
Die Grünen sind anders geworden. Anders als das, was Claudia Roth, die immer etwas Schrille, Gefühlige und Linksalternative vermittelt. Sie haben sich mit ihren Wählerinnen und Wählern von Aufmüpfigen zu eher Bürgerlichen gewandelt. Mehr noch als viele der rund 60.000 Parteimitglieder unterscheiden sich wohl die Wählerinnen und Wähler inzwischen von der 57jährige Bayerin.
Bei der Urwahl des Spitzenduos der Grünen für die Bundestagswahl 2013 landete Roth nur auf dem dritten Frauen-Platz. Katrin Göring-Eckardt darf nun an Jürgen Trittins Seite antreten. Die ostdeutsche Theologin setzte sich deutlich gegen Bundestagsfraktionschefin Renate Künast und noch deutlicher gegen Parteichefin Roth durch.
Nun hatte Roth am Montagmorgen ihre Niederlage vom Wochenende einigermaßen geschluckt und kündigte an, am kommenden Wochenende beim Parteitag der Grünen in Hannover doch wieder fürs Spitzenparteiamt anzutreten – neben ihrem Co-Chef Cem Özdemir.
Es gibt Gründe, dass Claudia Roth bleibt, was sie ist und wo sie ist. Die Grünen sind äußerst bedacht auf den Ausgleich zwischen den Flügeln und Strömungen, zwischen Männern und Frauen. Roth steht für die Linken und die Frauen, Özdemir für die Realos und die Männer. Die eine könnte wohl nie mit der Union, der andere schon. Deshalb wird Roth wahrscheinlich auch ein gutes Ergebnis in Hannover erreichen. Niemand bei den Bündnisgrünen möchte, dass wieder ein garstiger Händel losbricht ums Personal, weil jede Gruppe auf ihren Posten pocht. Parteivorsitzende hatten bei den Grünen sowieso noch nie viel zu sagen. Sie sind höchstens Halbstarke.
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Dennoch verbergen sich hinter dem überraschenden Ergebnis der Urwahl zwei Argumente, die dafür sprechen, dass Claudia Roths Einfluss geschwunden ist. Ihr Politikstil entspricht nicht dem, was Jüngere anspricht – und davon gibt es nach dem stetigen Mitgliederzuwachs der vergangenen Jahre mehr als bei den übrigen etablierten Parteien.
Diese große Gruppe neuer Mitglieder – seit 2005 sind mehr als 40 Prozent neu dazugekommen – tickt zudem mutmaßlich wie viele der Wähler, die der Ökopartei in den letzten Jahren gute Ergebnisse beschert haben. Die gebildeten Wohlhabenden, die Bürgerlichen aus den Städten. Nicht nur in Stuttgart fährt manche Sympathisantin mit dem Porsche Cayenne zum Biobrötchen holen.