




Kopfschütteln bei den Grünen, Stille bei der SPD und verhaltener, aber keinesfalls euphorischer Applaus, bei der Linkspartei: Das linke Spektrum hat bei der Bundestagswahl, so das bisherige Ergebnis, eine Niederlage kassiert. Rot-Grün hat die angestrebte Mehrheit haushoch verpasst. Selbst mit den ungeliebten Antikapitalisten von Gregor Gysi reicht es nicht für eine Mehrheit im Bundestag. Gleichzeitig hat die „Alternative für Deutschland“, die rechts von der Union um Wähler geworben hat, einen Sensationserfolg gefeiert. Nur minimal verpasste die Protestpartei den Sprung in den Bundestag.
Dennoch rutscht Deutschland nach der Wahl nach links. CDU und CSU haben die Wahl deutlich gewonnen. Geschafft hat es die Kanzlerin mit einer konsequenten Politik der Mitte. Und zwar mit einer Öffnung zur linken Mitte. Sie hat heikle sozialpolitische Themen wie den Mindestlohn abgeräumt und sich dadurch gegenüber der SPD eine Blöße weniger gegeben. Gleichwohl hat sie den Großteil der Mitte nicht verprellt durch Steuererhöhungsankündigungen wie die SPD und die Grünen – Gerhard Schröder sprach einst von der „Neuen Mitte“. Und schließlich hat Merkel die wirtschaftlichen Erfolge der vergangenen Jahre in Wahlstimmen umsetzen können.
Die beliebtesten Unionspolitiker sind neben der Kanzlerin der euro-krisen-erprobte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Ursula von der Leyen – eine Arbeitsministerin, die mit ihren Forderungen nach Mindestlöhnen und einer Lebensleistungsrente beim Wähler, nicht unbedingt beim konservativen Kern der Unionswähler, punkten konnte. Auch in der neuen Regierung wird die Niedersächsin eine wichtige Rolle spielen und auf viele Gleichgesinnte treffen. Denn CDU und CSU ein sehr starkes Ergebnis geholt, aber knapp die absolute Mehrheit verpasst. Angela Merkel muss somit Koalitionsverhandlungen führen. Mit den Grünen, wenig erfolgversprechend, und mit der SPD.
Die Sozialdemokraten werden sich ihre Zustimmung teuer erkaufen: Der Mindestlohn wird kommen. Flächendeckend. Auch der Solidaritätszuschlag bleibt erhalten, die „EEG“-Umlage wird in der Großen Koalition auf breite Zustimmung treffen. Die große Umverteilung ohne Klimaeffekt geht folglich weiter.
Doch damit nicht genug: Die SPD wird auch auf einen höheren Spitzensteuersatz drängen, mehr Rente fordern und den Weg für die doppelte Staatsbürgerschaft frei machen wollen. Die Union droht den Forderungen machtlos gegenüber zu stehen. Nach dem Ausscheiden der FDP droht der neuen Regierung der marktwirtschaftliche Markenkern verloren zu gehen. Es wäre Aufgabe des CDU/CSU-Wirtschaftsflügels, die frei gewordenen Themenfelder zu beackern. Doch dazu müssten sie wieder mehr Profil entwickeln. Um ihn war es in den vergangenen Jahren ruhiger geworden, insbesondere seit dem Ausscheiden von Friedrich Merz. Die Frage ist nur, welche Person eine liberale Führungsrolle innerhalb der Volkspartei übernehmen kann. Wer ein Gegengewicht zu von der Leyen bilden kann? Es wäre der Anfang vom Absturz, wenn die Union den Wirtschaftsflügel jetzt nicht stärkt.