Bundestagswahl Fünf Lektionen aus dem Social-Media-Wahlkampf

Im Wahlkampf waren Twitter & Co. so präsent wie noch nie. Doch was bringen die sozialen Netzwerke überhaupt? Fünf Thesen zur Bedeutung von Social Media für die Bundestagswahl.

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Während der Bundestagswahlkampfs analysieren die WirtschaftsWoche und der Datenspezialist Attensity mit einer Sprachanalysetechnik, wie das Netz über Parteien und Politiker diskutiert.

Ohne Facebook und Twitter geht es in diesem Wahlkampf nicht. Kaum eine TV-Sendung in der nicht jemand ein paar Tweets vorliest, um die „Stimmung im Netz“ wiederzugeben. Was früher die Straßenumfrage war, ist heute der Twitterkommentar. Die Kurznachrichten sind dabei zumindest origineller, auch weil man aus einem großen Fundus auswählen kann. Mehr als 1,2 Millionen Tweets zur Bundestagswahl hat die WirtschaftsWoche mit Hilfe unseres Analyse-Tools So-wählt-das-Netz in den zwei Monaten vor der Wahl erfasst und durch eine Sprachanalyse-Software ausgewertet.

Vor allem die Piraten haben im Netz nochmal ordentlich an Zustimmung gewonnen.

Doch welchen Einfluss haben Twitter & Co. letztlich für die Wahlentscheidung? Verschiedene Wissenschaftler untersuchen die Nutzung von Social Media durch die Parteien, beispielsweise Christian Nuernbergk von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ergebnisse dazu wird es allerdings erst einige Zeit nach der Wahl geben. Ein Effekt auf Wahlergebnisse wird dabei allerdings kaum zu messen sein, auch eine Vorhersage des Wahlausgangs hält Nuernbergk für schwierig. „In Kombination mit Suchanfragen und Youtube-Abrufen ist das schon eher möglich“. Auch die WirtschaftsWoche-Wahlsager haben versucht, durch die Kombination verschiedener Methoden genauere Prognosen zu geben.

Trotzdem lässt sich schon jetzt einiges über die Bedeutung von Social Media im Wahlkampf sagen. Ein Versuch in fünf Thesen:

1. Twitter wird überschätzt

Schon nach dem TV-Duell hatte ein Blogbeitrag von Ole Reissmann eine Debatte um die Bedeutung von Twitter ausgelöst. Der Spiegel-Online-Journalist hatte darin von einer Twitter-Blase gesprochen, da es zwar 173 000 Tweets gab aber keine verlässlichen Angaben über die Zahl der Nutzer in Deutschland. Reissmann überschlug grob, dass letztlich nur 0,01 Prozent der Wahlberechtigten über das TV-Duell getwittert hätten. Torsten Müller, Mitgründer des Twitter-Analysedienstes Tame.it bezifferte die Zahl der TV-Duell-Twitterer dann mit 36.000. Das wären dann 0,058 Prozent der Wahlberechtigten.

Diese Rechnung lässt allerdings einen wichtigen Faktor aus, nämlich alle passiven Leser. Deren Zahl ist noch weit größer, als die schreibenden Nutzer. Laut ARD/ZDF-Onlinestudie sind immerhin sieben Prozent aller deutschen Internetnutzer gelegentlich auf Twitter, bei den unter 19-jährigen sogar 22 Prozent.

Und auch die von Reissmann kritisierten „Retweet-Kartelle, Fav-Zirkel und Follower-Supernodes“ würde ich nicht unbedingt negativ sehen, denn Journalisten, Blogger und andere Multiplikatoren sorgen letztlich dafür, dass sich Themen von Twitter über andere Kanäle verbreiten.

Trotzdem wird Twitter tendenziell überschätzt, nämlich im Vergleich mit Facebook. Denn während sich vor allem die mediale Berichterstattung und die Einbindung von Nutzer-Feedback auf Twitter fokussiert, ist die Verbreitung und Nutzung von Facebook viel höher. Zwar weißt die ARD/ZDF-Onlinestudie das Netzwerk nicht separat aus, doch von den 46 Prozent, die gelegentlich in „privaten Netzwerke“ aktiv sind, dürfte sich der Großteil bei Facebook tummeln. Von den unter 19-jährigen sind es gar 87 Prozent – also fast achtmal so viele wie bei Twitter.

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