Verdi-Chef Frank Bsirske pocht auf zusätzliche Milliardenausgaben für eine Stabilisierung der gesetzlichen Rente in den kommenden Jahren. „Das Rentenniveau zu sichern und dafür zu sorgen, dass Menschen nach jahrzehntelanger Arbeit über die Runden kommen, ist eine erstrangige gesellschaftliche Aufgabe“, sagte Bsirske der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Der Gewerkschaftsvorsitzende erwartet nach eigenen Angaben, dass SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz das Thema im Wahlkampf auf die Tagesordnung setzt. „Hätten wir heute schon das Rentenniveau, das von den politischen Mehrheiten bis 2030 billigend in Kauf genommen wird, dann hätte jemand, der sein Arbeitsleben lang 2500 Euro verdient hat, nach 40 Beitragsjahren ein Rentenanspruch von 809 Euro“, mahnte Bsirske. Über 50 Prozent der Arbeitnehmer kämen aber gar nicht auf 2500 Euro, viele auch nicht auf 40 Beitragsjahre.
Altersvorsorge: So viel Rente darf der Standardrentner erwarten
Die Prognosen beziehen sich auf den sogenannten Standardrentner, der 45 Jahre Beiträge gezahlt und immer das Durchschnittseinkommen der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten verdient hat. Die angegebene Bruttostandardrente versteht sich vor Steuern. Das Sicherungsniveau vor Steuern gibt das Verhältnis der Renten im Vergleich zum Durchschnittseinkommen der beitragszahlenden Beschäftigten abzüglich der durchschnittlichen Sozialversicherungsbeiträge an.
Quelle: Rentenversicherungsbericht 2015, Deutsche Rentenversicherung Bund, Stand: November 2015
Beitragssatz zur GRV: 19,9 %
Bruttostandardrente: 1224 Euro monatlich
Sicherungsniveau vor Steuern: 51,6 %
Beitragssatz zur GRV: 18,7 %
Bruttostandardrente: 1372 Euro monatlich
Sicherungsniveau vor Steuern: 47,7 %
Beitragssatz zur GRV: 18,7 %
Bruttostandardrente: 1517 Euro monatlich
Sicherungsniveau vor Steuern: 47,6 %
Beitragssatz zur GRV: 20,4 %
Bruttostandardrente: 1680 Euro monatlich
Sicherungsniveau vor Steuern: 46,0 %
Beitragssatz zur GRV: 21,5 %
Bruttostandardrente: 1824 Euro monatlich
Sicherungsniveau vor Steuern: 44,6 %
Millionen Menschen könnten laut Bsirske also noch nicht einmal mit 809 Euro rechnen, während die Grundsicherung heute im Schnitt bei 794 Euro liegt. „Immer mehr Rentner sind also auf Grundsicherung angewiesen“, sagte er. „Das delegitimiert das soziale Sicherungssystem Rente grundlegend.“ Nötig sei deshalb eine Stabilisierung des Rentenniveaus, also des Verhältnisses des Durchschnittslohns zur Rente. „Dazu brauchen wir aber ergänzende Maßnahmen, um die gesetzliche Rente armutsfest zu machen.“ So sei die Erwerbsminderungs- und -unfähigkeitsrente derzeit das manifesteste Armutsrisiko. Auf Abschläge müsse hier komplett verzichtet werden. „Und wir brauchen eine Mindestrente.“
Heute würden viele Dinge nicht sachgerecht aus dem Rententopf mit Beitragsmitteln bezahlt, kritisierte der Verdi-Chef. Die Mütterrente werde komplett, die geplante Ost-West-Angleichung der Rente über weite Strecken aus der Rentenkasse finanziert. „Das muss aus Steuermitteln erfolgen“, forderte Bsirske. „Darüber hinaus werden wir über eine Anhebung des Beitragssatzes nicht umhinkommen.“ Dabei solle im Lauf der nächsten Jahre ein Beitragssatz bis zu 25 Prozent akzeptiert werden. „Das erfordert auch zusätzliche Bundeszuschüsse“, so Bsirske. „Das wird Mitte der 40er Jahre zwischen 10 und 20 Milliarden kosten.“ Das sollte aus seiner Sicht auch ohne Schwierigkeiten möglich sein.