Homeoffice, Schulen, Masken So wird der Lockdown verschärft

Der bis Ende Januar befristete Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Deutschland wird bis Mitte Februar verlängert. Quelle: dpa

Die Menschen in Deutschland werden sich wegen der Coronapandemie weiter stark einschränken müssen. Bis zum späten Abend verhandelten Bund und Länder, viel Redebedarf gab es bei den Schulen. Das sind die Beschlüsse.

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Es wird länger dauern, als allen lieb ist. Bund und Länder haben den Lockdown aus Sorge über die Virusmutation bis Mitte Februar verlängert. Auch Schulen und Kitas sollen nach dem Beschluss vom Dienstagabend bis dahin weiter geschlossen bleiben. Zugleich beschlossen Bund und Länder am Dienstagabend zusätzliche Einschränkungen: Die oft genutzten Alltagsmasken aus Stoff reichen künftig vielerorts nicht mehr aus. In Bus und Bahn sowie beim Einkaufen müssen die besser schützenden FFP2-Masken oder OP-Masken getragen werden. Medizinische Masken haben eine höhere Schutzwirkung als Alltagsmasken wie etwa Stoffmasken.

Ein Grund für die Verschärfung sei die „ernsthafte Gefahr“ durch die wahrscheinlich deutlich ansteckendere Mutation des Coronavirus, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach den Beratungen in Berlin. „Noch ist gewissermaßen Zeit, die ganze Gefährlichkeit auch einzudämmen.“ Dafür müsse aber jetzt gehandelt werden, sonst könnten die Infektionszahlen schnell stark ansteigen. „Es ist hart, was wir jetzt den Menschen noch einmal zumuten müssen“, sagte Merkel. Es gehe aber um Vorsorge für das Land und die Bürger, aber auch für Wirtschaft und Arbeitswelt, die unter einem explosionsartigen Anstieg von Infektionszahlen sehr stark leiden würden. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Was haben die Politiker für die Lockdown-Verlängerung beschlossen?

Nach dem Beschluss bleiben etwa die Restaurants und Bars, Freizeiteinrichtungen, Theater, Kinos sowie der Einzelhandel geschlossen. Ausnahmen gelten weiterhin für Supermärkte, Drogerien und andere Läden, die Lebensmittel verkaufen. Private Treffen sind weiter nur mit Angehörigen des eigenen Haushalts und einer weiteren Person erlaubt.

Längere und leidenschaftliche Diskussionen gab es zwischen Bund und Ländern über den Umgang mit den Schulen. Man einigte sich schließlich, dass Schulen wie bisher entweder grundsätzlich geschlossen bleiben oder die Präsenzpflicht ausgesetzt wird. In dem Fall werden Eltern häufig gebeten, ihre Kinder nicht zur Schule zu schicken. Gleiches gilt für Kindertagesstätten.

Die Verhandlung zwischen Bund und Ländern sei geprägt gewesen von der Frage, was man Eltern und Kindern zumuten könne, sagte Merkel. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann kündigte an, Grundschulen und Kitas voraussichtlich vom 1. Februar an schrittweise und vorsichtig wieder öffnen zu wollen, „wenn die Infektionslage das zulässt“.

Um Kontakte am Arbeitsort, aber auch auf dem Weg zur Arbeit zu reduzieren, müssen Arbeitgeber künftig wo immer es möglich ist, Arbeit im Homeoffice ermöglichen. Die Beschäftigten bitten Bund und Länder, solche Angebote auch zu nutzen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat bereits einen Entwurf für eine Homeoffice-Verordnung vorgelegt. Demnach sollen Arbeitgeber ab einer sogenannten Sieben-Tage-Inzidenz von 50 verpflichtet werden, „den Beschäftigten im Falle von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung (Homeoffice) auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen“.

Kontakte sollen weitgehend reduziert werden, heißt es in dem Schreiben. „Private Zusammenkünfte sind weiterhin im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstandes und mit maximal einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person gestattet.“

Die Beschlüsse im Original liegen der WirtschaftsWoche vor und können hier bei uns heruntergeladen werden.

Worüber wurde im Vorfeld des Treffens besonders heftig diskutiert?

