Bundeskanzlerin auf der IAA Merkel dreht eine Runde

Trotz aller Skandale sucht Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Rundgang zur Eröffnung der Internationalen Automobilmesse (IAA) den Dialog mit der Branche. Sie weiß, wie wichtig das gerade im Wahlkampf ist.

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Quelle: dpa

Frankfurt Die Bosse der deutschen Autoindustrie erheben sich - Angela Merkel betritt den Saal. Spalier stehen Harald Krüger (BMW), Dieter Zetsche (Daimler) und Matthias Müller (VW). Sie warten darauf, dass die Kanzlerin die erste Reihe abläuft und jedem von ihnen die Hand gibt. Verbandspräsident Matthias Wissmann strahlt und weist ihr den Ehrenplatz neben Zetsche und ihm zu.

Merkel eröffnet an diesem Tag die 67. Internationale Automobilmesse in Frankfurt. Oder die erste nach Dieselgate, ganz wie man es sieht. Vor zwei Jahren war Merkel da, lobte die Branche so wie dieses Mal auch. Eine Branche, die mit ihren 870.000 Beschäftigten einen Umsatz von „weit mehr als 400 Milliarden Euro“ erwirtschafte. 2015 saß nach ihrem Rundgang mit den Autobossen und den Chefs der Zulieferer hinter verschlossenen Türen zusammen und redete über die Herausforderungen der Branche beim Umweltschutz. Über den Dieselskandal will damals noch niemand geredet haben, wie die Bundesregierung später auf Nachfrage erklärte. Die Bombe, dass Volkswagen weltweit ihre Abgasreinigungssysteme manipuliert hatte, platzte erst zwei Tage nach Merkels Messebesuch. Seither ist vieles anders.

Zwei Stunden nimmt sie sich am Donnerstag Zeit und taucht in die Glitzerwelt der Autobauer ein. Alles blitzt und funkelt. Die Halle von Volkswagen ist so groß wie ein Fußballstadion, die von Daimler und BMW sind nicht viel kleiner. Sie zeigen Elektroautos und Hybride, von Vernetzung ist die Rede und von Automatisierung. Sie wollen nach vorne blicken und nicht über den Diesel reden. Dabei wissen alle: Den Verbrennungsmotor will die Branche auch in Zukunft bauen und erfolgreich in alle Welt verkaufen. Zu viele Arbeitsplätze hängen daran. 

„Ich muss mich beeilen, ich darf die Kanzlerin nicht verpassen“, sagt Daimler-Chef Zetsche nach der Eröffnung. Die Kanzlerin ist schon auf dem Weg – zuerst zu BMW, dem Autobauer, der wie kein anderer deutscher Hersteller auf Elektromobilität setzt und im Dieselskandal eine recht saubere Weste hat. Merkel bewundert die breite Produktpalette, die ihr BMW-Chef Krüger zeigt. Er hat der Kanzlerin erfolgreich die Kaufprämie für Elektroautos abgeschwatzt, obwohl die Koalition aus ordnungspolitischen Gründen dagegen war. Krüger hatte so viele Termin im Regierungslager wahrnehmen können wie kein anderer Autoboss. Weiter geht es zu Ford und den Zulieferern wie Bosch, dann zu Audi, Volkswagen, Porsche.

Die Branche, sagt Merkel bei aller Kritik, sei „eine wichtige Säule“ der Volkswirtschaft und ein „starker Konjunkturmotor“. Sie hat den Wählern Vollbeschäftigung versprochen.  Die gebe es nur mit der Branche und einer „modernen, emissionsfreien Mobilität“. Denn schließlich gibt es noch ein anderes Ziel: 2050 soll Deutschland fast ohne Kohlendioxid-Ausstoß auszukommen. „Gerade im Verkehrsbereich geht kein Weg an Veränderung vorbei“, sagt sie. Die will sie auf der Messe besichtigen.  Sie bekommt viel zu sehen, automatisch fahrende Autos, vernetzte Fahrzeuge, sie hört von der Zukunft des Carsharings in den Städten und natürlich viel über die Antriebe der Zukunft, drohen doch für viele Dieselautos Fahrverbote bald schon Fahrverbote in großen deutschen Städten. Die will sie auf jeden Fall verhindern.

Merkel beendet ihren Rundgang bei Daimler. Tausende Menschen stehen Spalier vor und in der Halle. Sie klatschen, auch Konzernchef Zetsche, der auf der Bühne steht und auf sie wartet. Er grüßt sie, zeigt ihr die Elektroautos des Unternehmens, die ab 2020 auf den Markt kommen sollen. Merkel zeigt sich zufrieden mit dem, was sie gesehen hat, auch wenn der E-Smart sie nicht wie geplant automatisch begrüßt. „Die nächsten fünf bis zehn Jahre werden einen qualitativen Wechsel mit sich bringen“, resümiert sie.

Wichtig sei die Technologieoffenheit, so sei auch Erdgas ein spannender Treibstoff, weil sich doch damit 80 Prozent der Emissionen einsparen ließen. Jetzt sei aber erst einmal wichtig, dass die Hersteller die Abgasreinigung mit Softwareupdates verbessern. Denn den Verbrennungsmotor werde es noch auf „Jahrzehnte“ geben, wie sie sagt. Sie weiß, dass das alles nicht reicht und fordert auch die Importeure auf, ihren Beitrag zu leisten. Danach zieht sie sich mit den Herstellern zurück. Es geht um einen Plan für die Zeit nach der Wahl.

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