Erstens - die SPD muss sich schleunigst neu sortieren und ihren Wählern wieder etwas zu sagen haben, sonst war sie Volkspartei. Im engen Kreis tüfteln jüngere Sozialdemokraten an einen Programm, das sich auf „Kapitalismuskritik und Sicherheit“ eindampfen lässt. Es wäre die Politik der bisherigen Arbeitsministerin Andrea Nahles weitergedreht: ein Kampf gegen Algorithmen als Chefs, gegen die Bedingungen der Plattform-Ökonomie, für Teilzeit-Arbeitnehmerinnen und nebenbei nah an den Ängsten vieler aus der Mittelschicht. Und es wäre das Projekt Sicherheit: beim Wohnen, im Alter und vor Kriminalität. Die SPD als Sozial-Sheriff.
Zweitens – die AfD im Bundestag bedeutet eine Zäsur. Die Rechtspopulisten und mit ihnen mancher Rechtsextreme sind nun erstmals im Bundestag. Die Partei vereint jene, die sich wirtschaftlich abgehängt fühlen und jene mit Wünschen, die sich nicht mehr in der modernisierten Parteienpolitik wiederfinden. Doch egal ob Wirtschaftspolitik, Rente oder Innenpolitik - diese Partei hat kein Angebot, was sie genau erreichen will.
Die übrigen Fraktionen im Bundestag sollten ihre Energie darauf verwenden, die konkrete Arbeit der AfD auseinanderzunehmen und sich nicht vor allem über deren Provokationen aufregen. In Ostdeutschland könnte eine starke „Alternative“ einmal mehr dafür sorgen, dass ausländische Investoren, Wissenschaftler oder Fachkräfte zögern. Jede Regierung sollte zudem rasch neu bestimmen, wie wir mit Flüchtlingen umgehen und wen wir als Einwanderer wollen. Anspruch und Wirklichkeit der Einwanderung klaffen zu weit auseinander.
Drittens – die beiden großen Parteien sollten rasch die nächste Generation und neue Ideen ranlassen. Bei der CDU hat nach Schließung der Wahllokale die Diskussion über die Zeit Merkel begonnen. Zum Start ihrer wohl letzten Amtszeit und mit diesem Ergebnis wird die Kanzlerin immer häufiger herausgefordert sein, ihrer Nachfolgerin oder ihrem Nachfolger Platz einzuräumen. Auch die CSU wird harsch auftreten. Noch ist bei den Christdemokraten kein natürlicher Kandidat und keine Nach-Merkel-Botschaft ausgemacht.
In Unionskreisen hieß es dazu flapsig: Die Hoffnungsvollen seien entweder zu alt, zu jung oder zu unbeliebt. Zu alt: Wolfgang Schäuble oder Thomas de Maizière. Zu jung: Jens Spahn, Daniel Günther oder Julia Klöckner. Zu unbeliebt in der Partei oder bei den Anhängern: Ursula von der Leyen oder Armin Laschet. Da wäre wohl noch eine, die nicht ins Raster passt. Annegret Kramp-Karrenbauer ist aber womöglich Angela Merkel zu ähnlich.
Die Parteien sollten nun schnell neu starten, denn die Botschaft der Wähler ist klar: Nicht weiter so.