Bsirske kritisiert Rentenniveau Deutsche sollen höhere Steuern zahlen und Rente retten

Künftige Rentner müssen mit einem sinkenden Rentenniveau zurechtkommen - und Altersarmut dürfte für mehr Menschen zum Existenzproblem werden. Der Verdi-Chef fordert kräftiges Gegensteuern.

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Frank Bsirske ist Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Quelle: dpa

Verdi-Chef Frank Bsirske pocht auf zusätzliche Milliardenausgaben für eine Stabilisierung der gesetzlichen Rente in den kommenden Jahren. „Das Rentenniveau zu sichern und dafür zu sorgen, dass Menschen nach jahrzehntelanger Arbeit über die Runden kommen, ist eine erstrangige gesellschaftliche Aufgabe“, sagte Bsirske der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Der Gewerkschaftsvorsitzende erwartet nach eigenen Angaben, dass SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz das Thema im Wahlkampf auf die Tagesordnung setzt. „Hätten wir heute schon das Rentenniveau, das von den politischen Mehrheiten bis 2030 billigend in Kauf genommen wird, dann hätte jemand, der sein Arbeitsleben lang 2500 Euro verdient hat, nach 40 Beitragsjahren ein Rentenanspruch von 809 Euro“, mahnte Bsirske. Über 50 Prozent der Arbeitnehmer kämen aber gar nicht auf 2500 Euro, viele auch nicht auf 40 Beitragsjahre.

Altersvorsorge: So viel Rente darf der Standardrentner erwarten

Millionen Menschen könnten laut Bsirske also noch nicht einmal mit 809 Euro rechnen, während die Grundsicherung heute im Schnitt bei 794 Euro liegt. „Immer mehr Rentner sind also auf Grundsicherung angewiesen“, sagte er. „Das delegitimiert das soziale Sicherungssystem Rente grundlegend.“ Nötig sei deshalb eine Stabilisierung des Rentenniveaus, also des Verhältnisses des Durchschnittslohns zur Rente. „Dazu brauchen wir aber ergänzende Maßnahmen, um die gesetzliche Rente armutsfest zu machen.“ So sei die Erwerbsminderungs- und -unfähigkeitsrente derzeit das manifesteste Armutsrisiko. Auf Abschläge müsse hier komplett verzichtet werden. „Und wir brauchen eine Mindestrente.“

