Bundesbank-Chef Weidmann Wachstum nicht vergessen

Deutsche Bundesbank Jens Weidmann Quelle: REUTERS

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann pocht auf bessere Wachstumsbedingungen und hält eine schnelle Anhebung des EZB-Zins für unwahrscheinlich.

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Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat Union und SPD aufgefordert, in Koalitionsverhandlungen das Thema Wachstum nicht außer acht zu lassen. Da die Wachstumsaussichten vor allem von der demografischen Entwicklung getrübt würden, sei es umso wichtiger, Rahmenbedingungen für mehr Wachstum zu schaffen, sagte Weidmann am Freitag auf einer Veranstaltung in Rottach-Egern anlässlich der Verleihung des Freiheitspreises der Medien laut Redetext. "Insofern sollte bei anstehenden offiziellen Koalitionsverhandlungen nicht nur über die Verteilung des vorhandenen Kuchens, sondern auch über die Vergrößerung desselben gesprochen werden", sagte er. Die Lösung liege nicht in der Division, sondern in der Multiplikation des Sozialprodukts, zitierte Weidmann den ehemaligen CDU-Bundeskanzler Ludwig Erhard.

Union und SPD hatten zuvor nach zähem Ringen in ihren Sondierungsgesprächen eine Grundsatzeinigung erzielt. In dem Einigungspapier wird der zusätzliche finanzielle Spielraum für eine neue Regierung bis 2021 mit rund 46 Milliarden Euro angegeben. Allerdings sind für eine Neuauflage der großen Koalition noch nicht alle Hürden überwunden. So muss unter anderem noch der SPD-Parteitag am 21. Januar der Aufnahme formeller Koalitionsverhandlungen zustimmen. Und dies gilt nicht als sicher. Dem Ergebnis von Koalitionsverhandlungen müssten außerdem am Ende noch die SPD-Mitglieder zustimmen.

Weidmann hält derzeit eine rasche Anhebung von EZB-Schlüsselzinsen für unwahrscheinlich. "Was die Notenbankzinsen im Euro-Raum betrifft, ist das unmittelbare Änderungsrisiko derzeit allerdings gering", sagte Weidmann am Freitag in Rottach-Egern in seiner Dankesrede zur Verleihung des Freiheitspreises der Medien laut Redetext. Der EZB-Rat habe "unmissverständlich" zum Ausdruck gebracht, dass die Zinsen noch weit über die Zeit der Anleihekäufe hinaus auf ihrem aktuellen Niveau bleiben würden. "Und die Anleihekäufe werden ja bekanntlich bei halbiertem Volumen bis mindestens September dieses Jahres fortgesetzt", fügte er hinzu. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte letztmalig im Jahr 2011 einen ihrer Schlüsselzinssätze angehoben.

Der Leitzins zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld liegt im Währungsraum schon seit längerem auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Der Einlagensatz steht sogar bei minus 0,4 Prozent. Banken müssen somit Strafzinsen zahlen, wenn sie über Nacht überschüssige Liquidität bei der Notenbank parken.

Am Geldmarkt haben die Spekulationen darauf, dass der Einlagensatz bereits 2018 etwas angehoben wird, deutlich zugenommen. Inzwischen wird dort die Wahrscheinlichkeit auf 70 Prozent taxiert, dass die EZB ihre Strafzinsen schon dieses Jahr etwas abmildert. Grund der neuerlichen Spekulationen ist das am Donnerstag veröffentliche Protokoll der EZB zu ihrer Dezember-Zinssitzung. Aus diesem geht unter anderem hervor, dass die Notenbank bereits früh in diesem Jahr ihren geldpolitischen Ausblick ändern könnte.

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