Brexit DIHK-Chef fordert Planungssicherheit für Firmen

Mit Spannung war die Rede von May zum Brexit erwartet worden. DIHK-Chef Wansleben gingen die Ausführungen nicht weit genug. Auch Grünen-Chef Özdemir übte Kritik.

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Brexit: DIHK-Chef fordert Planungssicherheit für Firmen Quelle: dpa

Nach der Brexit-Grundsatzrede der britischen Premierministerin Theresa May hat der Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Martin Wansleben, mehr Klarheit über die künftigen Wirtschaftsbeziehungen gefordert. „Die Unternehmen brauchen Planungssicherheit und keine Verlängerung der Hängepartie. Denn sie müssen jetzt wissen, worauf sie sich einstellen müssen“, sagte Wansleben der Deutschen Presse-Agentur. „Frau May hat nur bei den Rechten der EU-Arbeitnehmer etwas Licht ins Dunkel gebracht. Zugleich hat sie neue Nebelkerzen gezündet. Noch immer wissen wir nicht, wie sich die britische Regierung ihre Übergangsphase von zwei Jahren vorstellt und was anschließend folgen soll“, meinte Wansleben.

Großbritannien verlässt Ende März 2019 die EU. May hatte am Freitag in ihrer Rede in Florenz eine daran angeknüpfte Übergangsfrist von zwei Jahren angeregt. Das werde „wertvolle Sicherheit schaffen“. EU-Ausländer sollten sich auch während dieser Phase in Großbritannien niederlassen dürfen, sagte sie. Es werde aber Änderungen geben: „Wir werden EU-Bürger darum bitten, sich zu registrieren.“ Das werde ein Teil der neuen Einwanderungsregeln sein, die nach der Übergangsphase in Kraft treten sollen.

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte, auch nach der Rede wisse man nicht, welche konkreten Vorstellungen die britische Regierung habe. „Doch der Brexit darf uns nicht von unserer eigentlichen Herausforderung abzulenken: nämlich, die Europäische Union wieder zu stärken und voranzubringen.“ Der Brexit sei zutiefst bedauerlich, aber er werde Europa nicht umbringen. „Wir müssen uns jetzt auf den Zusammenhalt der restlichen 27 EU-Mitgliedstaaten konzentrieren.“

Die US-Ratingagentur Moody's korrigierte ihre Einschätzung der Kreditwürdigkeit Großbritanniens nach unten. Das Rating werde von „Aa1“ auf „Aa2“ gesenkt, teilte Moody's mit. Die Aussicht für die Staatsfinanzen habe sich „erheblich verschlechtert“, hieß es zur Begründung der Abwertung. Es seien steigende Schulden zu erwarten, der Erfolg von Konsolidierungsbemühungen sei fraglich. Die Probleme würden durch eine wahrscheinliche wirtschaftliche Abschwächung auf mittlere Sicht infolge des Austritts aus der Europäischen Union verschärft.

EU-Brexitunterhändler Michel Barnier zeigte sich grundsätzlich offen für die von May gewünschte Übergangsphase. „Die Aussagen sind ein Schritt nach vorn, aber sie müssen nun in konkrete Verhandlungspositionen übersetzt werden.“ Er sprach von einem konstruktiven Ansatz. Großbritannien zahlt jährlich etwa zehn Milliarden Euro netto in den EU-Haushalt ein. Bei einer zweijährigen Übergangsphase müsste London demnach noch ungefähr 20 Milliarden Euro trotz Brexits einzahlen. Damit wäre allerdings nur ein Teil der 60 bis 100 Milliarden Euro abgegolten, die London nach EU-Schätzungen noch zahlen muss. Diese Rechnung umfasst gemeinsam eingegangene EU-Finanzverpflichtungen für Haushalt, Fördertöpfe und Pensionslasten. Die Schlussrechnung ist der größte Knackpunkt bei den bislang sehr zäh verlaufenden Brexit-Verhandlungen.

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