Bürokratie So träge ist die deutsche Verwaltung für Unternehmen

Unternehmen in Deutschland beklagen eine große Bürokratie Quelle: imago images

Unternehmen werden gerade mit vielen Krisen und Problemen konfrontiert. Die deutsche Bürokratie schafft jedoch keine Abhilfe, sondern führt zu mehr Arbeit, so die Einschätzung der Unternehmen.

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Unternehmen in Deutschland beklagen eine große Bürokratie und haben der öffentlichen Verwaltung ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Eine Umfrage ergab, dass eine Mehrheit von 62 Prozent die Verwaltung entweder als weniger leistungsfähig (46 Prozent) ansieht oder als kaum leistungsfähig oder gar nicht leistungsfähig. So wird die lange Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren kritisiert.

Das ist das Ergebnis einer Unternehmensumfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Gemeinschaftsausschusses der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft. Diesem gehören zahlreiche Verbände an.

„Langwierige Verfahren kosten die Unternehmen Geld und Wettbewerbsfähigkeit“, so Industriepräsident Siegfried Russwurm als Vorsitzender des Gemeinschaftsausschusses. Um durch die aktuelle Krise zu kommen, müssten deutsche Unternehmen schnell auf steigende Energie- und Rohstoffkosten sowie angespannte Lieferketten reagieren können. „Träge Planungs- und Genehmigungsverfahren sind Gift für einen wettbewerbsfähigen Standort.“

