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CO2-Ausstoß soll sinken Kabinett beschließt Klimapaket

Mehr Gebäudedämmung, weniger Kohlestrom und neue Radwege: Mit dutzenden Einzelmaßnahmen will die Bundesregierung ihr Klimaziel von 40 Prozent weniger CO2-Emissionen bis 2020 im Vergleich zum Jahr 1990 noch schaffen.

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Heute wird das viel kritisierte Klimaschutzprogramm vorgestellt. Quelle: dpa

Das Bundeskabinett hat ein Aktionsprogramm von Umweltministerin Barbara Hendricks und einen Energieeffizienzplan von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel beschlossen. Damit sollen laut Hendricks zwischen 62 und 82 Millionen Tonnen Kohlendioxid zusätzlich eingespart werden.

Ohne die Maßnahmen droht Deutschland sein Ziel deutlich zu verfehlen. Daher ist in dem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) ein Bündel von Initiativen enthalten, mit dem der Verbrauch begrenzt wird. Dies will der Bund unter anderem über eine milliardenschwere steuerliche Förderung der Wärmedämmung von Häusern erreichen.

Der zweite große Hebel für den Klimaschutz wird der Zwang für die Betreiber von Kohlekraftwerken sein, weitere 22 Millionen Tonnen CO2 einzusparen. Dies könnte das Aus für etwa acht Kohlemeiler bedeuten.

Kritik der Grünen

Die Grünen halten das Klimaschutzpaket der Regierung für untauglich, um den deutschen CO2-Ausstoß deutlich zu verringern. „Mit dem Vorschlag wird Deutschland seine Klimaziele bis 2020 definitiv nicht erreichen“, sagte die Grünen-Umweltpolitikerin Bärbel Höhn der Deutschen Presse-Agentur. „In den Papieren gibt es 38 Prüfaufträge. Ein Großteil der Maßnahmen ist also noch offen und wird erfahrungsgemäß selten positiv geprüft“, meinte Höhn und kritisierte: „Weite Teile des Aktionsprogrammes sind eine Mogelpackung.“

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) wies den Vorwurf zurück. „Wir gehen davon aus, dass wir bis zum Jahr 2020 zu einer Minderung von 62 bis 82 Millionen Tonnen CO2 kommen werden“, sagte sie.

FDP-Chef Christian Lindner kritisierte den „inzwischen fast religiös überhöhten Klimaschutz“ und warf Union und SPD vor, dabei die wirtschaftliche Vernunft völlig auszublenden.

Hoher Bedarf an Kohlestrom

2007 hatten Kanzlerin Angela Merkel und der damalige Umweltminister Sigmar Gabriel vereinbart, dass Deutschland bis 2020 als Vorreiter 40 Prozent weniger klimaschädliches Kohlendioxid verursachen soll als 1990. Vor grönländischen Gletschern warben beide in roten Anoraks für mehr globalen Einsatz gegen die Erderwärmung.

Doch zuletzt brummte die Wirtschaft, nach der Abschaltung von acht Atomkraftwerken gibt es zudem einen erhöhten Bedarf an Kohlestrom. Derzeit läuft es daher nur auf maximal 35 Prozent weniger CO2 hinaus. Zuletzt stieß Deutschland rund 950 Millionen Tonnen CO2 im Jahr aus.

Der Klimawandel in Zahlen

Dämmung und Gebäudesanierung sollen es richten

Kern des Pakets sind Einsparungen von 25 bis 30 Millionen Tonnen CO2 durch einen sparsameren Energieverbrauch, etwa die bessere Dämmung von Gebäuden. Zehn Prozent der Sanierungskosten sollen über mehrere Jahre von der Steuerschuld abgezogen werden können, die Details müssen aber noch mit den Bundesländern ausgehandelt werden.

Zudem sind zusätzliche Einsparungen von 22 Millionen Tonnen CO2 bei fossilen Kraftwerken geplant - auch hier gibt es erst 2015 einen konkreten Regelungsvorschlag. Im Verkehr sollen bis zu zehn Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, in der Landwirtschaft bis zu 3,6 Millionen Tonnen. Die Abfallbranche soll rund 3 Millionen Tonnen CO2 bis zum Jahr 2020 zusätzlich vermeiden.

Ob das klappt, hängt vor allem davon ab, ob aus Prüfaufträgen und Absichten konkrete Maßnahmen werden. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die Lücke schließen können“, so Hendricks. Das sei auch ein wichtiges Signal an die derzeit stattfindende UN-Klimakonferenz in Peru.

Die geplanten Einsparungen könnten noch höher ausfallen. Wichtig seien auch kleine Verbesserungen. Vorbildhaft sei der geplante 101 Kilometer lange Ruhrschnellweg, wo Radfahrer auf zwei Spuren kreuzungsfrei zum Beispiel zum Arbeitsplatz radeln könnten. „Das bedeutet, dass die Menschen hier kurze Wege mit dem Auto künftig vermeiden können.“

Klimaschutzpaket stranguliert die Wirtschaft

Union und SPD blenden bei ihrem neuen Klimaschutzpaket nach Ansicht von FDP-Chef Christian Lindner die wirtschaftliche Vernunft völlig aus. „Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung sich von der Illusion löst, sie könnte zwischen Kiel und Konstanz das Weltklima im Alleingang retten“, sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit müssten gleichrangige Ziele der Energiepolitik sein.

So, wie Energiewende und Klimaschutz gerade abliefen, sei Deutschland kein Vorbild für Europa, sondern eher abschreckendes Beispiel. „Die Politik sollte beim inzwischen fast religiös überhöhten Klimaschutz zum gesunden Menschenverstand zurückfinden“, meinte Lindner. Er warf Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vor, mit den Kohlendioxid-Sparvorgaben für die Stromkonzerne Wachstum und Arbeitsplätze „zu strangulieren“.

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