
Den ersten Fortschritt haben die Unterhändler bereits gemacht, Union und Grüne sind sich so nah wie nie. Denn beim ersten Sondierungsgespräch am Donnerstagnachmittag verabredeten sich die Unterhändler beider Seiten, am Dienstag noch einmal die Köpfe zusammen zu stecken. Beim ersten Mal, nach der Bundestagswahl 2005, war man über ein erstes Treffen nicht hinaus gekommen. Ein wenig ist man sich grün, Schwarz-Grün.





Am ersten Tag hat man – trotz drei Stunden Dauer – erst einen Teil der Themen besprochen. Beide Seiten heben demonstrativ hervor, wie sachlich und konstruktiv die Verhandlungen liefen. Eine „positive Atmosphäre, freundliche Stimmung“ registrierte der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir. Niemand will jetzt den Fortgang der Gespräche torpedieren. Denn es geht nicht nur um die Suche nach einer stabilen Regierung, es geht auch um den verantwortlich-staatstragenden Umgang mit dem Wahlergebnis. Denn der Wähler mag es nicht, wenn sich Parteien bockig in die Ecke spielen, also die möglichen Konstellationen einfach boykottieren. Das gilt vor allem für die Mitte-Sympathisanten, um die alle jetzt sondierenden Parteien buhlen – und die die Grünen durch ihren Links-Wahlkampf gerade verprellt hatten.
Bei den Ökos geht allerdings – neben inhaltlichen Differenzen zur Union – die Sorge um, dass man sich mit einem Regierungsbündnis übernehmen könnte. Die Partei ist durch das schlechte Abschneiden am Wahlabend verunsichert. Der Personalwechsel an der Spitze der Fraktion – und demnächst auch der Partei – erschüttert die Truppe. Grüne mit Regierungserfahrung haben das abschreckende Beispiel der FDP vor Augen, die von der Union in den vergangenen vier Jahren zermürbt wurde, auch weil die Liberalen in weiten Teilen mit sich selbst beschäftigt waren. Das könnte auch den Grünen drohen, die sich nicht nur personell, sondern auch inhaltlich neu sortieren müssen. Das wird schwer, wenn man gleichzeitig ein Land durch krisenhafte Zeiten steuern soll. „Die Konservativen sind immer erst mal höflich und freundlich“, sagt eine bisherige grüne Führungskraft. Nur im harten Koalitionsalltag sei es dann mit der Rücksichtnahme vorbei.
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Die Union wird vermutlich zu dem Ergebnis kommen, dass sie mit beiden regieren könnte – den Ökos genauso wie mit den Sozialdemokraten. Sie dürfte aber am Ende mitteilen, dass die Gemeinsamkeiten mit der SPD doch noch größer sind. Das würde die Tür zum anderen möglichen Mehrheitsbeschaffer nicht völlig zuschlagen. Denn man weiß ja nicht, wie lange eine große Koalition halten würde. Sollte das Elefantenbündnis nach zwei Jahren zerbrechen, entscheiden nämlich die Grünen, wie es dann weiterginge: Versuchen sie dann eine Regierung mit der Union? Gehen sie das Risiko einer rot-rot-grünen Koalition ein? Oder verweigern sie sich allen Partnerschaften und erzwingen damit Neuwahlen. Die Union muss jetzt durch faire Gespräche Optionen für die Zukunft offen halten.
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt rechnet damit, dass in der kommenden Woche die Entscheidung fällt, mit wem die Union dann in richtige Verhandlungen einsteigt. Ende nächster Woche kommt die Grünen-Bundesversammlung zusammen, und auch die SPD hat die Fortsetzung ihres Parteikonvents eingeplant. Denn auch das würde der Wähler ungern sehen: Wenn es nicht endlich richtig losginge mit der Regierungsbildung.