
Die Pleite von Lehman Brothers war nicht der Beginn einer Entflechtung von Staat und Finanzmarkt, sondern im Gegenteil der Auftakt zu einer neuen Kooperationstiefe, die alles Bisherige in den Schatten stellte. Die Wesensveränderung im marktwirtschaftlichen Organismus, die wir »Bastardisierung« genannt haben, erlebte nun einen neuen Schub.
Der Staat stellte sich nicht nur schützend vor die Finanzinstitute, sondern erwarb nun direkt Anteile an ihnen, beteiligte sich an AIG, Citigroup und Bank of America. In Deutschland gingen Hypo Real Estate, Commerzbank und Aareal Bank komplett oder teilweise in Staatshand über. In Frankreich und Großbritannien das gleiche Spiel. In rund 100 Geldinstitute weltweit wurden rund 1,3 Billionen Dollar an Steuerzahlergeld injiziert.
So ist inmitten der Marktwirtschaft eine Sonderwirtschaftszone entstanden, die nun auch offiziell nach anderen Gesetzmäßigkeiten funktioniert. Es ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit, bei dem die ehemaligen Gegenspieler Regierung und Finanzwelt nun für jedermann sichtbar gemeinsame Sache machen. Die Banken werden vom Staat gestützt und, wo nötig, gerettet und erhalten in hoher Dosis jene Geldbeträge, die zur Aufrechterhaltung ihres Betriebes notwendig sind. Die Staaten halten damit den fleißigsten Aufkäufer ihrer Schuldentitel liquide. Denn bebt die Bankenlandschaft, wackelt die seit den 70er Jahren gängige Staatsfinanzierung.
Seit Ausbruch der Bankenkrise flossen rund eine Billion Euro an direkter Staatshilfe und 2,5 Billionen Euro von den Notenbanken in das Finanzsystem. Für die Banken hatte der Staat damit die Funktion einer kostenlosen Rückversicherung übernommen, die im Schadensfall ohne Prüfung der Schuld auszahlt. Das senkt die Kosten der Geldindustrie und erhöht ihren Risikoappetit – bis heute.