Bundeswehr Wehrpflicht auch für junge Frauen

Überall gilt Gleichberechtigung, doch nur Männer müssen Zwangsdienst bei der Armee leisten. Das ist ungerecht. Auch Frauen sollten an die Front, findet WirtschaftsWoche-Redakteurin Martina Bünsow. Bloss nicht, meint dagegen Redakteurskollegin Angela Hennersdorf.

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ARCHIV - Ein Bundeswehrsoldat Quelle: dpa

Früher hieß es, Männer führen Kriege, Frauen sorgen für den Nachwuchs. Dieser Satz hat mich schon immer auf die Palme gebracht, obwohl ich keine bis ins Mark verbissene feministische Gleichberechtigungskämpferin bin.

Im Zuge der gerade wieder entfachten Diskussion fällt mein Plädoyer für eine Wehrpflicht oder -  wie  manche fordern - einen Pflichtdienst auch für Frauen aus.

Ständig wird für die Gleichberechtigung der Frauen gekämpft, sowohl im Beruf als auch in der Gesellschaft.  Doch Emanzipation darf keine Rosinenpickerei sein. Sie muss überall gelten - auch bei der meist unangenehmen militärischen Dienstpflicht.

Rechte und Pflichten

Gleichberechtigung ist ein Recht, das auch Pflichten und nicht nur Forderungen nach sich zieht.  Also hat auch die Frau die Pflicht, ihren Beitrag zur Sicherheit des Landes zu liefern. Es ist also keine Provokation, die Wehrpflicht auch für junge Frauen zu fordern. Sie müssen dann aber genauso wie Männer das Recht haben, ersatzweise Zivildienst zu leisten.

Allerdings gebe ich zu bedenken, dass die Debatte schon vor Jahrzehnten hätte geführt werden müssen, da es in der Mehrzahl der EU-Staaten  keine Wehrpflicht mehr gibt.

Wenn es also nun einen Umbau der Wehrpflicht geben sollte, dann aber auch einen radikalen unter Einbeziehung beider Geschlechter. Dass es so funktionieren kann, zeigt ein Blick ins Ausland: Schweden hat den Pflichtdienst kürzlich abgeschafft, seitdem können sowohl Männer als auch Frauen freiwillig in die Armee eintreten.

Auch in Polen sind sämtliche Teilstreitkräfte für Frauen geöffnet. Die nehmen das Angebot auch gerne an - nicht nur aus Patriotismus. Denn Soldatinnen haben einen kündigssicheren Arbeitsplatz mit guten Karrierechancen. Es darf nicht sein, dass Frauenquoten in der Wirtschaft gefordert werden, während Frauen der Wehrdienst erspart bleibt.

Wir sind als Menschen gefordert und nicht als geschlechterspezifische Wesen, die das eine dürfen und das andere lassen müssen.

Contra

Schon komisch – immer, wenn es um die Erledigung von (unbeliebter) Arbeit geht, dann mutiert wie vom Blitz getroffen so manch ein(e)r zum glühenden Feministen.

Schön lässt sich diese Neigung bei der Diskussion um die Abschaffung der Wehrpflicht dokumentieren. Lauthals wird mit dem Hinweis auf die Gleichberechtigung beklagt,  dass bislang ja nur die armen jungen Männer bei der Bundeswehr oder im Zivildienst Dienst für die Gesellschaft leisten müssen, während die Frauen mal wieder ungeschoren davon kommen.

Während sich die jungen Männer in den langen öden Monaten der Wehrpflicht mit Spind aufräumen und  Videos schauen quälen müssen, machen sich die jungen Frauen ein schönes Leben und basteln an ihrer Karriere.

Ein Pflichtdienst für alle soll nun her, fordert etwa der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU).

Macht Sinn - auf den ersten Blick. Schließlich brauchen wir Futter sowohl für die bei den meisten jungen Männern unbeliebte Bundeswehr wie auch für den Zivildienst.

Die Rufer nach mehr Frauen in der Bundeswehr sind da allerdings eher kleinlaut. So richtig sind die Frauen da nicht willkommen, bringen nur Unruhe in die Männer-Truppe. Und sie machen womöglich schneller Karriere in der Truppe als so mancher Mann. Denn bei der Truppe, da kann frau ja richtig was werden.

Beim Zivildienst ist das schon anders. Denn irgendwie müssen ja die rund 90.000 Zivildienstleistenden ersetzt werden. Irgendwer muss ja das Essen auf Rädern ausfahren, Menschen in Altenheimen betreuen oder im Krankenhaus schuften. Klar, das können Frauen ja eh viel besser.

Doch mal ehrlich – wer möchte, wenn er selbst einmal auf Hilfe angewiesen ist, von zwangsverpflichteten Frauen und Männern betreut werden?

Schon heute ist es bei vielen Jugendlichen sehr beliebt nach der Schule ein soziales Jahr zu absolvieren -  freiwillig. Gern bei einer sozialen Einrichtung im In- oder Ausland.  Häufig dient dieses Jahr der Orientierung für den späteren Berufsweg. Das ist gut so, denn diese jungen Menschen gehen motiviert an diese Arbeit mit Menschen, die Hilfe benötigen.  

Aber ob freiwillig oder nicht: Die Diskussion um einen Zwangsdienst verschleiert das Problem, sowohl bei der Bundeswehr als auch beim Zivildienst. Eine Zwangsarmee, ob mit Frauen oder ohne, macht die Truppe nicht unbedingt effizienter und qualititativ besser für schwierige Einsätze in Krisensituationen. 

Und die zunehmende Zahl an älteren Menschen in unserer Gesellschaft werden wir auf keinen Fall durch einen Pflichtdienst bewältigen können. Das schaffen wir auch nicht, wenn junge Frauen mal wieder Notstopfen spielen und wie die Männer zwangsverpflichtet werden sollen.

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