CDU Die unerloschene Sehnsucht nach Friedrich Merz

Friedrich Merz hat es geschafft, trotz seines Rückzugs aus der Politik 2009 im Gespräch zu bleiben. Nicht nur Norbert Röttgen könnte die Expertise des Anwalts gut gebrauchen.

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Finanzexperte Friedrich Merz: Comeback in der Politik? Quelle: REUTERS

Bei der CDU ist der Coup erst einmal ausgeblieben. Was der FDP in Sachen Überraschungskandidat mit Christian Lindner gelang, geht bei der CDU derzeit in die Hose. Seit Tagen redet man in Bezug auf die CDU nur über eines: das Lavieren des Norbert Röttgen, ob er sich nun mit ganzem Herzen auf Nordrhein-Westfalen konzentriert oder ob ein Koffer in Berlin bleibt. Das Amt des Bundesumweltministers ist ja auch nicht übel. Dabei hätte er mit einem klaren Bekenntnis für NRW und einem Namen im Rucksack nicht nur die Phantasie der Konservativen anregen können. Denn Norbert Röttgen könnte eine Klientel an die Wahlurnen locken, die in den vergangenen Jahren nicht unbedingt begeistert von Angela Merkels Regierungsstil waren.

Warum: Weil er die Merz-Karte zieht. Friedrich Merz - Anwalt, Wirtschaftsfachmann, der Mann, der sich damals publikumswirksam für ein einfaches Steuersystem stark machte. Er war einer der großen Hoffnungsträger der CDU - bis sie kam und nach der Macht griff.

Als die Parteichefin Angela Merkel nach der Bundestagswahl 2002 den Fraktionsvorsitz für sich beanspruchte, musste Merz zurückstecken. Er wurde ihr Stellvertreter, bis er 2004 von dem Amt zurücktrat. 2005 zog er noch einmal in den Bundestag ein – mit einem sensationellen Wahlkreisergebnis von 60 Prozent – 2007 erklärte er nach Unstimmigkeiten mit Angela Merkel seinen Rückzug aus der Politik und konzentrierte sich ab 2009 auf seine Arbeit als Anwalt. Zog Strippen bei der Abwicklung der WestLB, rückte in mehrere Aufsichtsräte.

Merz war einmal einer in der Riege mit Roland Koch, Christian Wulff. Einer der starken Männer, die sich nach und nach aus der Politik zurückzogen oder im letzteren Fall auf einen für der Kanzlerin ungefährlichen Posten gehoben wurde und sich dann selbst erledigte. Jetzt will er also ein bisschen zurückkehren. Er werde nicht ins Schattenkabinett eintreten, aber Norbert Röttgen im nordrhein-westfälischen Wahlkampf unterstützen, teilte er mit. Und die ersten der alten Unterstützer melden sich zu Wort. Die aus dem Wirtschaftsflügel, der nach dem Merzschen Rückzug an Bedeutung verlor. "Friedrich Merz wäre eine Bereicherung für jede Regierung - auf Landes- und auch auf Bundesebene“, sagt Christian von Stetten, Chef des Parlamentskreises Mittelstand, gegenüber „Handelsblatt Online“. In die gleiche Kerbe schlägt Josef Schlarmann, Bundesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU:  „Mit Friedrich Merz würden sich die Wahlchancen der CDU in Nordrhein-Westfalen deutlich verbessern. Voraussetzung ist allerdings, dass Friedrich Merz ein ernsthaftes Comeback in die Politik in Erwägung zieht und sich dazu auch öffentlich bekennt.“ Auch ein Seitenhieb gegen die Kanzlerin sei erlaubt: „Friedrich Merz steht für wirtschaftliche Kompetenz, die einmal das Markenzeichen der CDU gewesen ist." Sie wollen ihn also wieder.

Merz, der Finanz- und Wirtschaftsexperte

Der Mehrwertsteuer-Irrsinn der EU
Eine Ein-Euro-Münze liegt über Europa auf einem beleuchteten Globus Quelle: dpa
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Skispringer laufen mit ihren Brettern vor der Vogtland-Schanze. Quelle: dpa/dpaweb
Seilbahngondel "Gletscherjet" in Kaprun Quelle: AP
Eine Frau dekoriert Schokoladenweihnachtsbäume Quelle: dpa/dpaweb
Mickey und Minnie Mouse auf dem Balkon des Dornröschenschlosses Quelle: REUTERS
Touristen am Parthenon-Tempel auf der Akropolis Quelle: dpa

Immer wieder, wenn es um wirtschaftliche Kompetenz ging, dauerte es seit dem Merzschen Rückzug nicht lange, bis irgendein CDUler seinen Namen fallen ließ. Als 2009 ein Wirtschaftsminister und wenig später ein Nachfolger von Günther Verheugen als EU-Kommissar gesucht wurde. Das hat seine Gründe. Merz, zu seiner aktiven Zeit einer der wenigen angesehenen Wirtschaftspolitiker, wurde in dieser Funktion nie ersetzt. Nie übernahm einer diese Kompetenz. Die Lücke, die er im politischen Berlin hinterließ, blieb sichtbar. Über Jahre.

Das liegt sicherlich auch daran, dass Merz es trotz seiner Anwalttätigkeit nie ganz mit der Politik ließ. Immer wieder meldete er sich - etwa in Gastbeiträgen in Tageszeitungen zu Wort - ob es um eine unternehmerfreundliche Steuerpolitik, die Schuldenkrise oder Fragen der Energiewende ging. Im August 2010 unterzeichnete Merz den "Energiepolitischen Appell", der die Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke voranbringen sollte. Kein Wunder also, dass er sich nach der von Angela Merkel publikumswirksam vollzogenen Abkehr von der Atompolitik im März 2011 vor einer zu schnellen Energiewende warnte. Merz steht und stand immer für eine unternehmerfreundliche, marktliberale Politik, also dem Gegenteil dessen, was Angela Merkel in den vergangenen sieben Jahren betrieben hat. Er würde sich sicherlich zum Kreise derer zählen, die der Bundeskanzlerin die Sozialdemokratisierung der Union vorwerfen.

Damals hatte Merkel den Machtkampf gewonnen. Doch nun schreiben wir das Jahr 2012. Sieben lange Jahre sind ins Land gegangen, sieben Jahre Kanzlerin Merkel. Norbert Röttgen könnte sich mit einem Wahlsieg als Hoffnungsträger positionieren für die Zeit nach Merkel. Doch dafür müsste er sich schon jetzt zwischen Berlin und Düsseldorf entscheiden. Auf diese Liste gehört auch der Name Friedrich Merz. Parteienforscher sehen ihn ohnehin als den besseren Spitzenkandidaten der Union in NRW. Doch noch zögert er.

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