Als Premierministerin Margaret Thatcher in den Achtzigerjahren staatliche Museen zur Eintreibung von Eintrittsgeldern zwang, regte sich das liberale Herz der Briten: Was für eine Unverschämtheit vom Staat, seinen Bürgern Geld für die Besichtigung von Werken abzuverlangen, die ihnen selbst gehören! Deswegen ist der Eintritt in die meisten Museen Großbritanniens heute wieder frei.
So viel geben die Länder für Theater und Musik aus
Die Angaben sind dem Kulturfinanzbericht entnommen. Sie beschreiben, wie hoch die Ausgaben pro Einwohner im jeweiligen Bundesland inklusive der Gemeinden im Jahr 2013 waren.
43,27 Euro
40,12 Euro
90,61 Euro
15,49 Euro
79,16 Euro
104,19 Euro
38,17 Euro
40,09 Euro
27,62 Euro
37,27 Euro
24,61 Euro
29,13 Euro
69,01 Euro
50,67 Euro
25,63 Euro
60,11 Euro
Recht haben sie, die Briten. Ins British Museum, die Tate Modern und die National Gallery strömen sechs- bis zehnmal so viele Besucher wie in die Berliner Museen Pergamon, Hamburger Bahnhof oder Gemäldegalerie. Man geht auf der Insel aber nicht nur öfter ins Museum, sondern auch gelassener, selbstverständlicher, beiläufiger. Runter mit der Geldschwelle also!
Und rauf mit der Qualitätsschwelle zugleich. Denn das britische Modell hat einen entscheidenden Nachteil: Das Ausgestellte wird präsentiert wie auf einem Jahrmarkt, laut und marktschreierisch – und die Besucher sind, vor allem an Wochenenden und in den Ferien, so zahlreich, dass Konzentration unmöglich wird. Das Gezeigte rauscht folgenlos an einem vorbei.
Kunst macht Mühe – auch dafür müssen die Museen daher einen neuen Sinn entwickeln: Die alten Meister zum Beispiel kann halt nur entschlüsseln, wer sich für griechische Mythen und biblische Symbole interessiert. Es hilft nichts, sich eine Kundschaft zu erziehen, die von Ausstellungsmachern alles, von sich selbst aber nichts mehr verlangt. Die sich nicht vorbereiten, stattdessen alles mundgerecht serviert bekommen will.
Wer am Erhalt musealer Kultur interessiert ist, muss die Voraussetzungen dafür schaffen, dass ihr Wert verstanden werden kann: durch die Vermittlung von klassischem Bildungswissen. Dafür gibt es auch funktionale Gründe: Eine Gesellschaft, die den Bezug zu ihrer Tradition kappt, ihre politische Vergangenheit und ihre kulturellen Grundlagen nicht mehr dechiffrieren kann, ist dazu verdammt, zum Tautologen ihrer Gegenwart zu verkommen – zu einer Gesellschaft, die das digital beschleunigte Hier-und-jetzt-Geschehen affirmiert und die Fähigkeit verliert, es einredend zu befragen. Und das wäre gleichbedeutend mit dem Ende aller Kultur.