
Es gibt wenige Entscheider, mit denen sich Jens Weidmann in letzter Zeit nicht angelegt hätte. Höflich, aber doch bestimmt. Selbst seine ehemalige Chefin, Kanzlerin Angela Merkel, und ihre Koalition kritisiert er für ihre Wirtschaftspolitik. Der Mindestlohn dämpfe die Beschäftigungsdynamik, befürchtet er öffentlich. Die Rente mit 63 sei ein falsches Signal, mahnt er. Die Niedrigzinspolitik der EZB trägt er zwar teilweise mit - auf Dauer aber nur mit Bauchschmerzen.
Weidmann ist nicht nur in den Medien omnipräsent. Am Wochenende veranstaltete die Bundesbank einen Tag der offenen Tür - zum ersten Mal in der Geschichte der Institution. 28.000 Menschen blickten hinter die grauen Fassaden der Bank, die seit der Euro-Einführung ein Dasein im Schatten der Europäischen Zentralbank fristet. Der Besuchertag ist Teil von Weidmanns Kommunikationsstrategie, die sein Haus in der Öffentlichkeit wieder stärken soll.
Zu Zeiten der Deutschen Mark stellte die Bundesbank ein Garant für Stabilität dar. Nicht von ungefähr kommt das Sprichwort: Nicht alle Deutschen glauben an Gott, aber alle glauben an die Bundesbank. Mit seiner Präsenz will Bundesbanker Weidmann dieses Gefühl wieder aufleben lassen. Hier kümmert sich jemand um unser Geld. Die Bundesbank sorgt wieder für Stabilität.
Diese fordert er auch von anderen ein. "Die Krise hat gezeigt, wohin es führt, wenn sich Staaten nicht an Verabredungen halten und Vertrauen verlieren", sagte er der Welt am Sonntag. Um solche Positionen auch im Ausland verständlich zu machen, beschäftigt seine Bank demnächst zwei neue Pressesprecher - mit Spanisch- und Italienischkenntnissen. Das soll zu dem Vertrauen in Deutschland auch Vertrauen im Ausland schaffen. Das kann nicht schaden - zum Beispiel, sollte er sich auf den Posten des EZB-Ratspräsidenten bewirbt.