Bürgermeister Rico Badenschier Warum Schwerin noch so geringe Infektionszahlen hat

Rico Badenschier ist seit sechs Jahren Bürgermeister von Schwerin. Quelle: Stadt Schwerin

Mecklenburg-Vorpommern ist das Bundesland mit den niedrigsten Corona-Infektionszahlen. Woran das liegt, erklärt Rico Badenschier, Bürgermeister der Landeshauptstadt Schwerin, im Interview.

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WirtschaftsWoche: Herr Badenschier, wann gab es die erste Corona-Infektion in Schwerin?
Rico Badenschier: Wir hatten unsere erste Corona-Infektion am 11. März. Es war ein Reiserückkehrer aus der Schweiz.

Warum kam die Pandemie erst so spät an?
Als Deutschland im März in den Lockdown gegangen ist, gab es hier noch sehr wenige Infektionen. Wir hatten also einen Zeitvorsprung, den wir nutzen konnten, um uns vorzubereiten. Der Virus bewegte sich vom Süden in den Nordosten. Auch in Schwerin waren die ersten Infizierten Reiserückkehrer aus dem Skiurlaub. Allerdings ist Schwerin bekanntlich keine Skihochburg. Und Skiurlauber aus Mecklenburg-Vorpommern fahren nicht nur in die Alpen, sondern auch ins Erzgebirge und Riesengebirge. Zeitgleich mit der ersten Infektion haben wir in Schwerin unser regionales Testzentrum zur Klärung von Corona-Verdachtsfällen eröffnet. Es war das erste von neun regionalen Testzentren im Bundesland, das arbeitsfähig war. Wir hatten das Glück, dass wir in der Startphase personelle Unterstützung durch den in unserer Stadt ansässigen Maximalversorger, die Helios Kliniken, hatten. Deshalb konnten wir sofort starten. Hinzu kommt unsere wirtschaftliche Struktur. Schwerin ist industriewirtschaftlich eher schwach aufgestellt. Wenn wir hier einen Automobilzulieferer hätten, der mit dem Weltmarkt im Austausch steht, wäre das sicher anders gelaufen. Sicherlich haben wir bisher einfach auch viel Glück gehabt. Bisher. Zwar kommt die zweite Welle jetzt wieder später hier an, aber sie kommt. Die Zahlen steigen.

Was macht die Stadt denn anders als die Risikogebiete im Umgang mit Corona?
Mecklenburg-Vorpommern hat eine schärfere Regelung, was Reiserückkehrer aus Risikogebieten angeht. Bei der Einreise aus einem Risikogebiet reicht in fast allen anderen Bundesländern, dass ein negativer Coronatest vorliegt. In unserem Bundesland müssen die Reisenden trotz negativen Testergebnis zwei Wochen in Quarantäne. Frühestens nach einem zweiten negativen Test nach fünf bis sieben Tagen kann die Quarantäne verkürzt werden. Ein Test nach dem Ausstieg aus dem Flugzeug ist nämlich nur eine Momentaufnahme. Der Virus kann sich auch noch Tage danach entwickeln. Unserer Stadt hat das allein in den letzten zwei Monaten schon drei Mal geholfen. Der zunächst negative Test entwickelte sich positiv. Aber auch unsere ärztliche Versorgung hebt sich von anderen Städten ab. Schwerin hat einen großen Krankenhausanbieter direkt vor Ort und zusätzlich ein großes ambulantes Labor. Als es einen Verdachtsfall in einer Schule gab, konnte in der großen Klinik am Wochenende ein Labortest durchgeführt werden. So musste der Test nicht erst auf die Öffnungszeiten der anderen Labore warten. Das ist in anderen Strukturen möglicherweise nicht machbar.


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Denken Sie, dass Schwerin auch ein Risikogebiet werden kann?
Ja. Auch wenn wir bislang noch recht niedrige Infektionszahlen haben, sind wir davor nicht sicher. Keiner kann wirklich voraussagen, wie sich das Virus noch entwickeln wird. Da Schwerin nur knapp 100.000 Einwohner hat, reichen bei einem Ausbruch in der Schule nur zwei Klassen, um den Schwellenwert zu überschreiten.

Rechnen Sie mit einem zweiten Lockdown?
Da bin ich kein Hellseher. Der Bund wird zumindest Schulen, Kitas und Geschäfte offenlassen. Ansonsten kann die Wirtschaft nicht überleben.

Mehr zum Thema: Nach den Lockerungen droht Deutschland ein neuer Lockdown. Die Redaktion hat bei Ministern, Unternehmern, Richtern, Künstlern und Gastronomen nachgefragt, wie gut wir auf die neue Infektionswelle vorbereitet sind.

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