Reaktionen auf das Otte-Interview Die AfD ignorieren oder mit ihr sprechen?

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Die AfD zu ignorieren, hilft nicht

Politische Konkurrenten können eine Strategie des Ignorierens fahren. Die Union hat damit aber keine guten Erfahrungen gemacht. Mittlerweile nehmen die Spitzen von CDU und CSU die Konkurrenz von rechts ernst und setzen sich mit ihr auseinander. Für Journalisten kommt diese Strategie nicht in Frage. Die Aufgabe von Medien, auch Magazinen wie der WirtschaftsWoche, ist es, über politische und wirtschaftliche Vorgänge zu berichten. Würden wir die AfD ausblenden, kämen wir unserem Auftrag, unsere Leser zu informieren, nicht nach.

Nein, der Umgang mit der AfD muss ein anderer sein. Künftig wird die Partei zu allen Themen politische Vorschläge unterbreiten müssen. Die AfD fordert beispielsweise radikale Steuersenkungen, darunter die Mehrwertsteuer von 19 auf zwölf Prozent zu reduzieren. Wie die AfD das gegenfinanzieren will, hat sie bislang nicht schlüssig erklärt. Zudem hat die Partei kein Rentenkonzept. Spitzenkandidat Alexander Gauland betont im Wahlkampf, die Partei brauche dafür mehr Zeit.

In den kommenden Monaten und Jahren wird die AfD ihre programmatischen Lücken schließen müssen. Der Bundestag funktioniert vor allem über Ausschüsse – ob für den Bereich Finanzen, Sport oder Arbeit. Für all diese Themen wird die AfD-Fraktion Abgeordnete in Ausschüsse entsenden. Die AfD wird also für ihre politischen Konzepte in diesen Ausschüssen werben oder welche entwickeln müssen. Wenn sie keine hat, werden Journalisten und Medien darüber berichten.

Wenn sie Konzepte vorlegt, werden wir die AfD fragen, wie sie ihre Konzepte umsetzen beziehungsweise finanzieren will. Unsere Leser können sich dann eine Meinung bilden, ob die AfD tatsächlich eine programmatische Alternative zu den bestehenden Parteien ist. Wenn zehn Prozent der Bevölkerung für eine solche Partei stimmen, müssen wir uns mit den Gründen dafür sowie der Programmatik der Partei beschäftigen. Und natürlich müssen wir auch mit den Vertretern der AfD sprechen. Wir sind aber keine Erzieher oder Lehrer. Je sachlicher und unaufgeregter wir Journalisten berichten, desto besser.

Zum Abschluss: Ja, die Alternative für Deutschland ist auch eine rechtsradikale Partei. Die Aussagen von AfD-Spitzenpolitikern lassen daran keinen Zweifel – allen voran des thüringischen Fraktionschefs Björn Höcke (unter anderem: „Ich will, dass Deutschland nicht nur eine tausendjährige Vergangenheit hat. Ich will, dass Deutschland auch eine tausendjährige Zukunft hat.“) und von Parteichef Alexander Gauland („Ladet sie [Anm. der Redaktion: Aydan Özoguz, Integrationsbeauftragte der Bundesregierung] mal ins Eichsfeld ein, und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist. Danach kommt sie hier nie wieder her, und wir werden sie dann auch, Gott sei Dank, in Anatolien entsorgen können.“).

Es ist gut möglich, dass AfD-Politiker künftig das Rednerpult des Deutschen Bundestages nutzen werden, um sich fremdenfeindlich oder rassistisch zu äußern. Auch das werden wir mit der notwendigen Schärfe und mit Nachdruck thematisieren.

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