten Mitglieder des Bundestages, deren Büroleiter sowie Abteilungs- und Referatsleiter aus verschiedenen Ministerien zugegen sein. Konkret liegt dem ZDF ein Angebot über 35 000 Euro vor.  Michael Koß, Experte für Parteienfinanzierung an der Ludwig-Maximilians-Universität München, hält solche Angebote für problematisch. Hier würden Verwaltungspersonen oder Referatsleiter beworben. „Wer die direkt beeinflussen kann, der spart sich eine Menge Mühe. Die schreiben am Ende das Gesetz.“

Dagegen, dass sich Politiker und Verwaltungsbeamte Interessen anhörten, sei grundsätzlich nichts einzuwenden, führte Koß aus. „Dass dafür dann Geld bezahlt wird, Geld, dass vielleicht andere Interessen nicht haben. Das ist sehr fragwürdig.“ Die NWMD teilte auf Nachfrage mit, dass „derartige Veranstaltungen nicht stattgefunden“ hätten.

Gegenüber Frontal21 legte die SPD Teile ihrer Sponsoreneinnahmen offen. So kassierte die Partei allein auf ihrem letzten Parteitag im Dezember 2015 knapp 550.000 Euro von Sponsoren. Wer wie viel zahlte, wollte die SPD „aus vertragsrechtlichen Gründen“ nicht mitteilen. Die Nichtregierungsorganisation LobbyControl sieht Parteisponsoring seit Jahren kritisch.

Christina Deckwirth von LobbyControl fordert Transparenz. „Wir bewegen uns in dem Bereich des Partei-Sponsorings fast wie in einem Schattenreich der Parteienfinanzierung. Die Öffentlichkeit muss wissen, welche Gelder an Parteien fließen, um nachvollziehen zu können, ob solchen Geldflüssen auch politische Entscheidungen folgen.“ (Meldung von Frontal21, Recherche-Partner der WirtschaftsWoche)

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