So viel Rente bekommen Sie
DurchschnittsrentenLaut den aktuellen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung bezogen Männer Ende 2014 eine Durchschnittsrente von 1013 Euro. Frauen müssen inklusive Hinterbliebenenrente mit durchschnittlich 762 Euro pro Monat auskommen. Quellen: Deutsche Rentenversicherung; dbb, Stand: April 2016 Quelle: dpa
Ost-Berlin mit den höchsten, West-Berlin mit den niedrigsten RentenDie Höhe der Rente schwankt zwischen den Bundesländern. Männer in Ostberlin können sich mit 1147 Euro Euro über die höchste Durchschnittsrente freuen. In Westberlin liegt sie dagegen mit 980 Euro am niedrigsten. Aktuell bekommen männliche Rentner: in Baden-Württemberg durchschnittlich 1107 Euro pro Monat in Bayern durchschnittlich 1031 Euro pro Monat in Berlin (West) durchschnittlich 980 Euro pro Monat in Berlin (Ost) durchschnittlich 1147 Euro pro Monat in Brandenburg durchschnittlich 1078 Euro pro Monat in Bremen durchschnittlich 1040 Euro pro Monat in Hamburg durchschnittlich 1071 Euro pro Monat in Hessen durchschnittlich 1084 Euro pro Monat in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 1027 Euro pro Monat in Niedersachsen durchschnittlich 1051 Euro pro Monat in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich 1127 Euro pro Monat im Saarland durchschnittlich 1115 Euro pro Monat in Sachsen-Anhalt durchschnittlich 1069 Euro pro Monat in Sachsen durchschnittlich 1098 Euro pro Monat in Schleswig-Holstein durchschnittlich 1061 Euro pro Monat in Thüringen durchschnittlich 1064 Euro pro Monat Quelle: AP
Frauen mit deutlich weniger RenteFrauen im Ruhestand bekommen gut ein Drittel weniger als Männer. Auch sie bekommen in Ostberlin mit durchschnittlich 1051 Euro die höchsten Bezüge. Am wenigsten bekommen sie mit 696 Euro in Rheinland-Pfalz. Laut Deutscher Rentenversicherungen beziehen Frauen inklusive Hinterbliebenenrente: in Baden-Württemberg durchschnittlich 772 Euro pro Monat in Bayern durchschnittlich 736 Euro pro Monat in Berlin (West) durchschnittlich 861 Euro pro Monat in Berlin (Ost) durchschnittlich 1051 Euro pro Monat in Brandenburg durchschnittlich 975 Euro pro Monat in Bremen durchschnittlich 771 Euro pro Monat in Hamburg durchschnittlich 848 Euro pro Monat in Hessen durchschnittlich 760 Euro pro Monat in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 950 Euro pro Monat in Niedersachsen durchschnittlich 727 Euro pro Monat in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich 749 Euro pro Monat im Saarland durchschnittlich 699 Euro pro Monat in Sachsen-Anhalt durchschnittlich 964 Euro pro Monat in Sachsen durchschnittlich 983 Euro pro Monat in Schleswig-Holstein durchschnittlich 744 Euro pro Monat in Thüringen durchschnittlich 968 Euro pro Monat Quelle: dpa
Beamtenpensionen deutlich höherStaatsdienern geht es im Alter deutlich besser. Sie erhalten in Deutschland aktuell eine Pension von durchschnittlich 2730 Euro brutto. Im Vergleich zum Jahr 2000 ist das ein Zuwachs von knapp 27 Prozent. Zwischen den Bundesländern schwankt die Pensionshöhe allerdings. Während 2015 ein hessischer Staatsdiener im Ruhestand im Durchschnitt 3150 Euro ausgezahlt bekam, waren es in Sachsen-Anhalt lediglich 1940 Euro. Im Vergleich zu Bundesbeamten geht es den Landesdienern dennoch gut. Im Durchschnitt kommen sie aktuell auf eine Pension von 2970 Euro. Im Bund sind es nur 2340 Euro. Quelle: dpa
RentenerhöhungIm Vergleich zu den Pensionen stiegen die normalen Renten zwischen 2000 und 2014 deutlich geringer an. Sie wuchsen lediglich um 15,3 Prozent. Quelle: dpa
Reserven der RentenkasseDabei verfügt die deutsche Rentenversicherung über ein sattes Finanzpolster. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung betrug die sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage Ende 2014 genau 35 Milliarden Euro. Das sind rund drei Milliarden Euro mehr als ein Jahr zuvor. Rechnerisch reicht das Finanzpolster aus, um fast zwei Monatsausgaben zu bezahlen. Nachfolgend ein Überblick, mit welcher Rente die Deutschen im aktuell im Durchschnitt rechnen können: Quelle: dpa
Abweichungen vom StandardrentnerWer 45 Jahre in den alten Bundesländern gearbeitet hat und dabei den Durchschnittslohn verdiente, bekommt pro Monat 1314 Euro ausgezahlt. Bei 40 Arbeitsjahren verringert sich die monatliche Auszahlung auf 1168 Euro. Wer nur 35 Jahre im Job war, bekommt 1022 Euro. Quelle: Fotolia

Heute würden viele Dinge nicht sachgerecht aus dem Rententopf mit Beitragsmitteln bezahlt, kritisierte der Verdi-Chef. Die Mütterrente werde komplett, die geplante Ost-West-Angleichung der Rente über weite Strecken aus der Rentenkasse finanziert. „Das muss aus Steuermitteln erfolgen“, forderte Bsirske. „Darüber hinaus werden wir über eine Anhebung des Beitragssatzes nicht umhinkommen.“ Dabei solle im Lauf der nächsten Jahre ein Beitragssatz bis zu 25 Prozent akzeptiert werden. „Das erfordert auch zusätzliche Bundeszuschüsse“, so Bsirske. „Das wird Mitte der 40er Jahre zwischen 10 und 20 Milliarden kosten.“ Das sollte aus seiner Sicht auch ohne Schwierigkeiten möglich sein.

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