Doch trotz aller Fortschritte teilen sich Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Berlin im Niveau-Ranking unverändert die letzten Plätze. Das heißt: Im Vergleich der bislang erreichten aktuellen ökonomischen Schlüsselwerte haben diese Ostländer noch einen enormen Nachholbedarf. Neben der anhaltend hohen Abwanderung plagen die neuen Bundesländer Strukturprobleme. Es gibt weder international tätige Großunternehmen noch bedeutende Headquarter. Die meisten Mittel- und Kleinbetriebe im Osten wirtschaften zwar solide, können aber keine vergleichbare Arbeitsproduktivität, Exportquote oder Forschungstätigkeit erreichen wie ihre Konkurrenten im Westen.
Konsequenz: Das verfügbare Einkommen und die Konsumkaufkraft der Ostdeutschen hinken hinter dem Westniveau her. Und schnelle Besserung ist nicht in Sicht: „Die kleinteilige Struktur der Wirtschaft ist unter anderem bedingt durch die Privatisierungspraxis nach der Wende und kann sich nur langsam wandeln – eine Angleichung der Produktivität zwischen Ost und West wird noch Generationen dauern“, schätzt IWH-Ökonomin Jutta Günther.
Die Zeit spielt gegen die neuen Bundesländer, viele derzeit lockende Standortvorteile sind bald hinfällig: Förderungen aus dem europäischen Strukturfonds laufen Ende 2013 aus, die Ausgleichszahlungen aus dem Solidarpakt II schmelzen dahin und werden 2020 ganz versiegen. Und für das Hauptproblem der neuen Bundesländer, die gespaltene Entwicklung, gibt es bisher keine Lösung: Während einige Städte boomen, bluten andere aus, verödet die Peripherie. Die erwerbstätige Bevölkerung ist laut IW seit der Wende in den neuen Bundesländern stellenweise um ein Drittel geschrumpft.
Hat IW-Experte Bahrke recht, müssen die Politiker im Osten um jeden Einwohner im arbeitsfähigen Alter kämpfen: „Die Abwanderung gefährdet die Entwicklungserfolge der neuen Bundesländer: Bis auf wenige städtische Zentren stirbt der Rest aus“, lautet seine Prognose. „Dass sich der Osten in den nächsten Jahren auch nur auf ein mittleres Westniveau annähern kann, ist zweifelhaft.“