CDU Wie wirtschaftsnah ist die CDU noch?

Beim Parteitag der Christdemokraten in Essen soll Parteichefin und Kanzlerin Angela Merkel neu gewählt werden. Auch Grundzüge fürs Wahlprogramm werden nun sichtbar – bei der Wirtschaftspolitik bleibt allerdings vieles im Ungefähren.

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So sieht der Entwurf des Wahlprogramms der CDU aus
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Vom einen auf den nächsten Moment hat das Mäkeln aufgehört. Als Angela Merkel vor zwei Wochen ihre Ansage machte, ein viertes Mal als Kanzlerkandidatin der Union zur Bundestagswahl 2017 anzutreten, schlossen sich die CDU-Reihen hinter der Parteichefin. Sogar der Wirtschaftsflügel verstummte, der vorher immer wieder kritisiert hatte, die unionsgeführte Bundesregierung behindere die Wirtschaft eher als sie zu unterstützen.
Beim Bundesparteitag am Dienstag und Mittwoch in Essen nun will sich Merkel als Parteichefin der Christlich Demokratischen Union (CDU) wiederwählen lassen.

Die größere Regierungspartei berät zudem über Forderungen für den Bundestagswahlkampf. Angesichts von Abstiegsängsten in der Mittelschicht und Zuwächsen für die rechtspopulistische AfD hat die CDU dabei vor allem enttäuschte Wähler im Blick. Familien sollen besser gestellt werden, aber auch Rentner. Eine längere Lebensarbeitszeit wird im Leitantrag der Parteiführung nur angedeutet. Konkrete Zusagen in der Rentenpolitik wie etwa mehr Mütterrente fehlen allerdings im Leitantrag der Parteiführung. Umstrittene Formulierungen zur geplanten Ost-West-Anpassung der Renten wurden gestrichen.

Gegenüber Flüchtlingen will die CDU alles tun, damit weniger nach Deutschland kommen als 2015 / 2016. Im Leitantrag der Parteispitze heißt es: "Weil wir das Ziel haben, dass sich die Ereignisse des vergangenen Jahres nicht wiederholen dürfen, haben wir alle diese Maßnahmen innerhalb kurzer Zeit ergriffen und werden, falls die Situation es verlangt, weitere erforderliche Maßnahmen beschließen." Eine feste Obergrenze für Zuwanderer nach Deutschland, wie von der CSU gefordert, ist nicht erwähnt, allerdings wird eine fordernde Haltung bei der Integration betont. Die Vollverschleierung soll – wo möglich - verboten werden.

An der Basis der CDU werden die Stimmen der Unzufriedenen lauter. Die Geschlossenheit der Funktionäre verdeckt die große Verunsicherung in einer Partei, deren politische Substanz sich aufzulösen droht.
von Ferdinand Knauß

Für den Wirtschaftsflügel der Partei ist wenig drin in den Grundzügen des Wahlprogramms, das beim Parteitag in Essen debattiert wird. Im Sommer noch hatte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) Steuererleichterungen von insgesamt rund 15 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) umriss eine ähnliche Summe. Der Grundfreibetrag, das Kindergeld und der Kinderfreibetrag sowie der Steuertarif würden angepasst und Folgen der sogenannten kalten Progression korrigiert, so Schäuble im September. Die belastet vor allem die Mittelschicht, weil Steuern bei Lohnerhöhungen einen Großteil der Zuwächse ausmachen.
Im CDU-Leitantrag für den Parteitag findet sich nun keine Summe für Steuerentlastungen. Nur die schwarze Null im Haushalt wird als Ziel genannt und allgemein Steuerentlastungen für kleine und mittlere Einkommen gefordert. Zudem soll die Steuerquote nicht steigen. Finanzielle Spielräume, die sich wegen zusätzlicher Staatseinnahmen ergeben können, sollen zu je einem Drittel in die Infrastruktur investiert werden, für Steuerentlastungen von kleinen und mittleren Einkommen sowie für außen- und sicherheitspolitische Aufgaben genutzt werden.

„Angela Merkel ist nicht mehr unschlagbar“
CSU-Chef Horst Seehofer„Es ist gut, dass jetzt Klarheit herrscht und dass sie sich entschieden hat. Auf dieser Grundlage können wir jetzt zwischen CDU und CSU – so wie immer beabsichtigt – klären, mit welchen politischen Themen wir gemeinsam in den Wahlkampf gehen und wo möglicherweise eine eigene Position der CSU erforderlich ist. (...) An der gemeinsamen Kanzlerkandidatin können Sie ja jetzt nicht ernsthaft zweifeln.“ Quelle: dpa
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann„Die Bundestagswahl ist offen, Angela Merkel ist nicht mehr unschlagbar. (...) Bis zu Beginn des Wahlkampfes erwarten die Bürger zu Recht, dass wir das Land gut regieren.“ Quelle: dpa
SPD-Vizechef Ralf Stegner via TwitterAngela Merkel tritt als Spitzenkandidatin für CDZ/CSZ Christlich Demokratische/Soziale Zwietracht an. Weder unterschätzen noch überbewerten.“ Quelle: dpa
CDU-Generalsekretär Peter Tauber via Twitter„Ich freue mich, für und mit Angela Merkel in den Bundestagswahlkampf zu ziehen. Hurra!“ Quelle: REUTERS
Grünen-Chef Cem Özdemir Quelle: dpa
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter„Ich bin mal sehr gespannt, wie Angela Merkel ihren eigenen Laden zusammenhalten will. Wir werden Frau Merkel mit Blick auf die Wahl 2017 für das kritisieren, was ihre Regierung unterlassen oder falsch gesteuert hat.“ Quelle: dpa
Linken-Chef Bernd Riexinger„Die erneute Kandidatur von Angela Merkel ist ein Signal dafür, dass sich nichts im Land ändern soll. Es droht erneut eine große Koalition und damit ein „Weiter so“ der Politik der sozialen Spaltung.“ Quelle: REUTERS

Zuletzt regte sich unter Wirtschaftspolitikern der CDU noch Widerstand gegen eine weitere staatliche Förderung von Ökostrom-Anlagen. Bisher subventionierte Wind-, Solar- und Biogasanlagen müssten sich künftig selbst rentieren, wurde der CDU-Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer zitiert. In der CDU hieß es daraufhin, es sei noch nicht entschieden, ob man tatsächlich im Wahlkampf fordern wolle, die Ökostrom-Förderung rasch zu beenden. Energiepolitik spielt im Programmentwurf bisher eine untergeordnete Rolle. Darin macht sich macht sich die CDU noch für den Abschluss des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP und eine starke Europäische Union stark.
Einigkeit zwischen Wirtschaftsflügel und Parteispitze sieht etwas anders aus. Doch zeigt sich die CDU trotz erheblicher Meinungsunterschiede meist disziplinierter als die SPD. Schon jetzt schwören CDU-Obere ihre Leute auf einen harten Wahlkampf im nächsten Herbst ein. Der Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung MIT, Carsten Linnemann, glaubt etwa, dass ein harter „Lagerwahlkampf“ vor der Bundestagsabstimmung im kommenden September wahrscheinlich ist. Dann gilt es ohnehin, Unterschiede zu den politischen Gegnern herauszustreichen und nicht die innerhalb der eigenen Partei.

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