Zu viel Bürokratie: Das halten Unternehmer vom neuen Entlastungsgesetz
Patrick Junge, Chef und Gründer der Restaurantkette Peter Pane„Die vorliegenden Entwürfe reichen aktuell nicht, um eine Erleichterung auf Unternehmensseite tatsächlich in die Realität zu überführen. Die letzten Jahre haben sich Politik und Gesellschaft zu wenig der Verantwortung gestellt. Die Folge sind langwierige Entscheidungsprozesse in der Bürokratie. Als Unternehmer mit Verantwortung und in der Vollhaftung liegt es in der Natur, Dinge umzusetzen. Es geht dabei weniger um die Form der Übermittlung von Schriftstücken, als mehr um den Willen hin zu einem positiven Ergebnis“ Quelle: PR
Michael Huber, Generalbevollmächtigter der Brauerei C. & A. Veltins„Es ruckelt in vielen Ämtern doch schon seit Jahren an allen Ecken und Enden. Alleine der latente Behördenruf nach immer neuen Gutachten, um immer neue, administrativ formulierte Bedenken auszuräumen, lässt doch tief blicken. Noch nie war der Beschäftigungsgrad von Ingenieurbüros in unserem Unternehmen so groß und kostspielig wie heute. Oft entsteht der Eindruck, dass sich Mittelbehörden aus vorauseilender Vorsicht nur absichern wollen. Wir brauchen auf dem Behördenweg eine berechenbare Geradlinigkeit. Jeder Schritt in diese Richtung ist ein richtiger!“ Quelle: PR
Thomas Hoppe, Schülerkarriere GmbH:„Generell begrüße ich, dass die Bundesregierung versucht die schon seit Jahren überfällige Digitalisierung voranzutreiben und konkrete Vorschläge dafür hat. Leider zeigt aber auch die Vergangenheit, dass solche Bemühungen in vielen Verwaltungsstrukturen versanden und nur zu zögerlich umgesetzt werden. Aus meiner Sicht gehen aber Maßnahmen wie das Bürgergeld, auch wenn das schon vorher beschlossen worden ist, in die falsche Richtung da diese die Motivation Arbeit aufzunehmen verringern und weitere, dringend benötigte Arbeitskräfte vom Arbeitsmarkt oder der Weiterqualifizierung und dann dem Übergang in den Arbeitsmarkt fernhalten. Das Prinzip Fördern und Fordern wird hier komplett missachtet was mich als Unternehmer frustriert. Generell fehlen mir weitere Ideen, das Gründertum frühzeitig zu fördern, indem in den Schulen ein verpflichtendes Fach Wirtschaft in allen Schulformen eingeführt wird (dies ist leider durch den Föderalismus nur bedingt beeinflussbar, aber über den Bund könnten Businessplan Wettbewerbe analog der Jugend forscht initiiert werden). Wir brauchen mehr finanzielle und wirtschaftliche Grundbildung und eine bessere Akzeptanz für Unternehmer, die für den Wohlstand Deutschlands entscheidend sind. Auch die Förderlandschaft für Gründer sollte gestrafft und vereinheitlicht werden. Kurzum, einige Ideen gehen in die richtige Richtung durch Digitalisierung die Bürokratie abzubauen, Genehmigungsverfahren zu verkürzen und Impulse für die Wirtschaft zu schaffen, aber es bleibt abzuwarten, ob dies in der Praxis umgesetzt wird (Widerstände gegen Digitalisierung) und die Impulse wirklich ankommen.“ Quelle: PR
Andre Schulte-Südhoff, Geschäftsführer Schuko„Mit dem Bürokratieimpulspapier bin ich unzufrieden. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein – wirkliche Zeitfresser wie, A1 Bescheinigung, Lieferkettengesetz, Whistleblowerverordnung und sonstige Prioritätsthemen werden nicht angegangen. Im Grunde genommen sind alle diese Gesetze und Verordnungen gut gemeint gewesen, in der Auswirkung wird aber damit kostbare Lebenszeit vieler Menschen verschwendet bzw. man könnte es auch positiv ausdrücken: Es bleibt ein riesiges Konjunkturpaket für Beratungsunternehmen, da man das als normales kleines oder mittleres Unternehmen nicht selbstständig umgesetzt bekommt. Das ist kein wirklicher Impuls!“ Quelle: PR
Dr. Dirk Jandura, BGA-Präsident„Es ist gut, dass die Ampelkoalition erkannt hat, dass es dringenden Bedarf beim Bürokratieabbau für die Wirtschaft gibt. Besonders für die kleineren und mittleren Unternehmen ist die bürokratische Belastung kaum zu bewältigen und sind inzwischen zu einem richtigen Investitionshemmnis geworden. Der große Wurf ist der Ampel allerdings nicht gelungen. Die Reduzierung von Informationspflichten und die Verkürzung von Aufbewahrungsfristen ist schön und gut, aber da ist noch viel Luft nach oben. Ich vermisse zum Beispiel eine Vereinfachung bei den Aufzeichnungspflichten für Sachzuwendungen an Geschäftskunden.“ Quelle: PR
Wilhelm Hahn, Geschäftsführer der Wiha Werkzeuge GmbH„Meines Erachtens nach geht der Gesetzesentwurf zumindest mal als erster Schritt in die richtige Richtung, aber wird bei weitem nicht ausreichen. Es bräuchte über weite Teile eine echte Struktur- und Verwaltungsreform mit einer einhergehenden Digitalisierungsoffensive. Leider werden zunehmend aktionistische Gesetze mit kurzer Halbwertszeit mit der heißen Nadel gestrickt. Eine echte Erneuerung der Bürokratie ist eine Strukturveränderung mit klarem Programm und Ziel, das sich über Jahre ziehen wird.“ Quelle: PR
André Schwämmlein, Gründer und Chef Flix„Unnötige bürokratische Belastungen abzubauen, ermöglicht Innovation und Wachstum. Im Mobilitätsbereich schafft der Entwurf zum BEG IV leider nicht mal einfachste Änderungen. Im Fernverkehr haben wir es mit langwierigen und komplizierten Beantragungsverfahren zu tun, mit Bedienverboten und fehlender Digitalisierung. Hier fehlen wichtige Initiativen – auch und vor allem zum Wohle der Reisenden. Im Detail: Wer verlangt, in monatelangen Prozessen hunderte Seiten Papier für Anträge postalisch zu verschicken, die ohnehin genehmigt werden müssen, und dann tausende gestempelte Urkunden auf Bussen durch Deutschland fahren lässt, die von der Polizei kontrolliert werden, verschwendet die Zeit von Polizei, Behörden und Unternehmen gleichermaßen. Mehr Digitalisierung würde hier innerhalb weniger Wochen Abhilfe schaffen.“ Quelle: PR

Für 65 Prozent der befragten Unternehmen ist zudem die Bürokratie in den vergangenen sieben Jahren größer geworden. „Eine Verwaltung, in der das Scannen eines Formulars und das Verschicken einer PDF-Datei schon als Digitalisierung gelten, kann sich Deutschland nicht mehr leisten“, sagte Russwurm. 65 Prozent der Unternehmen halten es für sehr wichtig, dass die Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland rasch Fortschritte macht.

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