Nach seinem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin im September und wenig später seinem Besuch in Teheran, bei dem er mit kritischen Äußerungen aneckte, steht für Wirtschaftsminister Gabriel am Montag China auf dem Programm. Auch im einstmals gefeierten Wachstumshimmel für deutsche Unternehmen dürfte es nicht beim Austausch von Freundlichkeiten bleiben. Es hat sich viel Konfliktstoff angesammelt. Der Disput um Gabriels zunächst erteilte, dann widerrufene Freigabe des Kaufs des Technologieunternehmens Aixtron durch chinesische Investoren dürfte für zusätzliche Würze sorgen. Doch neben China gibt es in Asien für deutsche Firmen noch andere interessante Märkte. Auch das will der Minister mit seiner Reise deutlich machen.
In China hängt der Himmel für die deutsche Wirtschaft längst nicht mehr voller Geigen. Doch die gegenseitige Abhängigkeit ist groß. Mit Investitionen in China von mittlerweile über 60 Milliarden Euro ist das Land mit seinem Riesenmarkt von fast 1,4 Milliarden Menschen für die deutsche Wirtschaft das zweitwichtigste außereuropäische Investitionsziel weltweit. Die Volksrepublik liegt auf Rang Eins als Lieferland von Gütern, vom Kinderspielzeug bis zum Motorroller, und auf Rang Fünf unter den Zielländern für deutsche Exportgüter. Und auch für China zählt Deutschland zu den Top-Fünf bei den Ein- und Ausfuhren.
So benehmen Sie sich in China richtig
Der Händedruck sollte nicht zu kräftig, sondern locker bis weich sein. Nicht die Dame wird zuerst begrüßt, sondern der Ranghöchste.
Wenn Sie Leute vorstellen: Niemals mit dem Zeigefinger auf jemanden zeigen – das gilt als extrem unhöflich! Besser ist es, die ganze Handfläche zu benutzen.
Reis wird immer zuletzt gereicht. Zum Essen wird die Schale dicht an den Mund geführt, der Reis mit Stäbchen geschaufelt. Nie mit den Essstäbchen gegen die Schale tippen – dies wird mit dem in Ostasien traditionellen Zeichen der Bettler assoziiert. Absolut tabu ist es auch, die Stäbchen in den Reis zu stecken. Dies findet nur bei Trauerzeremonien statt.
Nudeln werden ebenfalls mit Stäbchen zum Mund geführt und schlürfend eingesaugt. Schlürfgeräusche sind durchaus erwünscht, als Zeichen dafür, dass es einem schmeckt.
Chinesen werden bei einer Einladung aus Höflichkeit zurückhaltend essen. Sie wollen wiederholt zum Essen aufgefordert werden.
Meist werden Schnaps, Bier oder Wein zum Essen gereicht und die Gläser randvoll gegossen. Das Personal schenkt immer neu nach – ansonsten der Mann der Frau und der Ranghöhere dem Rangniederen.
Bei der Aufforderung „Ganbei“ („Das Glas trocknen“) trinken alle ihr Glas in einem Zug aus. Dazu erhebt sich die Runde.
Gastgeschenke werden erwartet. Diese sollten generell qualitativ hochwertig sein und dürfen auch einen Bezug zum Herkunftsland haben, etwa hochwertige Bildbände, Bierkrüge, Porzellanteller. Auch lokale Alkoholspezialitäten sind gerne gesehen, zudem Obstkörbe (beliebt sind etwa Orangen und Äpfel, die für Glück und Sicherheit stehen)
Es gibt allerdings auch einige Dinge, auf die als Geschenk unbedingt verzichtet werden sollte. Dazu gehören etwa Uhren (symbolisieren die ablaufende Lebenszeit), Taschentücher (Symbol für einen endgültigen Abschied), Schnittblumen (typisches Mitbringsel zur Beerdigung, insbesondere, wenn weiße Blüten eingebunden sind) oder Regenschirme (das chinesische Wort für „Regenschirm“ (伞 sǎn) klingt wie das Wort für „Aufbrechen“ (散 sàn)).
Sie sollten auf Geschäftsreise möglichst nicht in einem Hotel mittlerer Kategorie absteigen. Status und Prestige sind in China extrem wichtig. Chinesen fragen beim ersten Meeting gerne, in welchem Hotel man wohnt.
Formale Kleidung – dunkler Anzug und Krawatte – sind im Geschäftsalltag ein Muss. Wer Jeans und Krawatte trägt, wird nicht ernst genommen. Ebenso sind schrille Farben tabu. Für Frauen gelten in China inzwischen westliche Konventionen: Standard ist der dunkle Hosenanzug.
Direkte und offene Kritik ist in China tabu. Jemand unverhohlen zu korrigieren, ihm gar deutlich zu widersprechen, ist eine Beleidigung und führt zum Gesichtsverlust, die die Geschäftsbeziehung nachhaltig belasten, sogar zerstören kann.
Beim Kennenlernen sind persönliche Fragen nach Familienstand, Kindern, sogar nach Höhe des Gehalts üblich. Nicht ausweichend antworten! Wer zudem über die Bundesliga Bescheid weiß, genießt hohes Ansehen: Europäischer Fußball ist bei Chinesen beliebt. Tabu sind die Themenbereiche Politik, Missstände, Umweltverschmutzung und Menschenrechte.