- Verpflichtendes Homeoffice: Müssen Angestellte wirklich zur Arbeit fahren und in Großraumbüros sitzen, wenn sich der Job genauso gut von zu Hause aus erledigen lässt? Das fragen sich immer mehr Menschen. Viele Arbeitgeber stellen ihren Mitarbeitern die Entscheidung längst frei – aber eben nicht alle. Unter dem Slogan „Macht Büros zu“ hat sich längst eine Bewegung gebildet, die eine Homeoffice-Pflicht fordert – Horror-Storys von Angestellten, die zur Arbeit im Büro gezwungen werden, inklusive. Es überrascht daher nicht, dass die Bundesregierung per Verordnung das Arbeiten im Homeoffice ausweitet.

Die bundesweite Inzidenz sinkt, die Hoffnung auf den Post-Corona-Aufschwung steigt. Doch nicht alle Branchen profitieren gleichermaßen.
von Tina Zeinlinger, Malte Fischer, Bert Losse, Kristina Antonia Schäfer

Dagegen gab es im Vorfeld bereits Widerspruch: „Dies ist eine Scheindebatte, denn die Unternehmen haben einerseits seit langem die Corona-Arbeitsschutzbedingungen zu beachten und andererseits weitreichend das Homeoffice ermöglicht“, warnt der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, im Gespräch mit der Funke Mediengruppe. „Dass Menschen auch jetzt im Büro sind, hängt nicht nur mit Arbeitsprozessen und Aufgaben zusammen, sondern ebenso mit den Bedingungen der Beschäftigten zu Hause und dem Wunsch nach geordneten Arbeitsmöglichkeiten.“

Wenig hilfreich bei der Diskussion ist zudem, dass der Staat an Glaubwürdigkeit verliert, weil viele Ämter und Behörden, die Arbeit von zu Hause selbst nur schwer umgesetzt bekommen.

- Verschärfte Maskenpflicht: Seit Montag müssen Menschen in Bayern in Bussen, Bahnen und Geschäften schon FFP2-Masken tragen, die besonders gut vor einer Übertragung des Virus schützen sollen. Diese Vorschrift wird nicht auf das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet. Bund und Länder einigten sich auf das verpflichtende Tragen einer medizinischen Schutzmaske im Öffentlichen Nahverkehr und beim Einkaufen. Der Beschluss gilt als vergleichsweise leicht umzusetzen. Für viele Bürger hätte der Fokus auf FFP2-Masken Nachteile gehabt: Teils sind diese schwerer zu bekommen und teurer, als einige alternative Mund-Nasen-Bedeckungen. Zudem warnen Experten: 100-prozentige Sicherheit bieten auch die FFP2-Masken nicht.

- Öffentlicher Nahverkehr: Dichtes Gedränge in Bus und Bahn gibt es auch mitten in der Coronakrise noch. Wäre es da nicht einfach, den Öffentlichen Nahverkehr einzuschränken? Vielleicht, doch die Folgen unter für Berufstätige wären immens. So spricht sich der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) gegen eine vollständige Stilllegung von Bussen und Bahnen im Zuge der Pandemiebekämpfung aus. „Es gibt zahlreiche Menschen in systemrelevanten Berufen, die auch im Lockdown täglich zur Arbeit müssen und für die Homeoffice keine Option ist. Zudem organisieren die Verkehrsunternehmen bereits in einigen Städten zusätzliche Busverkehre zu den Impfzentren“, sagte VDV-Präsident Ingo Wortmann laut einer Mitteilung vom Montag. Die Verkehrsministerkonferenz hat eine deutliche Empfehlung gegen das Herunterfahren von Öffentlichem Nahverkehr und Fernverkehr ausgesprochen. „Mobilität ist auch in der Coronakrise ein hohes Gut der Daseinsvorsorge, von daher sehen wir ein Herunterfahren des ÖPNV oder Fernverkehr kritisch“, sagte die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Bremens Senatorin Maike Schaefer (Grüne). Dieser Logik folgt auch die Einigung von Bund und Ländern: Die Zahl der Pendler soll sinken, nicht die Angebote im Nahverkehr.

Was die Deutschen vom britischen Corona-Desaster lernen können

Was haben Experten der Kanzlerin im Vorfeld des Treffens geraten?

