Bundesinnenminister Seehofer hofft auf Kompromiss zur Rettung von Bootsflüchtlingen

Immer wieder sitzen gerettete Bootsflüchtlinge auf Rettungsschiffen im Mittelmeer fest, weil diese keine Häfen anlaufen dürfen. Deshalb mahnt Seehofer eine Lösung an.

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„Es ist ein unwürdiger Zustand, dass bei jedem neuen Schiff die Debatte über die Aufnahme und Verteilung der Migranten immer aufs Neue geführt werden muss“, sagte er. Quelle: dpa

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hofft ungeachtet der noch offenen Regierungsbildung in Italien auf einen EU-Kompromiss zur Umverteilung von Bootsflüchtlingen. „Es ist ein unwürdiger Zustand, dass bei jedem neuen Schiff die Debatte über die Aufnahme und Verteilung der Migranten immer aufs Neue geführt werden muss“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Wir arbeiten daher mit Hochdruck an einem verlässlichen und solidarischen Ad-hoc-Mechanismus für die Seenotrettungsfälle - aber es ist äußerst schwierig.“

Für den 19. September hat die maltesische Regierung Deutschland und andere Staaten zu einem EU-Sondertreffen zur Seenotrettung eingeladen. Angestrebt wird eine Übergangsregelung, die verhindert, dass Italien und Malta Rettungsschiffen mit Flüchtlingen an Bord die Einfahrt in ihre Häfen untersagen. Beide Staaten hatten dies in der Vergangenheit mehrfach getan – bis nach mühsamen Gesprächen andere EU-Staaten zusagten, ihnen die Migranten abzunehmen. Teilweise mussten die Menschen wochenlang an Bord der Schiffe ausharren.

„Italien muss jetzt seine Regierung neu bilden. Wir brauchen aber Italien und Malta, um zu einer tragfähigen Lösung zu kommen“, sagte Seehofer. Auf Fachebene liefen die Arbeiten bislang gut. Ob Italien bei dem Treffen auf Malta, das im September stattfinden solle, auf politischer Ebene mitmachen werde, könne er aber noch nicht sagen.

Seehofer mahnt eine Lösung zur Rettung von Bootsflüchtlingen an, die keine neuen Anreize schafft, sich auf die Reise über das Mittelmeer zu begeben. „Meine Amtskollegen aus Europa weisen mich darauf hin, dass die Zahl der Menschen, die sich von Libyen nach Europa über das Mittelmeer aufmachen, so gering wie seit Jahren nicht mehr ist. Sie haben Bedenken, dass sich bei einem Mechanismus wieder mehr Menschen auf den lebensgefährlichen Weg machen“, sagte Seehofer und betonte: „Diese Sorge vor einem sogenannten Pull-Effekt ist nicht unberechtigt.“ Auch er wolle diesen Effekt unbedingt vermeiden.

Der Bundesinnenminister hofft aber auf möglichst viele EU-Staaten, die bei einem Kompromiss mitziehen. „Ich wünsche mir, dass wir beim Ministertreffen auf Malta im September eine tragfähige und von einer breiten Koalition an Mitgliedstaaten unterstützten Lösung finden“, sagte er. „Ich würde mir wünschen, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit seiner Einschätzung, dass 14 Länder mitmachen könnten, recht behält.“ Danach sehe es in den derzeitigen Verhandlungen aber leider noch nicht aus. „Deutschland steht zu seiner europäischen Verantwortung an der gemeinsamen EU-Außengrenze und zeigt sich durch die Beteiligung an den Seenotrettungsfällen mit den Mittelmeeranrainerstaaten solidarisch“, betonte der Minister. „Ich hoffe, dass dies auch weitere Mitgliedstaaten tun werden.“

Am Donnerstag waren weiter zwei private Rettungsschiffe mit rund 200 geretteten Migranten an Bord im Mittelmeer unterwegs, die deutsche „Eleonore“ und das italienische Rettungsschiff „Mare Jonio“. Am Donnerstag hatte es aus dem Innenministerium in Rom dann geheißen, Frauen, Kinder und Kranke dürften die „Mare Jonio“ verlassen.

Mehr: Die Rettung schiffbrüchiger Flüchtlinge im Mittelmeer durch private Schiffe wird inzwischen zur Hängepartie. Berlin wüsste einen Ausweg – wenn die anderen Europäer mitspielen würden.

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