Am Beginn steht ein ausgedehntes Essen, während dem Gespräche über Geschäftliches tabu sind. Das entscheidende Thema kommt zum Schluss. Sollte es mal haken, auf keinen Fall aus der Haut fahren! Das bedeutet Gesichtsverlust. Besser freundlich bleiben und beteuern, dass man am Abschluss interessiert sei. Oft kommt dann nach wenigen Tagen ein Anruf, der Entgegenkommen zeigt.
Ähnlich wie bei uns in Deutschland die Zahl 13, gibt es auch in China Zahlen, die den Ruf genießen Unglück zu bringen. So kann die Zahl 4 auf Chinesisch auch „Tod“ bedeuten.
So sollte man bei offiziellen Veranstaltungen unbedingt darauf achten, dass in der Anzahl der Gäste keine 4 vorkommt. Ebenso gilt, an wichtigen Tagen (etwa einer Vertragsunterschrift) darauf zu achten, dass das Datum keine 4 aufweist.
Immer viele mitnehmen, stets parat haben und stehend mit beiden Händen überreichen und genauso annehmen. Karte noch einen Moment respektvoll betrachten und dann in ein hochwertiges Etui stecken. Auf gar keinen Fall sollten Visitenkarten beiläufig angenommen und in die Hosentasche gesteckt werden, dies gilt als respektlos.
Gerne gesehen sind zweisprachige Visitenkarten, die auf einer Seite auf Chinesisch, auf der anderen Seite auf Englisch bedruckt sind.
Andererseits sackten im vergangenen Jahr erstmals seit langem die deutschen Exporte ab. Chinas Wirtschaft wächst mit Raten von mittlerweile weniger als sieben Prozent so langsam wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, hält das aber für nicht dramatisch. "Die Chancen für uns in China sind noch nicht ausgereizt, sie sind weiter groß, auch wenn wir im Moment im Handel eine Delle haben", sagte er Reuters.
Politisches Streitpotenzial hat sich angesammelt
Doch es hat sich etwas verändert im Verhältnis zwischen beiden Ländern. "Es ist nach wie vor so, dass wir unter den westlichen Partnern des Landes der privilegierteste sind", sagt ein Fachmann aus der Wirtschaft. Allerdings agierten die Chinesen sehr viel selbstbewusster, der Ton sei rauer geworden. "China ist in einigen Bereichen stärker zum Konkurrenten geworden. Wir haben zwar noch überall einen Vorsprung, aber er ist geschmolzen", beschreibt es Schweitzer. Parallel dazu haben die wirtschaftspolitischen Konflikte zugenommen. "Es gibt Spannungsfelder, die wir vor zwei Jahren noch nicht gesehen haben", räumt er ein. Gabriel selbst tat in der letzten Zeit alles, damit dies nicht vergessen wird. Mal warf er den Chinesen unfaire Handelspraktiken in Europa vor, etwa Dumpingpreise beim Stahl. Dann wiederum kritisierte er gezielte Firmenkäufe chinesischer Investoren im deutschen Hochtechnologiebereich, etwa den des Roboterherstellers Kuka.
Schließlich stieß er eine Debatte an, wie man sich in Deutschland und Europa wirksamer schützen kann gegen einen technologischen Ausverkauf an Ausländer - mit Blick auf China. Manchem in der deutschen Wirtschaft, nicht nur beim DIHK, geht das zu weit. Neue Hürden gegen Ausländer zu fordern, könne nicht im Interesse eines so exportstarken Landes wie Deutschland sein, lautet ihr Argument. Schweitzer mahnt zur Gelassenheit. "Die Aufgeregtheit ist übertrieben." Deutschland und seine über 5000 in China aktiven Firmen haben viel zu verlieren.
Es geht nicht nur um China
Doch das Reich der Mitte ist nicht der einzige Schwerpunkt für Gabriel während seiner fünftägige Reise. Vielmehr will er im zweiten Teil in Hongkong bei der traditionellen Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft das Signal geben, dass die hiesigen Unternehmen sich künftig stärker um andere Länder der wachstumsstarken Region kümmern sollten. "Es gibt in dieser aufstrebenden Region noch andere hübsche Bräute, um die es sich zu werben lohnt", sagt ein Experte. DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier räumt ein, dass die deutsche Wirtschaft diese Länder in den letzten Jahren etwas vernachlässigt hat. "Wir haben mit etlichen dieser Länder historisch wirtschaftliche Beziehungen, ohne dass wir ihnen einen Stempel aufgedrückt haben." Das soll sich ändern.
In den so wachstumsstarken Anrainer-Staaten des Pazifiks gibt es jedenfalls viel Raum für mehr deutsches Engagement. Das gilt etwa für so riesige Märkte wie Indien mit seinen 1,3 Milliarden Menschen, Indonesien mit seiner Bevölkerung von mehr als 255 Millionen Menschen oder die Philippinen mit über 100 Millionen Einwohnern. Sie alle glänzten in den vergangenen Jahren mit Wachstumsraten von vier bis weit über sieben Prozent. Doch in kaum einem Land der Region gehört Deutschland zu den Top-Adressen der Wirtschaftspartner. Auf der anderen Seite rangieren diese Länder für Deutschland bei den Importen und den Exporten auch unter ferner liefen. Zusammengenommen sind sie dennoch gemessen an den deutschen Exportzahlen schon jetzt etwas wichtiger für die deutsche Wirtschaft als China.