Die Verbraucher essen also weiter Ei-Produkte, die womöglich mit Fipronil belastet sind?
Davon ist auszugehen. In Frankreich etwa gab es schon sehr früh eine öffentliche Liste mit mehr als 40 Produkten, die nicht verkehrsfähig sind. In Niedersachsen und Deutschland waren das viel weniger. Aber es sind immer noch viele Eier im Verkehr, die mit Fipronil belastet sind. Diese Produkte sind teilweise noch mehr als ein Jahr haltbar. Die Belastung mit Fipronil bleibt also. Aber die Unternehmen wollen natürlich partout einen Imageschaden vermeiden, den ein möglicher Rückruf zur Folge hätte. Und die Bundesregierung musste eben auch während des Bundestagswahlkampfs keinen öffentlichen Rückruf starten.
Was ist Fipronil?
Fipronil kommt als Pflanzenschutzmittel oder in der Veterinärmedizin zum Schutz von Hunden vor Flöhen und Zecken zum Einsatz. Fipronil ist allerdings auch für Honigbienen in hohem Maße giftig.
2013 hat die Europäische Union beschlossen, den Einsatz des Mittels in der Landwirtschaft zu begrenzen. Um Bienenvölker besser zu schützen, darf es zum Beispiel nicht mehr zur Saatgutbehandlung von Mais verwendet werden.
Beim Menschen kann Fipronil Haut und Augen reizen sowie Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen verursachen.
Der Wirkstoff wurde in den 1980er Jahren in Frankreich entwickelt.
Die Lebensmittelaufsicht liegt bei den Ländern. Sie können den Bund überstimmen.
Wir bleiben natürlich bei unserer Auffassung und sperren die Betriebe weiter. Aber das wird am Ende vor Gericht entschieden. Das kann dauern. Was uns daran stört ist, dass der Bund mit zweierlei Maß misst: Auf der einen Seite lobt Berlin den Föderalismus und die Lebensmittelkontrolle in den Ländern. Auf der anderen Seite stellen sie der Wirtschaft ein Schreiben aus und mischen sich so direkt in das Geschehen ein. Das geht nicht.
Was muss die Konsequenz aus dem Skandal sein?
Es gibt einen europäischen Binnenmarkt, und dieser Skandal hat europaweite Dimensionen. Doch eine europäische Lebensmittelkontrolle fehlt. Deshalb plädiere ich dringend für eine Art Europol Verbraucher- und Lebensmittelschutz. Die Zusammenarbeit in Deutschland war schlecht, aber auch zwischen Belgien und den Niederlanden gab es Streit – zu Lasten der Verbraucher. Da würde ich mir eine starke, koordinierende EU wünschen, die einheitliche Grenzwerte, Rückrufe und Kontrollen festlegt. Eine Europol Verbraucher- und Lebensmittelschutz wäre auch unabhängiger von Unternehmensinteressen. Da würden wir gerne Kompetenzen abgeben, um die Verbraucher überall in Europa zu schützen. In Rumänien etwa wird gerade ganz viel Fipronil gekauft. Wozu? Darum kümmert sich niemand, EU-weite Ermittlungen sind Fehlanzeige. So ist der nächste Lebensmittelskandal programmiert. Der Verbraucherschutz ist mit dem gemeinsamen Binnenmarkt nicht mitgewachsen.
Der Eier-Markt in Deutschland
2016 aß der Durchschnittsdeutsche nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung 235 Eiern. Ein Jahr zuvor waren es noch 232. Das macht insgesamt 19,2 Milliarden Eier.
Deutsche Hennen legten im Jahr 2016 14,3 Milliarden Eier.
Nach Angaben des statistischen Bundesamts ist der Preis für Eier seit Dezember 2015 um 7 Prozent gestiegen.
Die heimische Produktion deckt rund 70 Prozent der Eiernachfrage in Deutschland ab. Die restlichen 30 Prozent müssen importiert werden.