CDU-Parteitag „Die CDU hat sich dem linken Überbietungswettbewerb unterworfen“

Die Chefin des Wirtschaftsrats Astrid Hamker Quelle: imago images

Die Chefin des Wirtschaftsrats Astrid Hamker kritisiert den Kompetenzverlust in der Partei und  fordert vom neuen Vorsitzenden Friedrich Merz einen klaren marktwirtschaftlichen Kurs.

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Frau Hamker, was erwarten Sie als Präsidentin des Wirtschaftsrats der CDU vom neuen Parteivorsitzenden Friedrich Merz?
Der Markenkern der CDU hat sehr stark in den Jahren der Großen Koalition gelitten. Das geht weit über ihre Rolle als Partei der Sozialen Marktwirtschaft hinaus. Die CDU wird mit Friedrich Merz an der Spitze nicht nur bei wirtschaftspolitischen Themen wieder debattenfähig werden. Die programmatische Arbeit und überhaupt die interne Diskussionskultur ist in den letzten Jahren zu sehr zurückgestutzt worden. Inhaltliche Vorschläge wurden oft gleich als Kritik an Personen eingeordnet.

Merz ist ein profilierter Wirtschafts- und Finanzpolitiker, will aber als Vorsitzender der CDU auch auf den Arbeitnehmerflügel zugehen. Fürchten Sie, dass Merz als CDU-Chef eine andere Politik in Richtung der linken Mitte macht?
Friedrich Merz besitzt den richtigen Kompass der Sozialen Marktwirtschaft. In ihr ist konstitutiv angelegt: Vom wirtschaftlichen und unternehmerischen Erfolg sollen die Arbeitnehmer und die gesamte Gesellschaft profitieren. Gleichzeitig muss auch gelten: erst erwirtschaften, dann verteilen. Das wurde auch in der Union zuletzt zu wenig beherzigt. Im Kern leistet unser Arbeitsmarkt mit seiner in den letzten Jahren gewachsenen Beschäftigung den wichtigsten Beitrag.

Die CDU kann nur als Volkspartei und nicht alleine als Wirtschaftspartei Erfolg haben – hätten Sie für einen solchen Kursschwenk Verständnis?
Ich erwarte einen klaren, nachhaltigen und generationengerechten Kurs der Sozialen Marktwirtschaft durch die CDU.

Vom polarisierenden Neoliberalen zum versöhnenden Vorsitzenden der krisengeschüttelten Volkspartei CDU: Friedrich Merz muss sich neu erfinden und Zugeständnisse machen. Der Wirtschaftsflügel beobachtet das misstrauisch.
von Daniel Goffart

Bei der Bundestagswahl hat die CDU überproportional bei sozialen Themen verloren – muss Merz da nachbessern?
Das ist ein einseitig erzähltes Märchen, das auf den horrenden Stimmverlusten in Richtung SPD basiert. Wenn Sie sich die Antworten nach der Kanzlerfrage ansehen, wird dann alles klar: Ehemalige SPD-Wähler haben offensichtlich Olaf Scholz vorgezogen. Auf welchem Kompetenzfeld lag die Union überhaupt noch vorne. Selbst bei der Inneren Sicherheit seit der Flüchtlingskrise nicht mehr so eindeutig wie früher.

Merz hat angekündigt, die CDU müsse „die soziale Frage neu stellen und beantworten“. Teilen Sie diese Einsicht?
Sie werden sich wundern, dass ich das sogar für sehr, sehr nötig halte. Die Soziale Marktwirtschaft basiert auf der christlichen Sozial- und Leistungsethik. Die kritische Sozialbilanz der Groko hängt auch der Union an und hat zu einem Verlust ihrer Wirtschafts- wie auch Sozialkompetenz geführt. Die Union stand immer für eine zielgerichtete, solidere und nachhaltigere Sozialpolitik. Davon war in den letzten acht Jahren wenig zu sehen, weil man keine eigenen Konzepte mehr entwickeln wollte und sich dem linken Überbietungswettbewerb mit der Gießkanne unterworfen hat. Die Union hat als Partei der Sozialen Marktwirtschaft immer gezielte Sozialpolitik betrieben, die ebenso konkret wie hilfreich zum Beispiel auf bedürftige Rentnerinnen wie die „Trümmerfrauen“ und natürlich auf Familien mit Kindern gerichtet war. Dahin muss die CDU wieder kommen.

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