Corona-Krise Die Bazooka-Boys

Olaf Scholz und Peter Altmaier bei der Pressekonferenz zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise. Quelle: dpa

Olaf Scholz und Peter Altmaier kündigen Schritte enormen Ausmaßes an, um die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus einzudämmen. Ein historischer Moment?

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Irgendwann, kurz vor Ende dieser bemerkenswerten Pressekonferenz, werden Olaf Scholz und Peter Altmaier gefragt, ob sie sich eigentlich des historischen Ausmaßes ihres Auftritts bewusst seien. Ob das jetzt ihr Merkel-Steinbrück-Moment sei? Vergleichbar also mit der berühmten Erklärung der Bundeskanzlerin und ihres damaligen Finanzministers kurz nach der Lehman-Pleite 2008: Die Spareinlagen sind sicher.

„Wir machen unsere Arbeit“, antwortet Olaf Scholz in bekannter Scholz-Manier. Alles andere sollten Historiker in vier Generationen entscheiden, ergänzt Altmaier. Dabei ist das durchaus historisch, was der Finanz- und der Wirtschaftsminister da gerade vor der versammelten Hauptstadtpresse verkündet haben. Um die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie einzudämmen, will die Bundesregierung klotzen – nicht kleckern.

Die zentralen Instrumente: Das ausgeweitete Kurzarbeitergeld kommt sofort. Steuern können unbürokratisch gestundet, Vorauszahlungen angepasst werden. Und die staatliche Förderbank KfW übernimmt mit weitrechenden Programmen einen Großteil der Risiken für Unternehmenskredite.

Vor allem die letztgenannte Maßnahme ist das entscheidende Signal. Denn Scholz und Altmaier wiederholten gleich mehrfach, wie hoch der Kreditrahmen der KfW dabei sei – unbegrenzt. Damit stellten die beiden Bundesminister klar: Egal wie stark das Coronavirus und seine Folgen die Wirtschaft dieses Land schwächen könnten, wir sind stärker. Ob sich der Staat in Einzelfällen direkt an Unternehmen beteiligen müsse, schlossen sie nicht kategorisch aus. Fürs erste aber, das war sehr eindeutig, bleiben Scholz und Altmaier mit ihren Maßnahmen im ordnungspolitischen Rahmen einer Sozialen Marktwirtschaft im Krisenmodus.

Anders als EZB-Chefin Christine Lagarde bei ihrem etwas verunglückten Auftritt einen Tag zuvor, erlaubte sich das ungleiche Kabinettsduo keine Fehler. Der hanseatische Muster-Genosse Scholz und sein stets gut gelaunter CDU-Kollege aus dem Saarland ließen nicht den Hauch eines Zweifels an ihrer gemeinsamen Entschlossenheit aufkommen – und sendeten genau das Signal, auf das viele Firmen, Unternehmerinnen und auch die Märkte gewartet haben. Der Dax ging hoch. Ökonomen wie ifo-Chef Clemens Fuest lobten die Maßnahmen prompt für ihre eindeutige Zielrichtung: Liquiditätsengpässe vermeiden.

So neu und unbekannt diese Art der Krise auch ist, Vergleiche mit der Finanzkrise liegen dennoch stets nahe. Das war, wie schon erwähnt, auch bei dieser Pressekonferenz nicht anders. Zuweilen wirkte es fast so, als säße hier Mario Draghi mit in der Bundespressekonferenz. Denn einerseits ist das Scholz-Altmaier-Programm nichts anderes als eine staatliche Neuinterpretation von Draghis Eurorettungssatz „Whatever it takes“. Andererseits wählte Scholz genau jenen militärischen Vergleich, mit dem der damalige EZB-Chef einst die Bedeutung seiner Anleihenkäufe beschrieb. „Das ist die Bazooka“, sagte Scholz, also eine besonders schlagkräftige Waffe. Welche Kleinwaffen man noch brauche, so der Finanzminister, werde später entschieden.

Scholz und Altmaier sind damit jetzt – wenn man so will – die Bazooka-Boys der Bundesregierung. In ihrem Auftreten erinnerten die beiden glücklicherweise jedoch eher an den Berliner Charité-Virologen Christian Drosten, der zuletzt an selber Stelle wiederholt über die gesundheitlichen Risiken von Covid-19 und notwendige Gegenmaßnahmen aufklärte: Immer ernst und sehr gut vorbereitet, aber dennoch munter genug, um Zuversicht auszustrahlen. Vor allem Scholz wirkte so souverän wie selten seit seiner Niederlage im Kampf um den SPD-Parteivorsitz. Gleich mehrfach antwortete er so klischeehaft nüchtern und trocken, dass er selbst über seine Nüchternheit schmunzeln musste.

Man habe noch etwas in der Hinterhand, versicherten die Minister nachdrücklich. Neue Instrumente müsse man je nach Entwicklung der Lage prüfen. Auch Konjunkturprogramm seien alles andere als ausgeschlossen. Für die deutsche Wirtschaft ist das eine weitere gute Nachricht an diesem Tag.

Mehr zum Thema: Der Mittelstand ächzt unter den Auswirkungen des Coronavirus, die Politik macht Milliarden für Kredite locker. Ein Überblick über Hilfsprogramme für Unternehmen.

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