Bundeswehr Deutschland will bis zu 300 Soldaten für EU-Mission „Irini“ stellen

An der neuen EU-Operation im Bürgerkriegsland Libyen soll sich auch die Bundeswehr mit Soldaten beteiligen. Das Kabinett gibt grünes Licht.

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Das Bundeskabinett plant unter anderem, sich mit Aufklärungsflugzeugen an der Mission in Libyen zu beteiligen. Quelle: dpa

An der neuen EU-Operation „Irini“ zur Überwachung des UN-Waffenembargos gegen Libyen will sich die Bundesregierung mit bis zu 300 Soldaten beteiligen. Eine entsprechende Obergrenze sieht eine am Mittwoch vom Kabinett verabschiedete Vorlage vor. Die Ministerrunde gab darin auch grünes Licht für die geplanten Aufgaben der Bundeswehr in der Mission. Die Bundesregierung hat den internationalen Partnern angeboten, Stabspersonal für den Einsatz sowie ein Aufklärungsflugzeug vom Typ P-3C Orion mit Besatzung zu stellen. Über das Mandat, das bis zum 30. April 2021 gelten soll, muss erst noch der Bundestag entscheiden.

„Irini“ („EUNAVFOR MED IRINI“) soll hauptsächlich das seit Jahren brüchige UN-Waffenembargo gegen Libyen überwachen - aus der Luft, per Satellit und auf dem Meer. Erklärtes Ziel ist eine Stabilisierung des nordafrikanischen Bürgerkriegslandes sowie die Unterstützung des UN-geführten politischen Friedensprozesses. Der Mandatsentwurf lag der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch vor. Als Aufgaben werden genannt:

  • Das Sammeln von Informationen über die illegale Ein- und Ausfuhr von Rüstungsgütern. Anhalten, Kontrolle, Durchsuchung und Umleitung von Schiffen bei Verdacht eines Verstoßes gegen das UN-Waffenembargo. Beschlagnahme und Entsorgung illegaler Rüstungsgüter.
  • Beobachtung und Überwachung illegaler Ausfuhren von Erdöl aus Libyen sowie Übermittlung der Erkenntnisse an die rechtmäßigen libyschen Behörden und an die Strafverfolgungsbehörden in der EU.
  • Unterstützung beim Aufbau von Kapazitäten der libyschen Küstenwache.
  • Erhebung und Speicherung von Daten Verdächtiger. Weiterleitung von Daten an die UN-Mission in Libyen, an Interpol, den Internationalen Strafgerichtshof und an die USA.

Der neue Einsatz löst die Operation „Sophia“ ab, die am 31. März auslief und auch im Dauerstreit um eine Verteilung von Bootsflüchtlingen in Europa beendet worden war. Um Migranten keinen Anreiz zu bieten, sich auf den Weg nach Europa zu machen, soll „Irini“ abseits der Fluchtrouten operieren.

In dem Entwurf für das Mandat heißt es zum Einsatzgebiet, es erstrecke sich „auf die Hohe See außerhalb der Küstenmeere Libyens und Tunesiens, südlich Siziliens, innerhalb der Region des mittleren und südlichen Mittelmeers“. Dazu komme der Luftraum über diesen Gebieten sowie angrenzende Seegebiete, die zur Umleitung und Übergabe von Schiffen in einen europäischen Hafen benutzt würden. Davon ausgenommen seien Malta sowie das umschließende Seegebiet innerhalb von 15 Seemeilen. „Die Durchführung etwaiger Rettungsmaßnahmen bleibt davon unberührt“, heißt es weiter.

Die Vereinten Nationen hatten sich am Vortag „extrem besorgt“ gezeigt angesichts der sich verschlechternden Lage in Libyen und der dort zunehmenden Kämpfe, auch im Raum der Hauptstadt Tripolis. Die UN-Unterstützungsmission (UNSMIL) teilte mit, Angriffe auf bewohnte Gegenden hätten auf dramatische Weise zugenommen.

Bundesaußenminister Heiko Maas hält den Berliner Prozess zur Befriedung Libyens dennoch nicht für gescheitert, wie er am Mittwoch vor einer Videokonferenz mit den EU-Außenministern sagte. Zwar sei vieles von dem, was auf den Weg gebracht worden sei, nicht erreicht worden. Aber es seien viele Gespräche begonnen worden. „Es gibt Papiere, die die Grundlage sein können für einen Waffenstillstand. Aber auch die wirtschaftliche Entwicklung Libyens wird bereits diskutiert, und zwar auch unter Beteiligung der Konfliktparteien“, sagte Maas. Dies seien positive Signale. Dennoch nutzten einige Beteiligte die Corona-Krise dazu aus, sich kurzfristige Vorteile zu verschaffen. „Das ist in größter Weise verantwortungslos, und deshalb setzen wir uns dafür ein, dass dem ein Ende bereitet wird.“

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte, es sei traurig, dass weder internationale Appelle noch die Bedrohung durch das Coronavirus die Konfliktparteien davon abhielten, weiter zu kämpfen. Es müsse weiter an einer humanitären Waffenruhe gearbeitet werden. Einige Staaten hätten zudm die Sorge geäußert, die Lage in Libyen könne dazu führen, dass mehr Migranten nach Europa kämen. „Es wird keine nachhaltige Lösung für die Migrations-Herausforderungen geben, bis wir Libyen nicht erfolgreich stabilisieren“, sagte Borrell.

Im ölreichen Libyen ringen die Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch und der General Chalifa Haftar um die Macht. Haftar, der von einer Gegenregierung mit Sitz im Osten des Landes unterstützt wird, hatte vor einem Jahr eine Offensive auf Tripolis angeordnet. Seine selbst ernannte Libysche Nationalarmee (LNA) und verbündete Milizen kontrollieren weite Gebiete im Osten und Süden des Landes.

Mitte Januar waren Akteure rund um den Libyen-Konflikt in Berlin zusammengekommen, um die zuvor vereinbarte Feuerpause in Libyen zu festigen und eine konsequente Durchsetzung des Waffenembargos für das Bürgerkriegsland zu vereinbaren. Die Türkei, Russland, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate sind beteiligt und unterstützen die Konfliktparteien mit Waffen oder Soldaten und Milizionären.

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