BSI-Präsident Faesers teurer Abstellposten für Schönbohm

Arne Schönbohm, der bisherige Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik Quelle: dpa

Um den ungeliebten BSI-Präsidenten auf einen Abstellposten abschieben zu können, stuft das Innenministerium den Führungsposten einer Kleinstbehörde massiv hoch. Ob das aber den Streit befrieden kann, ist fraglich.

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Die Vorlage kam in der jüngsten Sitzung des Haushaltsausschusses des Bundestages zu später Stunde auf den Tisch. In einer Vorlage des Bundesinnenministeriums fand sich der Vermerk, dass der Präsident der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung, kurz BAköV, Alexander Eisvogel, künftig nach Besoldungsstufe 8 bezahlt werden solle. Bis dato war Eisvogel in Besoldungsstufe B6 eingruppiert

Die Beförderung überrascht angesichts der Tatsache, dass die Behörde mit Sitz im rheinischen Städtchen Brühl, zwischen Köln und Bonn gelegen, gerade einmal 55 Beschäftigte hat. Und sie erschließt sich erst, wenn man weiß, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser dringend einen Versorgungsposten für Arne Schönbohm, den bisherigen Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, benötigt. Schönbohm war bisher auf einem B8-Posten tätig, Faeser hatte ihn Mitte Oktober kaltgestellt und am 18. Oktober ein Ausübungsverbot für seine Tätigkeit als BSI-Chef ausgesprochen.

Auslöser waren Vorwürfe des ZDF-Entertainers Jan Böhmermann, der Schönbohm am 7. Oktober in der TV-Sendung „Magazin Royale“ Kontakte in russische Geheimdienstkreise vorgeworfen und ihn als „Cyberclown“ tituliert hatte. Seither hing der Haussegen zwischen Berlin und Bonn erkennbar schief. Weil Faeser aber über Tage jeglichen Belege eines konkreten Fehlverhaltens schuldig blieb, hatte Schönbohm selbst am 17. Oktober um Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich gebeten, in dem sein mögliches Fehlverhalten als Behördenchef geprüft werden sollte.

Dieses Verfahren ist nach Informationen aus Berlin bis heute nicht in Gang gekommen. Das ist umso brisanter, da das Tätigkeitsverbot nach drei Monaten automatisch erlischt, sofern das Innenministerium kein Disziplinarverfahren einleitet. Und dahinter scheint ein Plan zu stecken. Denn offenbar plant Faeser, Schönbohm durch eine Verschiebung zur BAköV ohne weitere juristische Prüfungen oder Belege eines Fehlverhaltens aus dem BSI entfernen zu können. 

Beamtenrechtlich wäre das, nach dem satten Zuschlag für die Funktion des BAköV-Präsidenten, möglich. Denn, sofern Schönbohm keine Verstöße gegen Vorgaben oder Vorschriften nachweisbar sind, bleibt Faeser nur eine Versetzung auf einen „gleichwertigen“ Posten.

Pro Forma wäre das durch die nächtliche Anpassung des Besoldungsschlüssels im Haushaltsausschuss nun möglich. Faktisch allerdings bliebe es bei einer Degradierung. Im BSI arbeiten laut Stellenplan im laufenden Jahr 1732 Menschen, in der BAköV gerade mal 55, die Fortbildungsveranstaltungen der Bundesverwaltung mit externen Dozenten organisieren.



Auf Nachfrage, was die Hochstufung um zwei Besoldungsstufen rechtfertige, erklärte das Innenministerium inzwischen vor der Bundespressekonferenz, zukünftig solle der Präsident der BAköV „auch die neue Aufgabe des Sonderbeauftragten für die Modernisierung der Fortbildungslandschaft des Bundes wahrnehmen“. Er solle neue, grundlegende Überlegungen und Planungen entwickeln, die an die bisherige Fortbildungslandschaft beim Bund und insbesondere an die Praxis und Erfahrungen der BAköV anknüpften.

Immerhin, sollte Faeser Schönbohm tatsächlich von der Bonner Behörde ins ländliche Umland der alten Hauptstadt abschieben wollen, mit dem derzeitigen Präsidenten der BAköV hätte sie einen passenden Beamten für den Ringtausch ins BSI. Schließlich war Alexander Eisvogel bis zu seinem Wechsel nach Brühl Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

Der Ex-Geheimdienstler wäre sicherlich eher auf Linie des Innenministeriums, das sich unter Faeser für eine stärkere Überwachung digitaler Kommunikation mithilfe digitaler Mittel starkmacht, als der bisherige BSI-Chef Schönbohm. Der hatte sich als Cyberschützer immer wieder vehement gegen eine Ausnutzung etwa von Software-Schwachstellen durch staatliche Ermittler ausgesprochen und war auch damit in Berlin angeeckt. 

Die eiligen Verschiebungen in den behördlichen Gehaltsstrukturen sind auch insofern bemerkenswert, als dem Innenministerium die Zeit davon läuft. Denn eigentlich hätten Faesers Ministeriale dem Verwaltungsgericht in Köln aufgrund eines Eilantrags bis diese Woche Dienstag, 15. November, konkrete Belege vorlegen müssen, anhand derer die Rechtmäßigkeit und Angemessenheit des Tätigkeitsverbotes für Schönbohm hätten geprüft werden können. Die aber konnte das Innenministerium offensichtlich nicht liefern, hat daher Fristverlängerung beantragt und laut einem Gerichtssprecher nun einen Aufschub bis zum 9. Dezember bekommen. 

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Das wäre ganz im Sinne des Ministeriums, denn wenn nach dem Haushaltsausschuss in den Parlamentsberatungen auch der Bundestag als Ganzes den satten Nachschlägen für den BAköV-Chef zustimmt, könnte Faeser Schönbohm wahrscheinlich noch vor Ablauf der Gerichtsfrist nach Brühl abschieben. Ob das allerdings das bereits laufende Verfahren tatsächlich stoppen könnte, beziehungsweise ob sich Schönbohms Ausbootung auch nachträglich noch als unrechtmäßig erweisen könnte, das prüfen derzeit die Juristen.

Transparenzhinweis: Auf Nachfrage in der Bundespressekonferenz hat das Innenministerium mittlerweile eine Begründung für die Hochstufung geliefert. Diese wurde in einem Absatz ergänzt. In einer früheren Fassung des Artikels hieß es zudem, dass im Zuge der vom Innenministerium beantragten Hochstufungen auch der Posten des BSI-Chefs auf B9 angehoben werde. Diese Aussage hat sich als Fehlinformation herausgestellt. Der entsprechende Absatz wurde daher gestrichen.

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