Bereits am Montagabend hatte Kanzlerin Merkel verschiedene Experten zum Gespräch gebeten. Nach übereinstimmenden Medienberichten plädierten die meisten von ihnen für härtere Lockdown-Maßnahmen. Zusätzliche Sorgen bereiten den Experten hochansteckende Coronavirus-Mutationen, wie sie sich bereits in Großbritannien ausgebreitet haben. Die einzige hilfreiche Konsequenz sei die weitere Reduzierung der Kontakte, Einschränkung der Mobilität – sowie das schnelle Impfen.

Die Warnungen sind wohl durchgedrungen und schlagen sich auch in der Einigung von Bund und Ländern nieder: „Ganz wesentliche Sorgen machen aber vor allem die Erkenntnisse über Mutationen des SARS-CoV2-Virus. Die britischen Gesundheitsbehörden und die überwiegende Zahl der Forscher sind sehr alarmiert, weil epidemiologische Erkenntnisse darauf hindeuten, dass die dort aufgetretene Mutation B1.1.7 deutlich infektiöser ist, als das uns bisher bekannte Virus.“ Die Verbreitung müsse unterbunden werden. Was sich aus den Fehlern Großbritanniens bei dem Umgang mit der Mutation lernen lässt, erfahren Sie übrigens hier.



Wie ist die Corona-Lage in Deutschland?

Die deutschen Gesundheitsämter haben dem Robert Koch-Institut (RKI) 15.974 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages gemeldet. Weitere 1148 Menschen starben in Verbindung mit dem Virus. Vor genau einer Woche hatte das RKI 19.600 Neuinfektionen und 1060 neue Todesfälle binnen 24 Stunden verzeichnet.

Die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Fallzahlen über eine Woche pro 100.000 Einwohner, sank laut den RKI-Daten auf 123,5. Das ist eine Verbesserung, aber immer noch weit von dem Zielwert von 50 entfernt, den Bund und Länder ausgegeben haben, um das Virus unter Kontrolle zu bringen und das Gesundheitssystem zu entlasten.

Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Dienstagabend bei 0,87 (Vortag: 0,89). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 87 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab.

Wie steht die Bevölkerung zu den Verschärfungen?

Eine deutliche Mehrheit der Deutschen unterstützt eine Verlängerung des Corona-Lockdowns über den 31. Januar hinaus. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sprachen sich 40 Prozent sogar für eine Verschärfung der bestehenden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie aus, weitere 21 Prozent sind für eine Beibehaltung der bisherigen Beschränkungen. Nur 13 Prozent plädierten für ein Ende des Lockdowns, 17 Prozent für eine Lockerung. Acht Prozent machten keine Angaben.

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Wie geht es der Wirtschaft gerade?

Fest steht: Branchen, die bereits unter den Folgen der bisherigen Lockdowns leiden, werden es auch künftig schwer haben. Immer wieder machen Pleiten von prominenten Unternehmen Schlagzeilen. Mit dem traditionsreichen Süßwarenhändler Arko, Eilles und Hussel ist am Montag die nächste Handelsgruppe in die Insolvenz gekippt: Es fehlten schlicht die Erlöse.

Und die Restaurantkette Maredo – bereits seit dem Frühjahr insolvent – hat gerade den Großteil der Mitarbeiter entlassen. Wie angespannt die Lage in der Branche ist, verdeutlicht ein am Montag bekanntgewordener Hilferuf von rund 50 Gastronomen von Firmen wie Block Group (Block House), Hans im Glück, Nordsee, LeCrobag und L’Osteria. Ohne rasche und unkomplizierte Hilfe gäbe es „in allerkürztester Zeit ein Massensterben von Gastronomiebetrieben“, heißt es in der Mitteilung der Brancheninitiative „Gastgeberkreis“.

Das ist wohl erst der Anfang. „Der Restrukturierungsdruck nimmt 2021 vor allem in Deutschland stark zu“, sind die Sanierungsexperten der Unternehmensberatung Kearney überzeugt. In welchen Branchen es 2021 großflächig ums Überleben geht, haben wir anhand exklusiver Daten hier für Sie zusammengestellt.


Mit Material von dpa und Reuters

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