Bundestagswahl Sicherheitslücken in Wahlsoftware entdeckt

Bei der Bundestagswahl werden die Stimmen noch analog abgegeben. Doch bei der Übermittlung der Ergebnisse kommen Computer zum Einsatz. Eine weitverbreitete Software ist aber offenbar nur ungenügend abgesichert.

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Sicherheitslücken in Bundestagswahl-Software entdeckt Quelle: dpa

Sicherheitsforscher haben gravierende Mängel in einer Software gefunden, mit der in etlichen Kommunen die Wahlergebnisse der Bundestagswahl zusammengetragen und an den Landeswahlleiter übermittelt werden. Nach den Untersuchungen eines Informatikers aus Darmstadt und der Chaos Computer Clubs (CCC) klaffen in dem Programm „PC Wahl“ des Anbieters Vote IT etliche Sicherheitslücken, wie „Zeit Online“ und die Wochenzeitung „Die Zeit“ am Donnerstag berichteten. So sei die Übertragung der korrekten Wahldaten aus den Gemeinden an den Wahlleiter weder durch eine Verschlüsselung oder eine wirksame Authentifizierung abgesichert gewesen.

Dem Bericht zufolge sei es zwischenzeitlich auch möglich gewesen, den Kommunen eine infizierte Version des Programms unterzuschieben, weil die Zugangsdaten für einen geschützten Support-Bereich für die Gemeinden im Netz aufzufinden gewesen seien.

Das Programm sei so schlecht, dass es „nie hätte eingesetzt werden dürfen“, sagte CCC-Sprecher Linus Neumann der „Zeit“. In dem Programm werde „keine richtige Verschlüsselung, sondern nur eine Maskierung“ verwendet. Jeder, der Zugriff auf das Programm habe und die Verschlüsselung brechen könne, bekomme damit auch Zugriff auf die Passwörter und könnte so manipulierte Wahldaten weiterschicken.

Volker Berninger, der Entwickler von PC-Wahl, bestritt in dem Artikel die Behauptung der Forscher, die Bundestagswahl könne manipuliert werden. „Bei dem schlimmsten Szenario würde jemand damit Verwirrung stiften. Dann würden zwar irgendwelche falschen Ergebnisse im Internet stehen, aber auf dem Papier wären noch immer die richtigen vorhanden. Das gibt Ärger und Verwirrung, hat aber keine Relevanz.“

Auch der Chaos Computer Club veröffentlichte am Donnerstag eine Analyse der Wahlsoftware. Nach Darstellung des CCC wurde der Hersteller erstmals im Juni kontaktiert. Seitdem seien Schwachstellen auf den Servern des Anbieters beseitigt worden. Auch für die Software habe es mehrere Updates gegeben. Sämtliche Gegenmaßnahmen hätten sich allerdings „bereits bei oberflächlicher Überprüfung als ungeeignet zur Beseitigung der gemeldeten Schwachstellen“ erwiesen. Der Club forderte, die Beschleunigung der Vorgänge bei einer Wahl dürfe nicht wichtiger sein als Sicherheit, Korrektheit und Nachvollziehbarkeit. Außerdem müssten die Wähler selbst alle Resultate überprüfen können. Alle Software-Komponenten, die bei der Auswertung der Wahl verwendet werden, müssten öffentlich einsehbar und nicht geheim sein.

Der Landeswahlleiter von Hessen räumte in einem Schreiben an die Kreiswahlleiter ein, dass „ein Versuch einer Einflussnahme oder Störung der Wahldatenübermittlung nicht ausgeschlossen werden kann“. Er ordnet an, dass die Wahlhelfer am 24. September sämtliche übermittelten Ergebnisse nach dem Versenden auf der Webseite des Statistischen Landesamtes überprüfen, wo sie aufgelistet werden. Bei jeder Auffälligkeit sollen sich die Wahlhelfer telefonisch melden.

Eine echte Manipulation der Wahlergebnisse durch eine Analyse-Software wie PC-Wahl gilt unter Experten als einigermaßen unwahrscheinlich. Wenn das Ergebnis eines Wahlkreises oder sogar eines Bundeslandes angezweifelt wird, können die Stimmzettel neu ausgezählt werden. Bei digitalen Wahlcomputern, die beispielsweise in den Niederlanden zum Einsatz kommen, haben Fachleute immer wieder auf die Gefahr einer echten Wahlmanipulation hingewiesen.

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