Trump und Co. Die ökonomischen Treiber des Populismus

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"Fremd in ihrem Land"

Das Ergebnis ist eine Mittelschicht, die ökonomisch unter Druck gerät, sofern sie in der sich globalisierenden und digitalisierenden Wirtschaft nicht mithalten kann und durch die Ignoranz der politischen und wirtschaftlichen Eliten zusätzlich frustriert wird.

Diese Analyse stammt wohlgemerkt nicht von einem Wirtschaftssoziologen oder gewerkschaftsnahen Ökonomen. FERI ist ein Unternehmen für Vermögensverwaltung , das sich mit dem Cognitive Finance Institute eine kleine Denkfabrik leistet. Offensichtlich wird auch Finanzfachleuten allmählich deutlich, was linke Sozialwissenschaftler schon seit einiger Zeit feststellen: Dass gerade im Kernland des Liberalismus und Kapitalismus tiefgreifende gesellschaftliche Fehlentwicklungen stattfanden und noch stattfinden, die unmittelbar mit den Megatrends Globalisierung, Digitalisierung, Migration zu tun haben. Und dass diese Fehlentwicklung nach politischen Gegenmaßnahmen ruft – ohne von den etablierten Eliten bislang eine befriedigende Antwort zu erhalten.

Die amerikanische Soziologin Arlie Russell Hochschild hat dieses Empfinden der Entfremdung einer abgehängten (ehemaligen) Mittelschicht in ihrem Buch „Fremd in ihrem Land“ eindrucksvoll beschrieben. Sie lebte mehrere Jahre im Bundesstaat  Louisiana, einer Hochburg Trumps, und führte zahlreiche Gespräche mit seinen Wählern.  Diese Leute, so Hochschilds These, fühlen sich aufgegeben von den etablierten politischen Kräften und daher als Fremde im eigenen Land. Ein Gefühl, das durch zunehmende Einwanderung nur noch verstärkt werde. Dieses Gefühl war der Nährboden für Trumps Erfolg. „Es ist nicht so, dass sie ihn [Trump] lieben. Es kam einfach niemand anders zu ihnen”, sagt Hochschild.

Was bedeutet der Erfolg populistischer Bewegungen für die Wirtschaftspolitik? „Selbst wenn Trump als Person eher politisch rechts steht, tendiert seine Wirtschaftspolitik eher nach links“, sagt Rapp. Auch in Großbritannien gehe die Entwicklung nach links. Das heißt Isolationismus und expansive Staatsausgaben, damit auch höhere Inflationstoleranz. „Wenn Politik populistisch geprägt ist, explizit wie in den USA oder eher implizit wie nach dem Brexit in Großbritannien, wird das ökonomische Koordinatensystem ein anderes: Die Wirtschaftspolitik wird expansionistischer.  Man gibt leichter Geld aus, das man nicht hat.“ Für Investoren, die auf den amerikanischen Markt blicken, hat Rapp daher einen Rat:  auf schwache Währungen und sinkende Bonitäten einstellen, entsprechendes Risiko absichern.

Investoren, die in Kontinentaleuropa aktiv sind, müssten, so Rapp,  auf andere ökonomische Risiken populistischer Politik gefasst sein. „In Europa ist eher zu erwarten, dass unter dem Druck von Populisten die Staatsausgaben restriktiver gehandhabt werden, etwa bei Sozialleistungen für Migranten.“ Für einen Investor sei das linksdrehende populistische Modell, das in den USA und GB droht, eher gefährlicher als die europäische Variante.

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