Bundestag Diesel, Zölle, Islam – die wichtigsten Punkte aus Merkels Regierungserklärung

Die Regierungserklärung von Angela Merkel gerät zu einem Galopp durch die einzelnen Politikfelder. Hier gibt es die wichtigsten Punkte in der Übersicht.

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Regierungserklärung: Angela Merkel nennt wichtigste Punkte Quelle: dpa

Berlin Nach ihrer Wiederwahl hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die erste Regierungserklärung zur neuen Großen Koalition und dem gemeinsamen Regierungsprogramm abgegeben. Eine knappe Stunde lang stellte sie die Grundzüge des Regierungsprogramms für die kommenden vier Jahre vor. Die wichtigsten Punkte in der Übersicht.

Flüchtlingskrise hat Deutschland gespalten

Selbstkritische Töne hat Merkel bei der Flüchtlingspolitik angeschlagen. Man habe die Vorzeichen der Flüchtlingskrise völlig unterschätzt und nur halbherzig auf diese Anzeichen reagiert. Daraufhin habe die Flüchtlingskrise die Gesellschaft in Deutschland nach ihrer Ansicht gespalten.

Die Debatte habe das Land bis heute gespalten und polarisiert. Der Ton sei rauer geworden. Obwohl es Deutschland wirtschaftlich so gut gehe wie noch nie seit der Wiedervereinigung, bewege viele Menschen, wie gut der Rechtsstaat funktioniere.

Die Gesellschaft sei so sehr polarisiert, dass ein so banaler Satz wie „Wir schaffen das“, den sie zuvor schon häufig gesagt habe, im Herbst 2015 zum Kristallisationspunkt der Debatte geworden sei, sagte Merkel. Diese Verunsicherung hätten auch die Koalitionsparteien bei der Bundestagswahl im September 2017 zu spüren bekommen. Die längste Regierungsbildung in der Bundesrepublik sei ein Zeichen dafür.

Wirtschaft steht vor rasanten Änderungen

So gut es der deutschen Wirtschaft derzeit auch geht: Merkel sieht in Zeiten von Digitalisierung und Globalisierung großen Veränderungen auf die deutsche Wirtschaft zukommen. Es sei nicht garantiert, dass Deutschland in fünf oder zehn Jahren wirtschaftlich so gut dastehe wie heute. Schließlich säßen die Treiber der Digitalisierung nicht Deutschland oder Europa, sondern in den USA und Asien.

Die Rahmenbedingungen der Wirtschaft hätten sich rasant verändert. Die Wirtschaft sei weltweit eng miteinander verflochten, die Welt ändere sich „epochal“. Das betreffe auch die deutschen Leitindustrien Auto, Pharma oder Maschinenbau. „Fehler“ in einzelnen Branchen könnten sehr schnell zu „systemischen Problemen“ werden.

Merkel erinnerte an das Beispiel Nokia, dem einstigen Weltmarktführer bei Handys, der den Trend zu Smartphones verpasst hatte und heute in der Branche keine Rolle mehr spielt. Merkel verwies auch auf den Fachkräftemangel bei Unternehmen und auf das geplante Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz. Bis 2025 soll in Deutschland Vollbeschäftigung erreicht sein.

Dieselfahrer dürfen nicht die Dummen sein

Die Automobilindustrie will Merkel mit Blick auf den Diesel-Skandal und die künftige Mobilität in die Pflicht nehmen. Die Hersteller müssten für ihre Fehler gerade stehen und ausreichend in die Zukunft investieren, sagte Merkel.

Als eine ihrer ersten Amtshandlungen werde die neue Bundesregierung eine Kommission zur Zukunft der Mobilität auf den Weg bringen. Dies war im Koalitionsvertrag vereinbart worden. Es gehe darum, Anstrengungen für eine bessere Luft, intelligente Verkehrssysteme und individuelle Mobilität miteinander in Einklang zu bringen, sagte Merkel. Dabei dürften die Dieselfahrer nicht die „Dummen“ sein. Verbrennungsmotoren würden noch lange als „Brückentechnologie“ gebraucht, die Zukunft aber gehöre alternativen Antrieben.

Flächendeckende Fahrverbote lehne die Bundesregierung ab, bekräftigte Merkel. Es gehe um „maßgeschneiderte“ Lösungen für besonders belastete Städte. Durch verschiedene Maßnahmen werde es gelingen, dass in vielen Städten Schadstoff-Grenzwerte bald wieder eingehalten werden.

Notfalls Gegenmaßnahmen gegen Schutzzölle ergreifen

In Richtung von US-Präsident Donald Trump, der Handelszölle auf Stahl und Aluminium einführen will, sagte Merkel, dass Abschottung allen schaden würde. Die Bundesregierung lehne ein solches Vorgehen ab. Sie werde sich zwar für Gespräche mit der US-Regierung einsetzen, notfalls aber unmissverständlich Gegenmaßnahmen ergreifen.

Auch das Verhältnis zu Großbritannien werde nach dem Brexit nicht mehr so eng sein wie heute. Ein detailliertes Handelsabkommen mit Großbritannien werde daher gebraucht

Der Islam gehört zu Deutschland

Bei der Frage, ob der Islam nun zu Deutschland gehöre oder nicht, positionierte sich Merkel anders als Seehofer. Sie bezeichnete den Islam als einen Teil Deutschlands. „Es steht völlig außer Frage, dass die historische Prägung unseres Landes christlich und jüdisch ist“, sagte Merkel. „Doch so richtig das ist, so richtig ist es auch, dass mit den 4,5 Million bei uns lebenden Muslimen ihre Religion, der Islam, inzwischen ein Teil Deutschlands geworden ist.“

Viele hätten ein Problem damit, „diesen Gedanken anzunehmen – und das ist auch ihr gutes Recht“, sagte Merkel. Die Bundesregierung habe aber die Aufgabe, alle Diskussionen so zu führen, dass am Ende durch konkrete Entscheidungen der Zusammenhalt aller dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen größer und nicht kleiner werde.

 Türkisches Vorgehen in Afrin ist inakzeptabel

Merkel nutzt ihre Regierungserklärung dazu, erstmals einen die Militäroffensive der Türkei gegen die kurdische YPG-Miliz in Syrien in aller Deutlichkeit zu verurteilen. „Bei allen berechtigten Sicherheitsinteressen der Türkei ist es inakzeptabel, was in Afrin passiert, wo tausende und abertausende von Zivilisten verfolgt sind, zu Tode kommen oder flüchten müssen“, sagte die CDU-Vorsitzende. „Auch das verurteilen wir auf das Schärfste.“ Das ändere aber nichts am oft kritisierten Flüchtlingspakt mit der Türkei, an dem man festhalten wolle, um den Zugang von Flüchtlingen nach Europa zu kontrollieren.

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