Die große Koalition hat eines versprochen: Ein Weiter-So soll es nicht geben. Deshalb wollen Union und SPD in die Zukunft investieren. Und genau das zeigt nach Regierungsangaben der neue Bundeshaushalt, der am Mittwoch vorgestellt wird. „Wir investieren in den Zusammenhalt und die Zukunft unseres Landes und nehmen unsere internationale Verantwortung aktiv wahr“, heißt es auf dem vorbereiten Sprechzettel des Regierungssprechers. „So werden die Bereiche Bildung, Forschung, Hochschulen und Digitalisierung gestärkt.“
Die Investitionen des Bundes, so müsste man nach dieser wohlklingenden Ankündigung meinen, werden also kräftig steigen in den nächsten Jahren. Doch aus dem Haushaltsentwurf 2018 und der Finanzplanung bis 2022, die das Bundeskabinett am Mittwoch beschließen wird und die dem Handelsblatt vorliegen, geht das glatte Gegenteil hervor: Demnach werden die Investitionen bis 2022 sinken – von derzeit 37 auf dann 33,5 Milliarden Euro.
Die Zahlen dürften Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bei der offiziellen Vorstellung des Bundeshaushalts am Mittwoch in Erklärungsnot bringen. In seiner Partei wird Scholz schon nach wenigen Wochen kritisch beäugt. Viele in der SPD haben das Gefühl, Scholz führe im Bundesfinanzministerium den Kurs seines Vorgängers Wolfgang Schäuble (CDU) einfach so weiter. In der SPD wird der neue Finanzminister schon „Wolfgang Scholz“ genannt. Viele in der Partei fürchten nicht nur, Scholz ticke in Europa-Fragen ähnlich wie Schäuble. Sie sind auch enttäuscht, dass Scholz an Schäubles „schwarzen Null“ festhalten und nicht mehr in die Zukunft investieren will. Die Kritiker dürften sich durch das die neuen Zahlen zu den Investitionen nun bestätigt fühlen.
Als am vergangenen Freitag in Regierungskreisen erste Eckpunkte zur Haushaltsplanung bekannt wurden, fehlten in der Übersicht die Angaben zu den Investitionen. Auf Nachfrage des Handelsblatts am Freitag gab das Bundesfinanzministerium die Zahlen nicht bekannt. Offenbar hatte das Haus zu dem Zeitpunkt noch keine gute Antwort parat, warum die Investitionen zurückgehen.
Dass die Investitionen sinken, lässt sich jedenfalls nicht mit irgendwelchen Sonderfaktoren im Haushalt erklären. Zwar laufen gegen Ende der Wahlperiode so genannte „Entflechtungsmittel“ für Investitionen zur Verbesserung der Infrastruktur in Gemeinden in Höhe von 2,6 Milliarden Euro aus, die zu den Investitionen gezählt werden. Im Gegenzug bekommen die Länder aber neue Mittel für den sozialen Wohnungsbau. Netto beträgt der Rückgang aus diesem Effekt daher gerade mal 1,6 Milliarden Euro. Das erklärt nicht den Rückgang um 3,5 Milliarden Euro.
Wo bleibt also das Geld? Im Wehretat ist es jedenfalls nicht. Sowohl die Nato-Quote wie auch die ODA-Quote, die die Entwicklungshilfeausgaben abbildet, sinken. Das Bundesverteidigungsministerium hat deshalb bereits Alarm geschlagen. Wenn es in den Haushaltsverhandlungen 2019 nicht mehr Geld erhalte, müsse es eines der international bereits zugesagten Großprojekte auf Eis legen, teilte das Haus mit.
Es gibt eine einfache Antwort, wo das Geld bleibt: Es fließt in den Sozialbereich. Seit etlichen Jahren schon wachsen die Sozialausgaben schneller als das Bruttoinlandsprodukt. Daran wird sich unter der neuen Regierung nichts ändern. Schon jetzt gibt die Bundesregierung mehr als jeden zweiten Euro für Soziales aus. Und diese Quote wird noch steigen. Wenn die amtierende Bundesregierung abtritt, werden die Sozialausgaben um mehrere zehn Milliarden Euro gestiegen sein und an der 200-Milliarden-Marke kratzen – bei geplanten Ausgaben von insgesamt 361 Milliarden Euro.
Kein Wunder, dass da kein Spielraum für Investitionen bleibt.