Im innerparteilichen Ringen um Zustimmung zum europäisch-kanadischen Handelsabkommen Ceta hat SPD-Chef Sigmar Gabriel eine erste Hürde genommen. Das SPD-Präsidium beschloss am Sonntag in Berlin nach Angaben aus Parteikreisen einstimmig Gabriels Entwurf eines Leitantrages für den Kleinen Parteitag am 19. September. Darin erhält Gabriel grünes Licht, dem Abkommen als Wirtschaftsminister im EU-Handelsministerrat im Oktober zuzustimmen. Der Bundeswirtschaftsminister hofft zudem auf Unterstützung aus dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB): Dessen Chef Reiner Hoffmann wird nach Angaben aus der SPD zur Parteivorstandssitzung am Montag erwartet. Bisher lehnt der DGB Ceta genauso ab wie das geplante TTIP-Abkommen mit den USA.
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann zeigte sich zuversichtlich, dass der Parteikonvent der Linie der Parteiführung folgen wird. Er rechne mit einer "überzeugenden Mehrheit", sagte Oppermann am Sonntagabend zu Reuters.
Der Antrag soll am Montag im Parteivorstand beraten und in zwei Wochen dem Parteikonvent vorgelegt werden. Beim Delegiertentreffen in Wolfsburg wird eine für Gabriel schwierige Debatte erwartet. Teile der Linken, die Nachwuchsorganisation Jusos wie auch die Landesverbände Bayern und Berlin haben sich gegen eine Zustimmung zu Ceta in der derzeitigen Fassung gewandt. Mit der Forderung, in den parlamentarischen Beratungen noch Änderungen durchzusetzen, will die Parteiführung die Kritiker mit ins Boot holen.
Die Freihandelsabkommen
Ceta ist die Abkürzung für das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada. Es steht für „Comprehensive Economic and Trade Agreement“ (Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen). Die technischen Verhandlungen begannen 2009, beendet wurden sie 2014. Am 27. Oktober soll Ceta unterzeichnet werden. Ziel des Abkommens ist es, durch den Wegfall von Zöllen und „nichttarifären“ Handelsbeschränkungen wie unterschiedlichen Standards und Normen das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.
Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums ist die EU für Kanada nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner. Ceta gilt auch als Blaupause für das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP), das den weltgrößten Wirtschaftsraum mit rund 800 Millionen Verbrauchern schaffen würde. Kritiker sehen durch beide Abkommen unter anderem demokratische Grundprinzipien ausgehöhlt.
TTIP ist ein sich in der Verhandlung befindendes Freihandels- und Investitionsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA. Seit Juli 2013 verhandeln Vertreter beider Regierungen geheim – auch die nationalen Parlamente der EU erhalten keine detaillierten Informationen.
In dem Abkommen geht es um Marktzugänge durch den Abbau von Zöllen. Zudem sollen globale Regeln entwickelt werden – etwa zur Vereinheitlichung von Berufszugängen innerhalb der Handelszone. Auch Gesundheitsstandards und Umweltstandards sollen angeglichen werden.
Als Blaupause für das Abkommen gilt CETA.
Für Gabriel wäre eine Unterstützung des DGB-Chefs Hoffmann ein großer Erfolg, mit der er innerparteilichen Kritikern am Ceta-Abkommen den Wind aus den Segeln nehmen könnte. In dem vom Präsidium beschlossenen Antrag heißt es, dass die SPD in den auf die Zustimmung im EU-Ministerrat folgenden Beratungen des Europäischen Parlaments weitere Verbesserungen des Abkommens erreichen wolle. Dazu gehöre die völlige Streichung der öffentlichen Daseinsvorsorge aus dem Kapitel über den Investitionsschutz für kanadische Unternehmen. Bisher ruft der DGB gemeinsam mit einem breiten Verbändebündnis für den 17. September zu Demonstrationen gegen Ceta und das geplante TTIP-Abkommen auf. Allein die IG Chemie-Bergbau-Energie hat sich für das Ceta-Abkommen ausgesprochen.
"Wir wollen, dass der Ceta-Vertrag nun zur weiteren Beratung an die Parlamente geht", heißt es in dem vom Präsidium beschlossenen Leitantrag "Globaler Handel braucht fortschrittliche Regeln". Noch vor der Beratung und Entscheidung im EU-Ministerrat werde der Bundestag das Abkommen diskutieren. "Nach der Beratung und einer positiven Beschlussfassung im Ministerrat ist dann der Weg für die weitere parlamentarische Behandlung und Ratifizierung frei." Dazu gehörten neben dem Europa-Parlament auch Bundestag und Bundesrat und die Parlamente der anderen EU-Mitgliedstaaten.