So oder so: Der (relative) Erfolg der AfD hat den Wahlabend nicht nur spannend, sondern auch amüsant gemacht: Denn dass ausgerechnet SPD, Grüne und Linke einen Wahlabend lang auf den Einzug der AfD gehofft haben, damit die Merkel-Union nicht die absolute Mehrheit oder mindestens die totale Dominanz im Bundestag erreicht – das ist schon höhere Bundestagswahl-Ironie. Nachdem klar ist, dass die AfD es nicht geschafft hat, stellt sich wiederum eine ganz andere Frage: Ist der Elan des Wahlkampfes plötzlich dahin? Wie kanalisiert die AfD jetzt die Begeisterung für eine Bewegung, die das Kunststück vollführte, in fünf Monaten Landesverbände zu bilden und alle Voraussetzungen zur Teilnahme an der Bundestagswahl zu erfüllen – eine erstaunliche Leistung fürwahr: Chapeau! Aber 4,7 Prozent – das bedeutet zwar ein Super-Wahlergebnis, vor allem aber: das große Nichts. Und jetzt?
Für die deutsche Politik öffnet sich eine gefährliche Leerstelle: Zusammen addieren sich die Stimmen von FDP und AfD auf fast zehn Prozent. Es sind Stimmen aus dem bürgerlichen Lager, die wegen der 5-Prozent-Hürde im Deutschen Bundestag fehlen. Es ist die marktwirtschaftliche Stimme, die faktisch verstummt ist – angesichts einer Union, die sich faktisch längst sozialdemokratisiert hat. Meint man es gut mit ihr, ist es die neue Merkel-Mitte: Allein die Merkel-Union wird als überparteiliche Partei der Mitte wahrgenommen, als Partei, die beide Lager überbrückt, die für Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit steht.
Der Clou dieser Merkel-Mitte ist, dass sie negativ definiert ist, also nicht durch das, was sie substanziell enthält, sondern durch das, was sie ausdrücklich NICHT ist: nämlich weder das eine (nur Wachstum) noch das andere (nur Verteilung). Dadurch, dass sie diese programmatisch leere Mitte besetzt, wirken alle anderen Parteien aus dieser Mitte wie ausgeschlossen, wie randständige Parteien mit Klientel- und Partikularinteressen. Die SPD prekarisiert Deutschland.
Die FDP schützt Steuerbetrüger, die Grünen wissen immer alles besser, die Linken versprechen Freibier für alle, die AfD ist irgendwie nationalistisch... – nur die CDU, die ist: Merkel-Mitte. Aber klar ist auch: Ohne eine FDP wird die Union populistisch weiter nach links rücken. Mindestlöhne, Betreuungsgeld, das ganze Füllhorn eines fürsorgend-erdrückenden und bevormundenden Staates droht Deutschland wieder zu lähmen. Wettbewerb und wirtschaftliche Freiheit haben keine Fürsprecher in dieser Konstellation, in der die Union immer vorwegnehmen wird, was die Linke fordert.