Bodenwertzuwachssteuer Dieser Vorschlag von Walter-Borjans ist ignorant und kontraproduktiv

Norbert Walter-Borjans Vorschlag, eine Bodenwertzuwachssteuer einzuführen, wäre kontraproduktiv für die Mobilisierung von Bauland. Quelle: dpa

Der neue Co-SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans möchte in der Steuerpolitik punkten. Doch sein Vorstoß, der Staat solle den Vermögenszuwachs bei Bauland abschöpfen, ist ebenso populistisch wie grotesk.

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Seinen alten Ruf als Robin Hood, der von Steuerbetrügern und Reichen nimmt, möchte Norbert Walter-Borjans gern wieder aufpolieren. Doch was ihm als früherer NRW-Finanzminister mit dem Ankauf von Steuer-CDs aus der Schweiz gelang, scheint nun in seiner neuen Position als Co-SPD-Vorsitzender gründlich zu misslingen.

Sein jüngster Vorschlag, eine Bodenwertzuwachssteuer einzuführen, ist ein klarer Beleg dafür. Walter-Borjans nutzt den Ärger von Mietern und den Neid derer, die nicht beizeiten beherzt ein Häuschen gekauft haben (und sich dafür finanzielle krumm legen), um den rasanten Wertzuwachs von Immobilien für sich zu instrumentalisieren und eine Bodensondersteuer zu fordern. Ein solcher populistischer Affekt zur eigenen politischen Wertsteigerung ist für sich zunächst völlig legitim und weit verbreitet. Schwer wiegt jedoch, dass Walter-Borjans Vorschlag völlig an der Realität vorbei geht und kontraproduktiv für die Mobilisierung von Bauland wäre.

Realitätsfern ist der Vorschlag schon deshalb, weil der Verkauf von in Bauland umgewidmete Flächen seit langem schon stets mit hohen Steuerzahlungen einhergeht. Das liegt nicht nur an der Grunderwerbsteuer, mit der sich der Staat beim Verkauf schon mit bis zu 6,5 Prozent des Kaufpreises bereichert. Es liegt vor allem daran, dass ein Großteil des Bodens in Deutschland zum Betriebsvermögen gehört. Typischerweise sind es landwirtschaftliche Flächen, die irgendwann zu Bauland umgewidmet werden.

Was aber passiert beim Verkauf?

Der Landwirt hat den Boden als Betriebsvermögen in seiner Bilanz zu extrem niedrigen Werten stehen. Mit dem Verkauf werden die so genannten „stillen Reserven“ gehoben, der viel höhere Verkaufspreis führt zu hohen Bilanzgewinnen, die mit dem Einkommensteuersatz von bis zu 42 Prozent (plus Soli) zu versteuern sind. Diese hohe Steuerlast ist ein wichtiger Grund, warum viele Bauern vor dem Verkauf von Bauland zurückschrecken.

Um Bauland zu mobilisieren, hat beispielsweise der CSU-Bundestagsabgeordnete und Steuerberater Sebastian Brehm vor einigen Monaten steuerliche Entlastungsanreize ins Spiel gebracht. Wenn Bodenverkäufer ihren Veräußerungsgewinn binnen fünf Jahren reinvestieren, zum Beispiel in neue Wohnungen mit einer Sozialbindung, könnte ihnen die Gewinnsteuer erlassen werden, so die Überlegung.

Walter-Borjans Vorschlag dagegen geht in genau die andere Richtung. Der SPD-Co-Chef würde mit einer Bodenwertzuwachsteuer on top den Verkauf von Bauland noch unattraktiver machen und damit den Engpass beim Bauland weiter verschärfen. Das Nachsehen hätten alle diejenigen, die schon jetzt unter hohen Mieten, Kaufpreisen und Wohnraumknappheit leiden.

Vielleicht sollte Walter-Borjans sich eine alte Weisheit zu Herzen nehmen: „Quidquid agis, prudenter agas et respice finem“, sagten einst die Römer. Auf deutsch: Was man auch tut, man sollte die Konsequenzen stets bis zum Ende durchdenken.

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